Amazonien-Synode ringt um strittige Punkte

Die in Rom tagende Amazonien-Synode wird am Samstagnachmittag über ein Abschlussdokument abstimmen. Stimmberechtigt sind lediglich die Bischöfe sowie männliche Ordensobere.

Frauen hatten - wie bereits bei früheren Synoden - lediglich Rede- und Beratungsrecht. Wie der vatikanische Kommunikationsdirektor Paolo Ruffini am Donnerstag mitteilte, werden die einzelnen Absätze des Abschlussdokuments den Synodenvätern Punkt für Punkt vorgelegt. Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass ein Redaktionsteam der Synode vor der Schlussabstimmung noch mehrere hundert Änderungsanträge zu bearbeiten versuche.

Als angenommen gelten nur solche Inhalte, die am Samstag mindestens eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Synodalen auf sich vereinigen können. Papst Franziskus steht es frei, die Vorschläge des Abschlussdokuments in einem so genannten nachsynodalen Schreiben zu übernehmen. Ein solches Dokument wird in der Regel erst einige Monate nach einer Synode veröffentlicht.

Kritik an vorgefertigten Passagen

Inhaltlich geht es bei der Synode um die ökologische Rettung des Amazonasgebiets und den Schutz der dort lebenden Ethnien sowie um die künftige Gestalt der katholischen Kirche und die Verbesserung der Seelsorge. Einige Tage vor Abschluss der Versammlung hatte der österreichische Bischof Erwin Kräutler, einer der wichtigsten Verhandler der Synode, Kritik an den vorläufigen Inhalten des geplanten Schlussdokuments geäußert. Kräutlers Stimme hat unter anderem deshalb Gewicht, weil er zu den Mitautoren der päpstlichen Umwelt-Enzyklika „Laudato si“ zählt.

Papst Franziskus mit einem Vertreter Indigener aus der Amazonas-Region und Kopfschmuck

Reuters/Vatican Media Handout

Papst Franziskus mit einem Vertreter Indigener aus der Amazonas-Region und Kopfschmuck. Das Schicksal autochthoner Gruppen ist für die Synode zentral.

Mit seiner Kritik bezog sich Kräutler einem Bericht der deutschen Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) zufolge auf einen 36 Seiten umfassenden Text, den der brasilianische Kardinal Claudio Hummes der Generalversammlung zu Beginn der letzten Synodenwoche vorstellte. Dieses Papier enthielt, so mutmaßten die Kritiker, zu viele von der vatikanischen Kurie vorgefertigte Passagen.

Mehrere hundert Änderungsvorschläge

Kurzzeitig sei sogar die Drohung im Raum gestanden, die Synodenversammlung könnte die Abstimmung über das Papier aus Protest verweigern, doch dann habe sich der Vorschlag durchgesetzt, es mit Korrekturen und Ergänzungen zu versuchen. Mehrere hundert Änderungsvorschläge habe es gegeben.

Auf dem Gebiet der Ökologie gab es zwar laut dem KNA-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel einer Konsens bei der Forderung nach einer aktiveren Rolle der Kirche, doch war umstritten, wie politisch sie sein solle - etwa bei Aktionen gegen demokratisch gewählte Regierungen. Ein weiteres Thema sei die Rolle der Frau in der Kirche gewesen - und insbesondere die Frage, wie neue weibliche „Dienstämter“ aussehen könnten. Von einem stärkeren Mitspracherecht in der Gemeindeleitung über ein Diakoninnenamt bis hin zu ordinierten weiblichen Gemeindeleiterinnen reiche der Bogen dessen, was diskutiert wurde.

„Amazonisch-katholischer Ritus“

Daneben kam die Idee eines „amazonisch-katholischen Ritus“ zur Sprache. Unklar war, ob dieser Vorschlag über die Anerkennung besonderer ritueller Ausdrucksformen hinaus auch kirchenrechtliche Konsequenzen haben sollte: Etwa indem ein eigener „Ritus“ anlaog zu dem der Ukrainer, Maroniten und anderer Regionalkirchen geschaffen würde. Deren Bischöfe pflegen nicht nur eigene liturgische Traditionen, sie dürfen auch eine gewisse kirchenrechtliche Eigenständigkeit beanspruchen.

Würde dieser Vorschlag sich für Amazonien durchsetzen, könnte er ein Startsignal für eine weitere Dezentralisierung der katholischen Weltkirche werden. Das jetzt noch lockere Amazonas-Netz „Repam“ könnte der Ausgangspunkt für eine solche neue Regionalkirche mit besonderem Ritus und eigener Kirchendisziplin werden. Angesichts der vielen unterschiedlichen Ethnien und Sprachen im Amazonas-Gebiet würde die praktische Durchführung allerdings rasch an Grenzen stoßen.

Für den Vorschlag, die Möglichkeit der Priesterweihe verheirateter Männer („viri probati“) zur Abstimmung zu stellen, habe sich „dem Vernehmen nach“ eine deutliche Mehrheit von Rednern ausgesprochen, so der Bericht.

Insider: Synode muss Lösungen liefern

„Amazonien ist nicht irgendein Teil dieser Welt und auch nicht irgendein Teil dieser Kirche“, sagte der langjährige Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Vatican News, Bernd Hagenkord, am Donnerstag im Interview mit Kathpress. Die noch bis 27. Oktober stattfindende Amazonien-Synode mache einen Teil der Kirche sichtbar, der sonst nur in entwicklungspolitischen „Dritte Welt-Kreisen“ behandelt wurde.

Spannend bleibe, welche Konsequenzen und Lösungen die Synode für brisante Themen, wie „viri probati“, soziale Gerechtigkeit oder Klimawandel, findet. Entscheidend sei, „was die Synode und letztlich der Papst daraus machen werden“. Auch Kardinal Christoph Schönborn, Teil des Redaktionskomitees für das Schlussdokument, könne wesentlich zum Erfolg der Synode beitragen, so der Jesuit.

Hagenkord bekräftige im Interview auch die Aussage Schönborns, dass die Synode auf Themen wie Klimakrise, soziale Gerechtigkeit und Priestermangel eingehen müsse, sonst wäre sie „für die Katz“. Hagenkord weiter: „Der Kardinal hat schon die richtige Vorlage geliefert, da muss was drinstecken, was konkret wird.“ So müsse sich die Kirche noch stärker an die Seite der Indigenen stellen, „die durch Abholzung oder intensiven Soja-Anbau ihre Kultur verlieren“.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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