Missbrauchsurteil: Kardinal Pell soll Berufung planen

Der australische Kardinal George Pell wolle gegen seine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs vorgehen, berichtete „The Australian“ (Onlineausgabe) am Montag. Das Medium berief sich auf Hinweise von „Freunden“ des zu sechs Jahren Haft Verurteilten.

Pells Anwälte würden spätestens am Mittwoch Berufung beim obersten australischen Gericht gegen die Verurteilung ihres Mandanten beantragen, der seit dem Frühjahr inhaftiert ist. Die drei Richter eines Berufungsgerichts in Melbourne hatten am 21. August mit einer Zwei- zu Eins-Entscheidung die erste Berufung Pells abgewiesen. Die gesetzliche Frist für den Einspruch gegen dieses Urteil läuft am Mittwoch ab.

Erfolgsaussichten für Experten eher schlecht

Allerdings kann das Oberste Gericht in Canberra, der High Court, den Antrag von Pells Anwalt Brett Walker auch ablehnen. Sollte es dem Antrag stattgeben, werde die nächste Verhandlung voraussichtlich erst 2020 stattfinden, berichtet „The Australian“ weiter.

Rechtsexperten schätzen die Erfolgsaussichten einer Berufung eher skeptisch ein. Der High Court ist bekannt dafür, bei Missbrauchsfällen Urteile früherer Instanzen selten zu revidieren. Obwohl das Anwaltsteam von Pell aus hoch angesehenen Juristen bestehe, werde es ein harter Kampf, die Urteile der Jury und des Berufungsgerichts zu revidieren.

George Pell, verurteilter Kardinal

APA/AP/Andy Brownbill

Kardinal George Pell wurde zu mehreren Jahren Haft verurteilt

Haftsstrafe verhängt

Pell war im Dezember von einer Jury für schuldig befunden worden, 1996 als Erzbischof von Melbourne einen 13 Jahre alten Jungen missbraucht und einen anderen belästigt zu haben. Im März war der Kardinal zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, von denen er mindestens drei Jahre und acht Monate absitzen muss, bevor ein Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung gestellt werden kann.

Das Urteil hatte weltweit für Aufsehen gesorgt. Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und Sydney, der von 2013 bis 2018 das vatikanische Wirtschaftssekretariat leitete, ist der bisher höchste katholische Würdenträger, der von einem weltlichen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Ein Richter für Freilassung

Im Berufungsverfahren Ende August sahen die beiden Richter Anne Ferguson und Chris Maxwell die Schuld des Angeklagten als zweifelsfrei bewiesen an.

Richter Mark Weinberg dagegen kam zu dem Schluss, die Pell zur Last gelegten Taten seien nicht hinreichend bewiesen; der Kardinal müsse umgehend freigelassen werden. Die gut 200 Seiten starke Begründung des Minderheitsvotums von Richter Weinberg wird nach Ansicht von Experten die Grundlage für die Berufung vor dem Obersten Gericht bilden.

Rom wartet Verfahrensende ab

Als kirchliche Höchststrafe droht Pell die Entlassung aus dem Klerikerstand. Allerdings wird die zunächst zuständige Römische Glaubenskongregation den endgültigen Ausgang des staatlichen Verfahrens abwarten, bevor sie den Fall aufgreift, erklärte Vatikansprecher Matteo Bruni im August.

In der von ihm verbreiteten Erklärung erinnerte Bruni zudem daran, dass Pell bereits seit seiner Beurlaubung als Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariats im Juni 2017 die öffentliche Ausübung seines priesterlichen Dienstes sowie jeglicher Kontakt mit Minderjährigen verboten ist.

religion.ORF.at/KAP/KNA

Mehr dazu:

Link: