Amazonien als „Hölle“: Kräutler-Buch zur Synode
Es dürfte für alle, die auch die Synode im Oktober aufmerksam verfolgen werden, von besonders aktuellem Interesse sein. In „Erneuerung jetzt. Impulse zur Kirchenreform aus Amazonien“ legt Kräutler seine Ansichten und Beiträge unter anderem zur Stellung der Frau in der katholischen Kirche, Integration, Ökologie, Seelsorge, zum Einsatz für die Armen und zur Situation der indigenen Völker in der Region dar.
Tyrolia Verlag
Buchhinweis
Erwin Kräutler: Erneuerung jetzt. Impulse zur Kirchenreform aus Amazonien, 160 Seiten, Tyrolia-Verlag, 19,95 Euro
Ausgehend von seinen eigenen Erfahrungen als langjähriger Bischof der brasilianischen Diözese Xingu fasst er in dem im August erschienenen Buch seine Vorschläge und Anliegen für eine Erneuerung der Kirche zusammen, wie der Tyrolia-Verlag in einer Aussendung formulierte. Dabei richte er den Blick besonders auf die Bedürfnisse der Menschen an der Basis.
Frauendiakonat und Ökologie
Deutlich bezieht er Stellung zu Ökologie und Schöpfungsverantwortung als einer Frage des Überlebens, zu neuen Wegen in der Seelsorge wie Frauendiakonat oder den „viri probati“ und fügt zu einer Option für die Armen auch eine Option für die „Anderen“ hinzu: die Ausgegrenzten, die Andersdenkenden, die Andersglaubenden und vor allem auch die indigenen Völker, für die eine Berücksichtigung ihrer besonderen kulturellen Ausdrucksformen gefunden werden sollte.
In Sachen Weiheämter für Frauen hat sich Kräutler schon früher deutlich für eine Öffnung positioniert: So spricht er von „personae probatae“ (etwa "geeignete, erprobte Personen) wo sonst nur von „viri probatae“ („geeignete Männer“) die Rede ist. Die Weihe von Frauen ist für ihn eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit, nicht lediglich eine des Priestermangels.
Im Buch prangert Kräutler offen Missstände in der Region an und bezeichnet es als „schrecklich, dieses von Gott paradiesisch geschaffene Amazonien plötzlich als Hölle erleben zu müssen“. „Ja, die Tropenwälder werden schneller zerstört als jeder andere Lebensraum.“ Besonders Frauen und Kinder seien „die wehrlosesten Opfer der Landkonzentration in den Händen einiger weniger Privilegierter“, klagt er an.
Widerstand gegen Staudammprojekt
Kräutler wurde 1939 in Koblach, Vorarlberg geboren. Er ist Mitglied der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut und war seit seiner Priesterweihe 1965 in Brasilien tätig, von 1981 bis 2016 als Bischof der Prälatur Xingu, der größten Diözese des Landes. International bekannt wurde er vor allem auch für seinen Widerstand gegen das Staudammprojekt Belo Monte, das den Amazonas und seine Ureinwohner massiv bedroht.
Amazonien-Synode
Die Sondersynode findet von 6. bis 27. Oktober im Vatikan statt. Bischöfe und andere Kirchenvertreter beraten über seelsorglichen Frage des Amazonasgebiets, die Lage der indigenen Bevölkerung und Umweltzerstörung.
Für seinen Einsatz für die Umwelt und die indigenen Völker wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit Ehrendoktoraten, 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis und 2015 mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. 2015 war er einer der Berater zur Ökologie-Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus.
Die Sondersynode mit dem Titel „Amazonien – neue Wege für die Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“ findet von 6. bis 27. Oktober im Vatikan statt. Aus Österreich nehmen Kräutler und Kardinal Christoph Schönborn an den dreiwöchigen Beratungen teil - mehr dazu in Schönborn und Kräutler reisen zu Amazonien-Synode.
religion.ORF.at
Mehr dazu:
- Bischof Kräutler 80: „Wenigstens Diakoninnen"
(religion.ORF.at; 11.7.2019)