Ethikunterricht: Umsetzung weiter nach Plan

Die noch von der ÖVP/FPÖ-Regierung angekündigte Einführung des Ethikunterrichts in Österreich verläuft trotz der vorgezogenen Neuwahlen bisher weiter nach Plan.

Die Ausbildung der künftigen Ethiklehrer startet in diesen Wochen an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen. An der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems hätten sich drei Gruppen für die entsprechenden Hochschullehrgänge im Wintersemester angemeldet, darunter „erfreulicherweise auch eine gute Zahl von Religionslehrern“, berichtete die Leiterin des Erzbischöflichen Amtes für Schule und Bildung, Andrea Pinz, in der aktuellen Ausgabe der diözesanen Mitarbeiter-Zeitung „Im Dialog“.

Der Universitätslehrgang Ethik an der Uni Wien beispielsweise richtet sich im Rahmen eines außerordentlichen, viersemestrigen Studiums an AHS- und BHS-Lehrerinnen und Lehrer aller Unterrichtsfächer. Auch für andere akademische Berufsgruppen, die angesichts von Entwicklungsprozessen in Gesellschaft, Wissenschaft und Technik mit moralischen Fragen konfrontiert werden, stelle der Lehrgang Ethik eine bereichernde Zusatzqualifikation dar, heißt es auf einer Info-Seite des Arbeitsmarktservices (AMS).

Ein Lehrer zeigt Kindern was an einer Tafel

Reuters/Gonzalo Fuentes

Geht es nach der derzeitigen Regierung, wird der Ethikunterricht wie geplant umgesetzt

Der Plan, Ethikunterricht nur für diejenigen verpflichtend zu verankern, die keinen Religionsunterricht besuchen, ist umstritten. So fordert die Plattform „Ethik für alle“ einen Ethikunterricht für alle - unabhängig davon, ob sie auch Religionsunterricht besuchen, oder nicht. Am Donnerstag hatte die Initiative die erforderlichen 8.401 Unterschriften zusammen, um ein Volksbegehren einleiten zu können.

Pinz: Verantwortungsbewusstsein zentral

Der Ausgang der Wahl und die Zusammensetzung der nächsten Regierung werde zeigen, „ob und in welcher Form der Ethikunterricht implementiert wird“, sagte die katholische Schulamtsleiterin Pinz weiter. Aus ihrer Sicht werde es entscheidend sein, wie sich künftig das Verhältnis von Religions-und Ethikunterricht „organisatorisch-strukturell und inhaltlich-pädagogisch“ gestalte.

Beide Gegenstände sollten Schüler befähigen, „ethische Entscheidungen verantwortungsvoll zu treffen und das gesellschaftliche Leben mitzugestalten“. Es gehe in beiden Fällen um Orientierung für ein gelingendes Leben. Den Religionsunterricht zeichne dabei aus, dass allein hier die Lehrkraft „mit ihrer ganzen Person für das, was sie unterrichtet, steht“.

Vorarbeiten im Ministerium gehen weiter

Entsprechend hatte zuvor Bildungsministerin Iris Rauskala am Montag gegenüber dem „Standard“ bestätigt, dass die Pädagogen bereits ab dem nun beginnenden neuen Schuljahr 2019/20 für den Ethikunterricht ausgebildet würden. Sobald nach der Nationalratswahl die nächste Bundesregierung im Einsatz sei, werde die gesetzliche Verankerung des Unterrichts folgen, wobei die nach dem im Frühjahr erfolgten Ministerratsbeschluss dafür nötige Gesetzesinitiative derzeit bereits vorbereitet werde.

Aus derzeitiger Sicht werde der Ethikunterricht wie vereinbart - d.h. als alternativer Pflichtgegenstand zum konfessionellen Religionsunterricht - zur Umsetzung kommen, erklärte die Ministerin weiters. Die von der vorherigen Regierung geplante Beginn in den AHS-Oberstufen und polytechnischen Schulen mit dem Schuljahr 2020/21 gehe sich zeitlich noch gut aus. Skeptisch äußerte sich die Ministerin gegenüber einem „Ethikunterricht für alle“, den eine Gruppe derzeit in einem Volksbegehren fordert. Die dafür nötige breite gesellschaftspolitische Diskussion über den konfessionellen Religionsunterricht sei „in dieser Übergangsphase nicht zu schaffen“.

Neuer Fokus auf Religionsunterricht

Die Aussicht auf die nahende Einführung des Ethikunterrichts hat auch ein verstärktes Augenmerk auf den konfessionelle Religionsunterricht mit sich gebracht. Der katholische Unterricht sei bislang weiterhin „sehr beliebt“, erklärte aus steirischer Perspektive der Schulamtsleiter von Graz-Seckau, Walter Prugger, im diözesanen „Sonntagsblatt“ (Ausgabe 8. September).

Die Abmelderaten seien gering, die Anmeldezahlen selbst bei Schülern ohne religiöses Bekenntnis hoch. Inhaltlich gehe es um die „Beschäftigung mit den Werten und Inhalten, die unsere Kultur geprägt haben und immer noch prägen“. Zudem stifte der Unterricht Identität und trage dazu bei, junge Menschen „auskunfts- und dialogfähig“ zu machen.

Sozialethikerin: „Keine Gegensätze“

Eine hohe Akzeptanz des katholischen Religionsunterrichts über den kirchlich aktiven Kernbereich hinaus stellte auch die Wiener Sozialethikerin Ingeborg Gabriel in einem Gastbeitrag für „Im Dialog“ fest. Was das Schulfach vermitteln könne, sei Orientierung im Leben und dessen Gesamtdeutung. Seine Inhalte würden Europas kulturelle Symbole erschließen und seien somit Gegenmittel zu „Entfremdung und möglicherweise auch Fundamentalismus“.

Weiters vermittle er christlich inspirierte ethische Werte „wie Liebe, Gerechtigkeit, Solidarität, Vergebung, Dienstbereitschaft und Dankbarkeit“, die als Leitbilder der Gesellschaft immer weniger selbstverständlich seien. Gabriels Fazit: Religions- und Ethikunterricht seien „keine Gegensätze, sondern komplementär“.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Links: