Papst: Religion soll nicht nur auf Himmel vorbereiten

Papst Franziskus hat die Kirche in Madagaskar aufgerufen, am Aufbau des Landes kritisch mitzuwirken. So hätten die Bischöfe das Recht, sich zu all dem „zu äußern, was das Leben der Menschen betrifft“, sagte er am Samstag bei einer Begegnung zu den 34 Bischöfen des Landes.

Entscheidendes Kriterium für dieses Engagement sei, dass „die Verkündigung des Evangeliums eure Sorge um alle Formen der Armut einschließt“.

Religion dürfe nicht ins Privatleben verbannt werden oder existiere nur, „um die Seelen auf den Himmel vorzubereiten“, so der Papst in der Kathedrale von Antananarivo. Eine „reife und unabhängige Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat“ sei eine ständige Herausforderung, stets gefährdet durch „fragwürdige Übereinkünfte“, bei denen „der ‚Biss des Evangeliums‘ verloren geht“, warnte Franziskus.

Gefahren durch Ungleichheit und Korruption

Der Einsatz der Kirche auf Madagaskar geschehe in einem schwierigen und oft widersprüchlichen Umfeld; das Land sei reich, viele Menschen aber arm. Traditionen und Kultur Madagaskars bieten laut Franziskus viele Möglichkeiten, das Leben und die Würde der Menschen zu schützen. Gefährdet seien diese aber durch Ungleichheit und Korruption.

Mit Blick auf die Kirche selbst warnte der Papst, alles kontrollieren zu wollen. Ein guter Hirte und Sämann gebe Initiativen Raum und lasse „Wachstum zu ungleichen Zeiten“ zu; es gehe nicht um Uniformität.

Kirche dürfe nicht alles kontrollieren

Ebenso seien „unvernünftige Ansprüche“ an Mitarbeiter und andere Gläubige zurückzuweisen, umgekehrt „scheinbar magere Ergebnisse“ nicht zu verachten. Es gelte, das Leben zunächst so zu nehmen, wie es kommt - so wie den Ball bei einem Fußballspiel, so Franziskus.

In ihrer innerkirchlichen Verantwortung sollten sich die Bischöfe besonders um ihre Priester kümmern, sie stärken und ihnen zuhören, mahnte der Papst. Zugleich betonte er deren große Verantwortung bei der Personalauswahl. Lob sprach Franziskus Madagaskars Bischöfen aus für ihre Initiativen, Laienchristen zu stärken und fördern.

Am frühen Abend wird der Papst zu einem Gebet und Fest mit einigen zehntausend vornehmlich jungen Menschen auf einem drei Hektar großen Gelände nahe dem Hauptstadtzentrum erwartet. Neben Musik, Gebeten und Tänzen ist eine Ansprache des Kirchenoberhauptes vorgesehen. Am Sonntagmorgen feiert Franziskus auf demselben Gelände eine Messe.

„Entschlossener Kampf gegen Korruption“

Zum Auftakt seines Besuchs in Madagaskar hat Papst Franziskus am Samstag laut Kathpress die Politiker des Landes zu „entschlossenem Kampf“ gegen Korruption und Spekulation aufgerufen. Zugleich warnte er vor einer weiteren Schädigung der Umwelt.

Für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung des Landes biete die traditionelle Kultur des Landes genügend Ressourcen, so der Papst in seiner Rede vor Vertretern aus Politik, Diplomatie und Zivilgesellschaft. Es gelte, durch strukturelle Veränderungen eine bessere Einkommensverteilung ins Werk zu setzen.

„Rentable, umweltverträgliche Arbeitsplätze“

Franziskus prangerte „exzessive Entwaldung“ an, „die nur dem Vorteil einiger weniger dient“. Schmuggel und illegale Exporte wertvoller Hölzer etwa gefährdeten die reiche Tier- und Pflanzenwelt und damit die Zukunft des Inselstaates. Die Verantwortlichen müssten sich stets bewusst sein, dass ökologische und soziale Krisen zusammenhingen. Umweltschädigendes Verhalten sichere nur kurzfristig das Überleben, so der Papst; daher brauche es rentable, umweltverträgliche Arbeitsplätze.

Zugleich mahnte das Kirchenoberhaupt vor einer wirtschaftlichen Globalisierung mit kultureller Gleichmacherei. Ursprüngliche Lebensstile müssten berücksichtigt und „der örtlichen Zivilgesellschaft Respekt“ entgegengebracht werden. Nur so bleibe internationale Hilfe nicht die einzige Garantie für Fortschritt und könne das Volk „zunehmend für sich selbst sorgen und seine eigene Zukunft gestalten“.

Hilfe und Kooperation der Kirche

„Ich möchte Sie einladen, sich diesen Weg einmal vorzustellen, auf dem niemand an den Rand gedrängt wird, allein gelassen ist oder sich verliert“, warb Franziskus. Für all diese Herausforderungen des Landes sicherte er die Hilfe und Kooperation der Kirche zu.

Zuvor hatte Madagaskars Präsident Andry Rajoelina seinerseits versprochen, „Madagaskar wieder aufzubauen“. Derzeit werde ein neues Kapitel in der Geschichte aufgeschlagen, sagte er mit Blick auf den Prozess, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in dem teilweise autoritär geführten Land zu verbessern. Er habe die Leiden seines Volkes gesehen und sie sich zu Herzen genommen. Dafür bat er den Papst in seiner auch mit biblischen Bezügen versehenen Rede um dessen Unterstützung.

Franziskus fährt in Madagaskar einheimisches Auto

Papst Franziskus benutzt bei seinem derzeitigen Besuch in Madagaskar eine Sonderanfertigung der legendären Automanufaktur Karenjy. Es handelt sich um einen Umbau des vierradgetriebenen Flaggschiffmodells Mazana II in der Cabrio-Version.

Für den rückwärtigen Einstieg, den erhöhten Papstsitz und die mitfahrenden Personenschützer wurden nach Herstellerangaben die Hinterradaufhängung verstärkt und die Gewichtsverteilung angepasst.

Spartanisches Fahrzeug mit Peugeot-Motor

Für das Kirchenoberhaupt erhielt der Wagen eine verfeinerte Innenausstattung aus weißem Leder, mit Haltegriffen und einem Armaturenbrett aus Holz. An sich ist die madagassische Marke mit dem Zebu als Emblem für ihre spartanische Einfachheit bekannt. Angetrieben wird der Mazana II durch einen Peugeot-1,6-Liter-Dieselmotor mit 110 PS. Der Verbrauch wird werksseitig mit 6 Litern auf befestigten Straßen und 8 Litern auf der Piste angegeben.

Der Karenjy wurde seit 1984 vom staatlichen Malagassischen Institut für Innovation als Kraftfahrzeug nach den Anforderungen des Landes entwickelt. Eine besondere Rolle spielten die rustikalen Straßenverhältnisse und eine schwankende Spritqualität. Bereits 1989 benutzte Johannes Paul II. (1978-2005) beim ersten und bislang einzigen Papstbesuch in Madagaskar einen Karenjy.

Nach einer Schließung 1993 nahm das Unternehmen 2009 auf Initiative des französischen Entwicklungshilfeprojekts Le Relais die Produktion wieder auf. Die mit ihrem kantigen Design und in ihrer reinen Funktionalität an Kübelwagen erinnernden Autos werden in dem Betrieb mit 70 Mitarbeitern bis heute in Handarbeit gefertigt. Am Papamobil für Franziskus arbeiteten nach Unternehmensangaben 15 Personen fünf Monate lang.

Papst als „Pilger des Friedens“

Im Anschluss pflanzten Präsident und Papst einen Baum zur Erinnerung an den Besuch. Vor dem Treffen hatte Rajoelina den Papst in seinem Amtssitz zu einem kurzen Gespräch empfangen. In das Gästebuch schrieb Franziskus, er sei „als Sämann des Friedens und der Hoffnung“ für das madagassische Volk gekommen.

Zuvor hatte Franziskus auch in Mosambik zu Versöhnung aufgerufen. Die „endlose Spirale“ der Gewalt im Land müsse enden. Für Montag ist ein eintägiger Besuch auf der rund 1.000 Kilometer östlich von Madagaskar gelegenen Insel Mauritius vorgesehen. Am Dienstag kehrt der Papst nach Rom zurück.

reliigion.ORF.at/APA

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