Erzdiözese Wien investiert in Neubauten

Die Erzdiözese Wien kämpft seit Jahren mit sinkenden Mitgliederzahlen, glaubt aber trotzdem an Wachstum: Sie investiert in neue Kirchenräume und -bauten, vor allem in den Stadtentwicklungsgebieten Wiens.

Der Fokus liegt laut einem Bericht der APA dabei nicht auf der „klassischen Kirche“, sondern auf kleinen, multifunktionalen Begegnungszentren. Derzeit sind mehrere Projekte im Laufen. Mit den neuen Zentren will die Erzdiözese eine Präsenz aufbauen, „die nicht wie ein klassischer Kirchenbau daherkommt“, sagte Kardinal Christoph Schönborn in einem Statement gegenüber der APA.

Das habe aber nichts damit zu tun, „dass wir modern ausschauen wollen“. Vielmehr wolle man Menschen, die bisher wenig in Berührung mit der Kirche gekommen sind, einen „einladenden Ort der Begegnung mit weit offenen Türen“ bieten. Das könne ein klassischer Kirchenbau sein, muss es aber nicht.

Eher Räume mieten

„Wir wollen es nicht machen wie früher, dass wir eine große Kirche hinstellen“, erklärte der Baudirektor der Erzdiözese, Harald Gnilsen, der APA. Zunächst würden vielmehr Räume gemietet werden: „Wenn sich eine größere Gemeinde bildet, sich Menschen finden, dann schauen wir weiter.“

Im Moment gibt es in den Wiener Stadtentwicklungsgebieten Projekte, die diese Strategie verdeutlichen. So entsteht derzeit am Areal des ehemaligen Nordbahnhofs ein multifunktionaler Kirchenraum. In einem 190 Quadratmeter großen Erdgeschoßlokal wird im Februar 2020 das katholische Begegnungszentrum „FranZ“ eröffnet.

Begegnungszentrum „FranZ“

Derzeit ist dort der Innenausbau voll im Gang. Neben einem Büro und einem Gesprächsraum bietet laut dem zuständigen Pfarrer Konstantin Spiegelfeld das neue Zentrum einen Empfangsraum, eine beidseitig geöffnete Küche und einen Veranstaltungsraum. Außerdem gibt es ein sakrales „Stau’n-Räumchen“, in den sich Besucher für Gebet und Stille auch durch den Hintereingang „reinschleichen“ können, fügte Pastoralassistentin Anna Asteriadis hinzu.

Eingang des katholischen Begegnungszentrums „FranZ“ im Erdgeschoßbereich, das derzeit in Wien auf dem Areal des Wiener Nordbahnhofs gebaut wird

APA/Norbert Oberndorfer

Das katholische Begegnungszentrum „FranZ“ wird derzeit in Wien auf dem Areal des Wiener Nordbahnhofs gebaut.

Namensspender für das neue Begegnungszentrum waren der Heilige Franziskus von Assisi und Papst Franziskus, die sich beide eine Kirche der Armen wünschen. Die Gesamtkosten für die Errichtung und Ausstattung von „FranZ“ belaufen sich laut Spiegelfeld auf 350.000 Euro.

„Edith-Stein-Zentrum“ in der Seestadt

Einige Kilometer vom Nordbahnhofareal entfernt, in der Seestadt Aspern, befindet sich das „Edith-Stein-Zentrum“. Dieses ist bereits seit 2016 in Betrieb. Laut Gnilsen ist bisher der Zuspruch auf das Angebot groß, vor allem „junge Familien, die Gemeinschaft suchen“, würden sich dort treffen.

Noch in der Planungsphase befindet sich unterdessen der „Campus der Religionen“, der ebenfalls in der Seestadt entstehen soll. Dafür hat die Stadt ein 10.000 Quadratmeter großes Areal zur Verfügung gestellt, auf dem zahlreiche Religionsgemeinschaften Objekte errichten können. Die Kosten für die Gebäude sind von den Religionsgemeinschaften zu tragen. Plan ist, dass der Spatenstich 2020 erfolgt. Seitens der Erzdiözese werde gerade eine Bebauungsstudie erarbeitet, so Gnilsen.

Auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien, das neben dem Stadtgebiet Wiens auch das umliegende, östliche Niederösterreich umfasst, werden laut Gnilsen jährlich circa 500 kleinere Bauvorhaben wie Renovierungen, Erhaltungs- und denkmalpflegende Arbeiten an Kirchen, Pfarrhöfen, -heimen und pastoralen Räumen in den rund 600 Pfarrgemeinden durchgeführt.

Rund 30 Mio. für Bauvorhaben

Insgesamt gibt die Erzdiözese jährlich für Baumaßnahmen zwischen 25 und 30 Mio. Euro aus. Die letzten „klassischen“ Neubauten waren die Kirche in Oberrohrbach in der Pfarre Kleinwilfersdorf/NÖ (2008) und die Kapelle im Landesklinikum Hainburg (2014). Letztere wurde vom Land Niederösterreich finanziert, als Ersatz für eine abgerissene Kirche auf dem Krankenhausareal.

In Wien gibt es laut Erzdiözese 610.000 Katholikinnen und Katholiken. Ihnen stehen mehr als 200 Kirchen auf dem Stadtgebiet zur Verfügung. Wirkliche Neubauten von klassischen Gotteshäusern sind rar, zuletzt war dies 2000 der Fall. Damals wurde die „Donau-City-Kirche“ eingeweiht. Zuletzt standen oft eher die Schenkungen von Kirchen an andere christliche Konfessionen im Fokus der Öffentlichkeit.

Immer wieder Kirchen verschenkt

Die Erzdiözese Wien, deren Gebiet sich nicht nur auf die Stadt selbst, sondern auch auf das umliegende, östliche Niederösterreich erstreckt, hat in den vergangenen vier Jahrzehnten immer wieder Kirchen verschenkt und übergeben. Gründe für die Übergabe an überwiegend orthodoxe „Schwesterkirchen“ - wie es die Erzdiözese nennt-, sind sinkende Katholikenzahlen und das Wachstum der orthodoxen Gemeinden. Außerdem sei die Dichte an Gotteshäusern in der Stadt sehr groß, argumentierte Baudirektor Gnilsen im APA-Gespräch. Diese Überkapazität sei mit einer hohen Baulast und damit einhergehenden Erhaltungskosten verbunden.

Außenansicht der Neulerchenfelder Kirche

Public Domain/Rosso Robot

Die Übergabe der Neulerchenfelder Kirche an die serbisch-orthodoxen Kirche sorgte für Aufsehen.

Viel Aufsehen hat die Übergabe der Neulerchenfelder Kirche an die serbisch-orthodoxen Kirche im Jahr 2013 erregt. Damals wehrten sich die Gläubigen und auch der Neulerchenfelder Pfarrer öffentlichkeitswirksam gegen diesen Schritt. Geholfen hat es allerdings nichts. 2016 wurde die Kirche „Maria vom Siege“ in Rudolfsheim-Fünfhaus an die koptisch-orthodoxe Kirche übergeben. Derzeit seien keine weiteren Übergaben von Kirchen an andere Konfessionen in Wien geplant, hieß es aus der Erzdiözese.

Keine weitere Übergaben geplant

Auf dem Wiener Stadtgebiet gibt es mehr als 200 Kirchen, die zur Erzdiözese gehören. Die Ruprechtskirche im ersten Bezirk gilt als ältester Kirchenbau Wiens. Einige Mauerreste sollen aus dem frühen 12. Jahrhundert stammen. Doch laut Gnilsen soll es eine noch ältere Kirche geben - im heutigen Stadtteil Oberlaa, der früher nicht zu Wien gehörte. Zu den bekanntesten Gotteshäusern der Stadt zählen der Stephansdom in der Innenstadt, die Karlskirche auf der Wieden oder die Votivkirche am Alsergrund.

Viele der großen Kirchen, es handelt sich dabei oft um charakteristische Backsteinbauten, wurden in der Gründerzeit im 19. Jahrhundert errichtet. Gnilsen zufolge wurden viele dieser Kirchenbauten durch den vom Herrscher gegründeten Religionsfonds errichtet, nicht durch die Erzdiözese Wien. Finanziert wurden die Bauten dennoch durch die römisch-katholische Kirche: Die Mittel für den Fonds kamen aus der Enteignung von Stiften und Klöstern der römisch-katholischen Kirche.

religion.ORF.at/APA

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