D: Kirchenasyl-Fälle wegen Reform abgelehnt

In Deutschland fordert die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche eine Rückkehr zur alten Kirchenasylpraxis. Eine Reform im vergangenen Jahr führte zur Ablehnung fast aller Kirchenasyl-Fälle durch das zuständige Bundesamt.

Die Reform vor einem Jahr habe dazu geführt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) fast alle Fälle von Kirchenasyle ablehne, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl, Dietlind Jochims, den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag-Ausgabe) in Osnabrück. Dossiers, mit denen Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften den Härtefall eines abzuschiebenden Flüchtlings begründen und eine erneute Überprüfung einfordern, weise das Bamf nahezu immer zurück.

Vor zwei Jahren wurde laut Jochims ein 18-Jähriger nicht abgeschoben, weil er noch sehr in seiner Familie verwurzelt sei. Heute heiße es dagegen, dass ein 18-Jähriger nicht mehr zur Familie gehöre. „Das ist ein trauriges Zeichen für unseren Staat, dass sich der Einsatz für Menschenrechte gerade gegen so viele Widerstände behaupten muss“, sagte die Flüchtlingsbeauftragte der evangelischen Nordkirche.

„Ablehnung von Anfang an provoziert“

Selbst traumatisierte, demente oder suizidgefährdete Menschen würden nicht mehr als Härtefälle anerkannt, kritisierte Jochims. „Wer seinen Kopf noch auf den Schultern trägt, ist in den Augen des Bamf kein Härtefall.“ Auch brauche es vier Wochen nach Beginn des Kirchenasyls ein fachärztliches Gutachten, dass die Erkrankung eines Asylsuchenden dokumentiere. Auf Facharzttermine müsse man jedoch meist lange warten. „Hier provoziert das Bamf die Ablehnung von Anfang an“, so die Pastorin.

Humanitäre Lösungen gefordert

Ein seit dem 1. August 2018 geltender Erlass von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und seinen Kollegen in den Ländern enthält neue Bestimmungen zu den sogenannten Dublin-Fällen, also über Flüchtlinge, die über ein anderes EU-Land nach Deutschland gekommen sind. Sie können innerhalb von sechs Monaten in das Ersteinreiseland rücküberstellt werden. Läuft diese Frist ab, ist Deutschland für den Asylantrag zuständig. Mit der Neureglung verlängert sich bei Kirchenasylfällen diese Frist auf 18 Monate, wenn etwa die Gemeinden nicht binnen vier Wochen ein Härtefall-Dossier vorlegen.

Jochims forderte eine ernsthaftere Prüfung von Härtefällen in Asylverfahren. Der Staat und das Bundesamt sollten humanitäre Lösungen suchen. „Die vielen Erschwernisse bis hin zur Kriminalisierung von Menschen im Kirchenasyl und von Gemeinden“ müssten aufhören.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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