Theologe: „Synodaler Weg“ bringt Gefüge ins Wanken

Der „synodale Weg“ in Deutschland breche aus dem hierarchischen Gefüge katholischer Machtlogik aus und bringe dessen geschlossenes System zum Wanken, so der Salzburger Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff in der Wochenzeitung „Die Furche“.

„Die nackte Angst geht um“, befand der Professor an der Universität Salzburg. Angesichts der Möglichkeit, dass Bischöfe bereit seien, ihre Entscheidungsvollmacht mit Laien zu teilen, breite sich die Furcht vor einem Machtverlust aus. Als Beispiel führte der Theologe den Brief von Kurienkardinal Marc Ouellet, dem Präfekten der Bischofskonferenz, an, der sich kritisch zur Verbindlichkeit des „synodalen Weges“ äußerte und hinterfragte, ob eine Kirchenleitung ihre Macht überhaupt teilen dürfe.

Der „synodale Weg“ der deutschen Kirche, der die Systemprobleme kirchlichen Machtmissbrauches aufarbeiten will, „scheint im katholischen Machtkomplex nicht vorgesehen“, so der Theologe. Dabei sollte sich die Kirche laut Hoff eher davor fürchten, dass sowohl Institution wie auch Vertreter unglaubwürdig werden, was sich auch in den Kirchenaustrittszahlen zeige.

„Nicht mehr weitermachen wie bisher“

Angesichts der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und „des Skandals seiner Vertuschung“ wisse die deutsche Kirche, man könne „nicht mehr weitermachen wie bisher. Zugleich wusste man nicht, wie man weitermachen sollte. Eine solche Situation kennzeichnet radikale Ohnmacht“, fasste Hoff zusammen.

Dies stelle für Hoff historisch rückblickend vielleicht „den ersten Schritt dar, die verlorene Autorität auf anderem Terrain wiederzugewinnen. Diesmal allerdings nicht auf dem Boden der eigenen Machtbehauptung, sondern im Zuge der Verflüssigung kirchenrechtlich selbstverständlicher Vollmachten.“

„Strategien der Vertuschung“

Das kirchliche Recht und die apostolische Macht der Bischöfe hatten den Missbrauch nicht verhindert, sondern mit „Strategien der Vertuschung und der Diskriminierung der Opfer“ zur jetzigen Krise beigetragen, so Hoff. Es liege „in der Konsequenz dieses Machtkomplexes, dass die meisten Täter bis hin zu Bischöfen und Kardinälen nicht zu ihren Verbrechen standen“, so Hoff.

So mussten Opfer teils vergeblich auf die kirchliche Anerkennung der Verbrechen warten. Der Fundamentaltheologe erklärt das mit „dem Schutzreflex einer Institution, die an die eigene Unheiligkeit im Dienst der Heilsvermittlung bis heute oft nicht glauben will“.

Entscheidung „unter Druck“

Dass sich die Systematik des Missbrauchs durch Kleriker „nur in einer veränderten geistlichen wie theologischen Auffassung von Macht und wirklicher Machtteilung im ganzen Volk Gottes bearbeiten“ lasse, hätten schließlich auch die deutschen Bischöfe erkannt und als Konsequenz den „synodalen Weg“ beschlossen. Die Entscheidung dazu sei aber schon von Beginn an umstritten gewesen und kam nicht zuletzt „unter Druck einer Öffentlichkeit zustande, die sich nicht mehr mit Ausreden ablenken und mit Problemvertagungen“ abspeisen lassen wollte, so der Theologe.

Die Entscheidung zum „synodalen Weg“ wurde aber - wie Hoff herausstrich - von den Bischöfen demokratisch getroffen. Und weiter: „Wenn sich der Papst, der letztlich entscheidet, über diese Entscheidung hinwegsetzen sollte, hätte der kuriale Geist der Erhaltung kirchlicher Sakralmacht noch einmal gesiegt.“ Das würde zeigen, dass ich unter dem „Gewand päpstlicher Hinweise“ auf die synodale Struktur der Kirche nur „nackte Macht“ verbergen würde.

Ein „synodaler Ausweg“?

Als Reaktion auf die Missbrauchskrise hatten die deutschen Bischöfe auf ihrer Vollversammlung im Frühjahr einen „verbindlichen synodalen Weg“ beschlossen, der auch zu verbindlichen Entscheidungen führen soll. Laut dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, gehe es dabei neben der weiteren Aufarbeitung von Missbrauch auch um Themen wie Machtstrukturen, kirchliche Sexualmoral, Lebensform der Priester und die Rolle der Frau.

Papst Franziskus wandte sich in einem am Apostelfest Peter und Paul am 29. Juni veröffentlichten in einem Brief an das „pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ und sprach darin von einer „Zeitenwende“. In dem 19-seitigen Papier lobte er das Engagement und die Reformanstrengungen der deutschen Katholiken. Zugleich mahnte Franziskus die Einheit mit der Weltkirche ein. Leitkriterium der Erneuerung müsse die Evangelisierung sein. Zum „synodalen Weg“ hieß es kryptisch: „Was dieser konkret bedeutet und wie er sich entwickelt, wird sicherlich noch tiefer in Betracht gezogen werden müssen.“

religion.ORF.at/KAP

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