Kirchliche Umweltbeauftragte fordert Taten statt Worte

Die Sprecherin der kirchlichen Umweltbeauftragten Österreichs, Hemma Opis-Pieber, fordert im Bereich der Umweltpolitik Taten statt Worte. Die Zaghaftigkeit der politischen Elite sei „nicht nur ermüdend, sondern auch erschreckend“.

Die Argumentationsmuster mit den Hinweisen auf Erfordernisse der Wirtschaft und dem Schutz von Arbeitsplätzen seien mittlerweile allzu bekannt, grundlegende Weichenstellungen in Richtung Nachhaltigkeit blieben aber aus.

Angesichts der „ewig gleichen Reflexe“ würde sie am liebsten „eine Presse-Aussendung ohne Worte“ machen, so die in Graz tätige katholische Umweltexpertin. Gerade im vergangenen Jahr sei genug erklärt, appelliert und aufgerüttelt worden, jetzt brauche es endlich Konkretisierungen in Richtung echte Werte und Zukunftsfähigkeit. Eine Orientierung an einem umfassend verstandenen Gemeinwohl ist für Opis-Pieber nicht nur eine Forderung des Papstes in seiner Enzyklika „Laudato si“, sondern „in jeder Hinsicht ein Gebot der Stunde“.

Klimaschutz soll in die Verfassung

Opis-Pieber bekräftigte auch die Unterstützung der kirchlichen Umweltbeauftragten für die Forderungen des Klimavolksbegehrens: Klimaschutz solle in der Verfassung verankert werden, klimaschädliche Treibhausgase gestoppt werden, Klimaschutz müsse großflächig aufgewertet und die Bereiche Verkehr und Energie nachhaltig gestaltet werden. Wann die Unterstützungserklärungsphase für das Volksbegehren startet, ist wegen der bevorstehenden Nationalratswahl noch unklar.

Solarpaneele auf einer Wiese

APA/AP/Dave Kolpack

Die Sprecherin der kirchlichen Umweltbeauftragten Österreichs fordert von den politisch Verantwortlichen Taten statt Worte

„Religions for future“

Innerkirchlich verwies Opis-Pieber auf zahlreiche Initiativen, die über die am 1. September beginnende „Schöpfungszeit“ hinausgehen, wie den Religionsgrenzen überschreitenden Schulterschluss im Rahmen der Initiative „religions for future“. Darin haben sich Vertreter verschiedener Glaubensgemeinschaften mit den Forderungen der Jugend bei „fridays for future“ solidarisch erklärt und alle Gläubigen, unabhängig von der religiösen Ausrichtung, zur aktiven Schöpfungsverantwortung aufgerufen, erinnerte Opis-Pieber.

Wie viel in der Kirche schon geschieht, zeigt laut Opis-Pieber ein Blick auf die Aktivitäten zur Schöpfungszeit in ganz Österreich. In allen Diözesen werden ökumenische Schöpfungsgottesdienste gefeiert und finden Anstoß gebende Veranstaltungen statt - von einer Schienen-Wallfahrt bis zur Aktion „Wir RADLn in die Kirche“.

Schöpfungssymposium als Handlungsanstoß

Einen inhaltlichen Akzent setzen auch die Umweltbeauftragten der katholischen und evangelischen Kirchen selbst mit dem „Symposium Schöpfungsverantwortung“ am 14. Oktober in Salzburg. Unter dem programmatischen Titel „Nachhaltigkeit - vom Wissen zum wirksamen Handeln“ geben prominente Fachleute wie die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb oder Barbara Alexander-Bittner von der Österreischischen Energieagentur Informationen. Bischof Schwarz wird bei der Tagung einen spirituellen Impuls halten.

Ein Hauptakzent soll darauf liegen, wie man „vom Wissen zum Tun“ kommt, etwa durch den Blick auf die vom kanadischen Umweltpsychologen Robert Gifford formulierten „sieben Drachen der Untätigkeit“ - Gründe, mit denen Menschen sich selbst gegenüber entschuldigen, warum sie trotz der Dringlichkeit des Problems Klimawandel nicht handeln.

Bibelexpertin: Göttlicher Auftrag ist Herausforderung

Der göttliche Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, ist schon in der Bibel eine Herausforderung für den Menschen. Darauf hat Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Österreichischen Bibelwerks, im Interview mit „Kathpress“ im Vorfeld der „Schöpfungszeit“ hingewiesen. Der Mensch werde zwar seiner Rolle als „Abbild Gottes“ nicht immer gerecht, meinte Birnbaum auch mit Blick auf die aktuelle Klimakrise, trotzdem könne die Schöpfungserzählung der Bibel im Buch Genesis ein Vorbild für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur sein.

Schließlich plädiere das alttestamentliche Buch für einen umfassenden Schöpfungsauftrag. Die Botschaft dahinter sei kurz und prägnant: „Es ist nicht egal, wie man mit Mitmenschen, Natur und Tiere umgeht.“

Jeder Mensch ist verantwortlich

Zugrunde liege die Schöpfungserzählung der Bibel (Genesis), die beschreibt, wie Gott Ordnung ins Chaos bringt, daraus einen Kosmos schafft und schließlich auch Tiere, Pflanzen und Menschen, erklärte Birnbaum. Letztere werden in der Bibel als „Erdlinge“ beschrieben, hebräisch „Adamah“, die Gott „aus Erde vom Ackerboden“ formt und den göttlichen Atem einhaucht (Gen 2,7). Die Menschen seien damit aus Erde geformte „Gottesstatuen“, also „Abbilder Gottes“ und damit „göttesähnlich“, fasste Birnbaum die biblische Aussage zusammen.

Mit dieser Erzählung lebe die Bibel ein „demokratisches Prinzip“ vor. Denn anders als in Ägypten, wo der Pharao als alleiniger Repräsentant Gottes auf Erden galt, trägt laut Bibel jeder Mensch - sowohl Mann als auch Frau - Verantwortung für die Schöpfung, betonte Birnbaum. Entscheidend sei die „Anbindung ans Göttliche, nicht die Selbstherrlichkeit“. Unterdrückung, Gewalttätigkeit und Ausnutzung der Schöpfung seien damit untersagt. „Am Menschen soll man erkennen, dass Gott die Natur geschaffen hat“, so das Fazit der Bibeltheologin. Das schließe sogar eine nachhaltige Landwirtschaft mit ein (Levitikus 25).

Wie über die Erde herrschen?

Missverständnisse gebe es noch rund um das biblische Wort von der Herrschaft über die Erde („Dominium terrae“), das auf den Satz „Macht euch die Erde untertan“ (Genesis 1,28) zurückgeht, so Birnbaum. Der biblische Vers sei jedoch entgegen der immer noch vertretenen Meinung keine Freigabe zur Ausbeutung der Welt, sondern müsse als „positive Macht und Möglichkeit“ interpretiert werden, als eine Art „schöpferisches Tun“, wie die Theologin erklärte. Die neue Einheitsübersetzung von 2016 habe bereits eine andere Formulierung gewählt (... unterwerft sie euch ...).

Trotz des Schöpfungsauftrags gibt es aber auch biblische Erzählungen über Gewalt, Ausbeutung und Zerstörung. Der Grund sei scheinbar einfach, meinte Birnbaum: Der Mensch als „Repräsentant Gottes auf Erden“ werde seiner Aufgabe nicht immer gerecht und drohe die göttlich geschaffene Natur zu zerstören. Als Beispiel nannte sie die biblische Sintflut-Erzählung (Gen 6,1ff), eine Reaktion Gottes auf die Gewalttätigkeit und Schlechtigkeit der Menschen.

Die Theologin warnte aber davor, die Sintflut-Erzählung mit der aktuell brisanten Klimakrise und den drohenden sintflutartigen Auswirkungen zu vergleichen. Letztlich gebe die biblische Geschichte nur einen Rahmen vor und gehe nicht auf Detailthemen wie Umweltschutz ein, erklärte Birnbaum.

religion.ORF.at/KAP