Scharfe Papst-Kritik an Diskriminierung Indigener

Papst Franziskus hat zu Beginn der Beratungen der Amazonien-Synode zu mehr Sensibilität im Umgang mit indigenen Kulturen am Amazonas aufgerufen. Zugleich hat er scharf jede Diskriminierung von Indigenen kritisiert.

Scherzhafte Kommentare über einen Indigenen, der bei der Eröffnungsmesse der Amazonas-Synode am Sonntag mit traditionellem Federschmuck Gaben zum Altar brachte, hätten ihn traurig gemacht. „Wo ist der Unterschied zwischen Federkopfschmuck und einem Birett, das einige Amtsträger unserer vatikanischen Behörden tragen?“, so Franziskus in seiner Eröffnungsansprache am Montag im Vatikan.

Die Amazonien-Synode habe vier Dimensionen, sagte Franziskus zur Einführung laut „Vatican News“: „Eine pastorale, eine kulturelle, eine soziale und eine ökologische Dimension.“ Die pastorale Dimension sei die wesentliche, „von ihr geht alles aus. Wir nähern uns mit einem christlichen Herzen der Realität Amazoniens und betrachten sie mit Augen von Jüngern Jesu.“ Und: „Wir tun es auf Zehenspitzen, um die Geschichte, die Kulturen, den Lebensstil der amazonischen Völker zu respektieren.“

„Nähern uns ohne ideologische Kolonialisierung“

Diese Völker sollten „als Protagonisten ihrer eigenen Geschichte“ ernst genommen werden, so der Papst: „Wir nähern uns ohne ideologische Kolonialisierung, wie sie heute so häufig ist. Wir nähern uns ohne unternehmerischen Eifer, der vorgefertigte Konzepte durchsetzen will, um die amazonischen Völker, ihre Geschichte und Kultur sozusagen zu disziplinieren - nein. Wenn die Kirche vergisst, wie sie sich einem Volk zu nähern hat, dann misslingt ihre Inkulturation, dann werden bestimmte Völker sogar gering geschätzt.“

Papst Franziskus mit Indigienen aus dem Amazonas-Gebiet bei der Eröffnung der Amazonien-Synode

APA/AP/ANSA/Claudio Peri

Papst Franziskus mit Indigenen aus dem Amazonas-Gebiet bei der Eröffnung der Amazonien-Synode

Das führe dann in der Regel zu einem Scheitern, das „wir noch heute beklagen“ - Franziskus nannte als Beispiel die Arbeit des Jesuiten Matteo Ricci im China der Frühen Neuzeit. Ein „alles vereinheitlichender Zentralismus“ habe damals dazu geführt, dass die „Authentizität der Kultur der Völker keinen Raum bekam“.

Ideologien als „gefährliche Waffe“

Ideologien seien, so fuhr der Papst fort, „eine gefährliche Waffe“, man dürfe nicht durch die ideologische Brille hindurch ein Volk beurteilen. Und deshalb dürfe es bei dieser Synode auch nicht darum gehen, von außen pragmatische soziale Entwicklungsprogramme, Kultur-Schutzprogramme oder Pastoralpläne zu erfinden.

Viele einheimische Kulturen in Lateinamerika - auch in seiner Heimat Argentinien - hätten sehr darunter zu leiden gehabt, dass eine vermeintliche Zivilisation sie als „Barbaren“ eingestuft und nur hochmütig beäugt habe, so Franziskus weiter. Da fielen Worte der Herablassung, da werde von einer „zweitrangigen Zivilisation“ gesprochen, da gälten Ureinwohner als „schwarze Schafe“.

„Eine Synode ist kein Parlament“

Auch vor der „Weltlichkeit“, die einen von der „Poesie der Völker“ entferne, warnte der Papst. „Wir sind hier, um die Völker zu betrachten, zu verstehen und ihnen zu dienen. Und wir tun es, indem wir einen synodalen Weg zurücklegen. Nicht am runden Tisch, nicht durch Konferenzen oder Debatten, sondern als Synode. Denn eine Synode ist kein Parlament.“

Hier gehe es nicht darum zu beweisen, „wer mehr Macht in den Medien oder in den sozialen Netzwerken hat, um irgendeine Idee oder irgendeinen Plan durchzusetzen“, so der Papst. „Wir forschen nicht per Umfrage danach, wer eine Mehrheit hat. Wir sind auch keine sensationshungrige Kirche.“ Eine Synode bedeutet, „voranzugehen unter der Inspiration und Führung des Heiligen Geistes“. Dieser sei der Hauptakteur der Synode. Nachsatz des Papstes: „Bitte werfen wir ihn nicht aus dem Saal hinaus!“

„Instrumentum laboris“ ist „Märtyrerpapier“

Das Grundlagenpapier der Synode, „Instrumentum laboris“, hat in den letzten Monaten viel Kritik erfahren. Der Papst nannte es am Montagmorgen in seiner Rede ein „Märtyrerpapier“, denn es sei „zur Zerstörung bestimmt“ und bilde ja nur „den Ausgangspunkt, um sich mit dem Heiligen Geist auf den Weg zu machen“. Die Synodenteilnehmer sollten in den kommenden Wochen „vor allem beten, nachdenken, zuhören“ und „mutig das Wort ergreifen“. Bei allem Freimut gelte es allerdings „die Geschwisterlichkeit zu bewahren, die hier drin herrschen soll“.

Nach jeweils vier Redebeiträgen werde es eine Pause geben, kündigte Franziskus an: „Jemand hat gesagt, das ist gefährlich, Heiliger Vater, die werden einschlafen. Aber bei der Jugendsynode haben wir genau die gegenteilige Erfahrung gemacht: Da schliefen einige während der Reden und wachten dann im Moment der Stille auf...“

„Haltung des Respekts“

Franziskus bat die Synodenteilnehmer um eine „Haltung des Respekts“ und eine „geschwisterliche Atmosphäre“, sowie auch um ein gerüttelt Maß an Diskretion. „Man sollte also nicht alles, so wie es hier kommt, gleich nach draußen tragen!“ Kommunikation nach draußen brauche „Takt und Vorsicht“.

Werde nicht ein gewisses Maß an Vertraulichkeit gewahrt, dann komme es zu dem, was es bei einigen früheren Synoden gegeben habe, „eine Synode drinnen und eine andere Synode draußen“. „Die Synode drinnen, bei der sich die Mutter Kirche mit Achtsamkeit für alle Prozesse auf den Weg macht, und die Synode draußen, die durch eine leichtfertig durchgestochene Information zu Missverständnissen führt.“

Er danke allen, die sich für die Synode einsetzten, so der Papst. Und dann änderte er seinen Schlussspruch. Sagt er normalerweise: „Betet für mich“, äußerte er diesmal: „Und bitte, verlieren wir nicht den Sinn für Humor!“ Das dreiwöchige Bischofstreffen, an dem auch Vertreter indigener Völker teilnehmen, steht unter dem Leitwort: „Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“.

religion.ORF.at/KAP

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