Karfreitag: Chalupka setzt auf politische Gespräche

Michael Chalupka, neuer Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich, glaubt nach wie vor, dass der Kampf um den Karfreitag als Feiertag nicht verloren ist.

„Wir haben diese im Wahlkampf befragt, und alle Parteien - mit Ausnahme der Österreichischen Volkspartei - haben gesagt, sie möchten den Karfrei­tag als zusätzlichen Feiertag. Wir werden sie beim Wort nehmen“, so Chalupka im Interview in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“. Die derzeitige Lösung sei für alle unbefriedigend. „Deswegen haben wir ja auch beim Verfassungsgerichtshof eine Klage eingebracht. Das heißt, es braucht auf jeden Fall einen Dialog. Und da sind wir guter Hoffnung“, so der Bischof.

Sein Verständnis über das Verhältnis von Kirche und Politik fasste Chalupka so zusammen: „Die Kirchen sollten sich nicht von der Politik vereinnahmen lassen, sie sollten aber auch der Versuchung widerstehen, Politik zu machen. Jedoch sollten sie immer dort ihr Stimme erheben, wo die Menschenwürde bedroht ist.“ Das betreffe etwa die Frage, wie Menschen behandelt würden, „die fremd, auf der Flucht oder unbehaust sind“. Die evangelische Kirche habe fast keine Synode vergehen lassen, wo sie nicht eine Stellungnahme zum Schutz der Flüchtlinge abgegeben hat. „Die Kirchen sind so klar, weil die Bibel da so klar ist: Den Fremdling zu schützen, ist eine zentrale Botschaft“, so der Bischof.

Einführungsgottesdienst am Sonntag

Sein Einführungsgottesdienst am 13. Oktober in Wien werde unter dem Motto „Bewahrung der Schöpfung“ stehen, erklärte Chalupka. Es sei ihm wichtig zu zeigen, dass die Kirchen dazu schon sehr lange mit dem Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung beitragen. Die Kirchen seien auch eine internationale Gemeinschaft: „Wir sind so mit unseren Schwestern und Brüdern auf Kiribati oder wo auch immer verbunden. Das heißt, es geht uns etwas an, wenn auf den Kiribati-Inseln die Menschen bedroht sind, weil das Land dort verschwindet. Das ist nicht weit weg, sondern das sind unsere Schwestern und Brüder.“

Michael Chalupka

APA/Roland Schlager

Michael Chalupka, der neue Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich

Angesprochen auf eine aktuelle Studie, wonach die Hälfte der Österreicher will, dass die Religionsausübung von Muslimen beschnitten wird, und fast ebenso viele wollen, dass die Muslime weniger Rechte als die anderen in Österreich haben, zeigte sich Chalupka besorgt, „vor allem wo es um die Religionsfreiheit geht“. Die Religionsfreiheit sei eines der grundlegenden Menschenrechte. „Wir müssen bewusst machen, dass man diese Rechte nicht individuell interpretieren kann - für mich gelten sie, für dich nicht. Religionsfreiheit heißt nicht nur, die Religion im stillen Kämmerlein auszuüben, sondern sie auch sichtbar in der Gesellschaft ausüben zu können“, so der Bischof.

„Bischof ist der Pfarrer für alle“

Zu seinem Amtsverständnis befragt sagte Chalupka: „Das Amt des Bischofs in der evangelischen Kirche ist ein Pfarramt. Das heißt, der Bischof ist der Pfarrer für alle Evangelischen in Österreich. Das bischöfliche Amt ist ein synodales, das heißt, der Bischof vertritt das, was die Syn­ode ausmacht.“

Angesprochen auf den Mitgliederschwund, von dem auch die evangelische Kirche in Österreich betroffen ist, zeigte sich der Bischof trotzdem optimistisch: „Wichtig ist, den Blick auf die lebendigen Gemeinschaften zu legen. Das heißt, nicht auf die Zahlen alleine zu starren, sondern zu sehen, was vor Ort in den Pfarrgemeinden geschieht. Da sehe ich durchaus eine umgekehrte Entwicklung.“

Er sei schon als Direktor der Diakonie viel herumgekommen und war auch eingeladen von Ortsgruppen aller Parteien. „Ich habe dort nie solche Lebendigkeit erlebt wie in unseren Pfarrgemeinden: Wir haben wirklich Orte, wo Menschen miteinander feiern, soziale Arbeit machen, ihr Leben teilen. (...) Sie singen miteinander, feiern miteinander, sitzen dann danach beim Kirchenkaffee und streiten auch über politische Themen: Diese Orte müssen wir stärken.“

„Würde des Kompromisses“

In der Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare habe sich die lutherische Kirche im vergangenen Frühjahr zu einem „Kompromiss“ durchgerungen, wie Chalupka sagte. Nachsatz: „Und ich werde nicht müde zu sagen, dass es die Würde des Kompromisses gibt.“ In einer demokratisch verfassten Kirche sei der Kompromiss etwas Wesentliches, „weil alle sich bewegt haben“. Aber: „Er hat für beide Seiten Gewissenskonflikte ausgelöst.“

In der evangelischen Kirche sei das Gewissen, das sich an der Bibel ausrichtet, ein sehr hoher Wert, betonte Chalupka: „Es ist daher wichtig, anzuerkennen, dass es in der Kirche Menschen gibt, die ihr Gewissen beschwert sehen, aber sich trotzdem durchgerungen haben zu diesem Kompromiss. Und mit dem werden wir leben können.“

„Segnungsgottesdienste“ für Ehepaare

Der Kompromiss sieht vor, dass man in der evangelischen Kirche nun generell von öffentlichen Segnungsgottesdiensten für Ehepaare spricht. Diese Möglichkeit wurde auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Das geschieht auf freiwilliger Basis der Pfarren. Diejenigen, die diese Segnung vornehmen möchten, müssen es bekanntgeben.

Die evangelische Kirche hat laut Bischof Chalupka das „große Privileg, dass sie ihre Position in einem presbyterial-synodalen Prozess erarbeitet, das heißt, der synodale Weg, der anderswo diskutiert werden muss, ist bei uns in der DNA“. Kirchliche Positionen würden also nicht von Einzelnen entschieden, „auch nicht vom Bischof, sondern von den Synoden, die demokratisch aufgebaut sind - im Gespräch mit dem, was uns trägt: die Bibel und unsere Bekenntnisschriften“.

religion.ORF.at/KAP

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