Marx: Regionale Einschränkung des Zölibats denkbar

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigt sich offen für eine Einschränkung des Zölibats. Auf der Amazonien-Synode soll über eine regional begrenzte Zulassung verheirateter Priester beraten werden.

Er könne sich „durchaus vorstellen, dass man zu dem Ergebnis kommen kann, dass es sinnvoll ist, unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmten Regionen verheiratete Priester zuzulassen“, sagte Marx der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Erzbischof von München antwortete damit auf eine Frage zur im Oktober anstehenden Amazonien-Synode in Rom, an der er selbst teilnimmt.

Kardinal Reinhard Marx

APA/AFP/Daniel Roland

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zeigt sich offen für eine Einschränkung des Zölibats

Verheiratete Priester möglich

Auf der Synode soll über eine regional begrenzte Zulassung verheirateter Priester beraten werden. Das Vorbereitungsdokument stellt fest, „dass in vielen Gemeinden wegen des Priestermangels keine regelmäßigen Eucharistiefeiern möglich“ seien.

Außerdem sei es notwendig, „dem indigenen und aus der Region stammenden Klerus unter Berücksichtigung seiner eigenen kulturellen Identität und Werte Rückendeckung zu geben“.

Eng damit verbunden damit sei die Frage, wie weit Ortskirchen in manchen Fragen eigene Wege gehen könnten, ohne die Einheit der Kirche in Frage zu stellen. Der Kardinal betonte, er habe schon in seiner Dissertation 1988 für mehr Subsidiarität plädiert, also mehr Entscheidungsfreiheit auf unteren Ebenen. Das Verhältnis von Einheit und Vielfalt müsse in der Kirche neu austariert werden.

Wenig Spielraum bei Frage nach Weihe von Frauen

Kaum Spielraum sieht Marx in der Frage der Weihe für Frauen. Papst Johannes Paul II. habe 1994 klar festgelegt, dass die Kirche keine Vollmacht dazu habe, sagte er. „Ich kann nicht erkennen, wie wir das heute theologisch beiseite legen können.“ Die Diskussion sei aber nicht zu Ende.

Die Kirche sollte sich nach den Worten von Marx darauf konzentrieren, wie Frauen stärker mitwirken könnten - auch bei Beratungen der Bischofskonferenz und bei Bischofssynoden. „Dass Nichtgeweihte dann auch mit abstimmen, lässt das Kirchenrecht wahrscheinlich nicht zu.“ Auch in Afrika und Lateinamerika bewege das Thema Frauen die Kirche stärker, „als das viele Bischöfe wahrhaben wollen“.

Zukunft der priesterlichen Lebensform

Auch die deutschen Bischöfe setzen sich mit dem Thema Zölibat auseinander - im Zusammenhang mit ihrer Aufarbeitung des Missbrauchskandals. Marx sagte dazu der Zeitung: „Es geht nicht um den Zölibat allein, sondern um die Zukunft der priesterlichen Lebensform.“

Entscheidend sei für ihn, „ob und wie der Zölibat so gelebt werden kann, dass er ein positives Zeichen ist und auch die Priester in ihrem Leben nicht beschädigt“. Es werde da aber „keinen deutschen Sonderweg“ geben.

Eine von den Bischöfen in Auftrag gegebene Missbrauchstudie hatte ergeben, dass 5,1 Prozent der Diözesanpriester des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurden, aber nur 1 Prozent der Diakone. Diakone sind nicht zu einer zölibatären Lebensweise verpflichtet.

Strengere Auswahlkriterien für Priester

Marx sagte der Zeitung, die Kriterien für die Priesterauswahl dürften nicht gesenkt werden: „Sie müssen womöglich noch strenger werden. Wenn es um die persönliche Reife eines Kandidaten geht, dann muss ich die moralische Gewissheit haben, dass er auch mit seiner zölibatären Lebensweise zurechtkommt.“

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz forderte ein verpflichtendes Monitoring. „Jedes Bistum muss durch Statuten der Bischofskonferenz verpflichtet werden, etwa alle drei Jahre seine Arbeit in den Bereichen Prävention von sexuellem Missbrauch oder vielleicht auch in der Priesteraus- und -fortbildung von einem unabhängigen Institut begutachten zu lassen und die Ergebnisse zu veröffentlichen.“

religion.ORF.at/KAP