Theologin kritisiert asexuelles Frauenbild in Kirche

Die katholische Kirche zeichnet ein zu passives, erduldendes Bild der Maria, findet die Grazer Theologin und Religionswissenschaftlerin Theresia Heimerl. „So langweilig und asexuell, wie das Frauen- und Marienbild lehramtlicher Schreiben ist die Maria der Evangelien (...) wirklich nicht“.

Auch die Bildtradition bis ins Barock belege das, so Heimerl in der aktuellen Ausgabe der Vorarlberger Kirchenzeitung „KirchenBlatt“. Kritik übt die Expertin auch an Entwicklungen, die Heiligkeit, Mutterschaft und Erotik streng voneinander trennen: Das spiegle sich etwa in offiziellen kirchlichen Schreiben wie „Humanae vitae“ und „Gaudium et spes“ wider.

Das Bild Marias als Mutter, die ihren Sohn mit einem Minimum an Vorgaben, aber viel Mut und Toleranz in die Welt entlassen und ihn ganz unauffällig begleitet habe, verändere schließlich auch das Gottesbild. Gott als Mutter zu beschreiben, „die ständig nur zuhause ist und die Kinder überwacht und jeden unerlaubten Griff gleich sieht und bestraft, die ständig nachfragt und kontrolliert - das nervt“. Vielleicht habe man sich Gott zu lange als „Helicopter-Mum“ vorgestellt, so die Theologin.

Biblischer Befund gibt mehr her

Mehr Aufmerksamkeit wünscht sich die Theologin auch für das selbstbestimmte „Ja“ Marias zur Schwangerschaft, das in den Evangelien eine wichtige Rolle spiele. Maria als Gegenbild zu Frauen zu inszenieren, die durch Verhütungsmittel ihre Mutterschaft planen, gehe jedenfalls am biblischen Befund vorbei. Die Bibel beschreibe Maria vielmehr als Frau, die nicht nur passiv erdulde sondern als Mutter, „die viel Vertrauen in ihren Sohn hat und weiß, dass sie ihn nicht zuhause einsperren kann“.

Das Bild "Die Jungfrau und das Kind von Engeln umgeben" von Jean Fouquet, ca. 1450

Public Domain/Wikipedia

„Die Jungfrau und das Kind von Engeln umgeben“ von Jean Fouqet, ca. 1450

Maria könne daher Vorbild sein, im Bemühen darum, Frauen in der Kirche sichtbarer zu machen. Sie stehe dafür, „dass Frauen sehr, sehr viel aushalten müssen und es auch können“. Maria sei auch „Sympathiefigur“, die vor allem Frauen dazu einlade, mit ihr „mitzufühlen und mitzuleiden“. Heimerl sprach sich daher für mehr Frauen in Leitungspositionen und in liturgischen Funktionen aus. Frauen könnten aber auch vermehrt als „Gesicht der Kirche für Medien“ fungieren.

„Argumentationsblumenstrauß“ für Priesterinnen

Auch die emeritierte deutsche Theologin Marie-Theres Wacker sieht die Zeit reif, die Rolle von Frauen in der Kirche neu zu bewerten. In der Debatte um das Frauenpriestertum in der katholischen Kirche gehe es nämlich „nicht so sehr um Jesus und die Bibel“, sagte Wacker anlässlich des katholischen Hochfestes Mariä Himmelfahrt dem Portal katholisch.de.

Argumente gegen das Priestertum von Frauen seien erst formuliert worden, seit die Frauenordination ab 1976 ins Gespräch gekommen sei, und in anderen christlichen Kirchen Frauen geweiht wurden, sagte Wacker „Anhand der Bibel könnte man jedenfalls auch gut einen Argumentationsblumenstrauß für die Priesterweihe von Frauen zusammenstellen“. Die evangelische, anglikanische und altkatholische Kirche weiht Frauen.

Jesus war „Sohn seiner Zeit“

Jesus Christus habe sich an einer patriarchalischen Gesellschaftsordnung orientiert, „die davon ausging, dass nur Männer Oberhaupt von Stämmen und Familien sein können“, sagte Wacker. „Die Frage ist, ob wir die patriarchalische Tradition noch heute fortsetzen müssen - ich meine, dafür gibt es keinen Grund mehr“. Der Messias sei „eben auch ein Sohn seiner Zeit“ gewesen: „Und für die Frage der Weihe von Frauen trägt das Verhalten Jesu, so meine ich, wenig bei.“

Wacker verwies zudem auf eine seit dem Mittelalter übliche Äbtissinnenweihe, die in manchem „frappierend“ an die Bischofsweihe erinnere. „Einige Äbtissinnen setzten sogar Pfarrer ein und hörten die Beichte. Das zeigt, wie weit es mit geistlichen Vollmachten für Frauen in dieser Kirche gehen kann.“ Heute übernähmen Ordensfrauen in aller Welt ähnliche Aufgaben wie ständige Diakone, etwa den Besuch bei kranken Menschen, Katechismus-Unterricht und Gottesdienst-Predigten, „wenn keine Priester da sind“.

Frauen und Männer als Partner Gottes

Für ein emanzipiertes Frauenbild spreche aus ihrer Sicht ein einfaches theologisches Argument, erklärte die Wissenschaftlerin: „Der Schöpfergott hat den Frauen doch sicher ihre Talente gegeben, damit sie sie entfalten können - und nicht, damit sie in verengten Rollenmustern verkümmern.“

Frauen sprechen mit einem Bischof vor einer Kirche bei der Aktion Maria 2.0

APA/dpa/Patrick Seeger

Unter dem Motto „Maria 2.0“ schlossen sich in Deutschland Katholikinnen zusammen, um auf die Ungleichheit in der Kirche aufmerksam zu machen

Man könne auch von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen her denken, wie sie in der Bibel beschrieben sei: Demnach habe Gott sich die Menschen „als Partner“ geschaffen, „die das Leben auf der Erde gestalten“. Demnach wäre die Geschlechtlichkeit „ein Element des Menschseins, aber nicht das Grundlegende, Tragende“, so Wacker.

Fraueninitiativen für Gleichberechtigung

Für Gleichberechtigung in der Kirche setzen sich auch Katholikinnen im deutschen Münster ein. Eine Gruppe von Frauen hat im Mai einen Kirchenstreik initiiert. Die Aktion lief unter dem Titel Maria 2.0. Die Frauen betraten für einige Wochen keine Kirchen mehr und legten ihre kirchlichen Tätigkeiten auf Eis. Stattdessen bezogen sie auf Kirchplätzen, vor den Kirchentüren mit weißen Tüchern als Symbol Stellung für einen Neuanfang. Sie feierten Gottesdienste, beteten und sangen.

Auch in Österreich setzten sich Katholikinnen das Ziel, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen. Zwischen Ostern und Pfingsten machten sich 50 Frauen mit Blogeinträgen (bleiben.erleben.wandeln) für die Gleichstellung von Frauen in der katholischen Kirche stark.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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