Kardinal in Missbrauchsfall in Berufung

Der ehemals höchste katholische Würdenträger Frankreichs steht erneut wegen der Vertuschung sexuellen Missbrauchs vor Gericht: Kardinal Philippe Barbarin wehrt sich in dem am Donnerstag in Lyon eröffneten Berufungsprozess gegen seine Verurteilung.

Im März hatte ihn ein Gericht schuldig gesprochen, jahrelang zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch einen Priester geschwiegen zu haben. Barbarin wurde zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Der 69-Jährige sagte nun vor Gericht: „Ich verstehe nicht, wessen ich schuldig sein soll und was die Taten sind, die man mir vorwirft.“ Er habe „Irrtümer“ eingestanden, sehe aber keine Schuld im juristischen Sinne. Einer seiner Anwälte äußerte sich zuversichtlich, einen Freispruch für den Kardinal erwirken zu können.

Kardinal hofft auf Rehabilitierung

Barbarin hofft auf Rehabilitierung: Seit dem Schuldspruch lässt der 69-Jährige sein Amt als Erzbischof von Lyon ruhen. Papst Franziskus hatte ein Rücktrittsgesuch seines französischen Oberhirten bei einer Privataudienz in Rom im März abgelehnt und auf die „Unschuldsvermutung“ verwiesen.

Der französische Kardinal Philippe Barbarin

APA/AP/Laurent Cipriani

Der französische Kardinal Philippe Barbarin

Die Opfer des Priesters hoffen dagegen auf eine Bestätigung des Schuldspruchs. An dem Berufungsverfahren nehmen mehrere frühere Pfadfinder teil. Sie geben an, in den Jahren vor 1991 von dem Priester Bernard Preynat sexuell missbraucht worden zu sein.

Opfer: Jahrelang geschwiegen

Kardinal Barbarin soll nach Übernahme der Diözese Lyon im Jahr 2002 von den Taten des Priesters erfahren haben, schwieg nach Überzeugung der Opfer aber jahrelang, bis der Fall 2015 durch Aussagen eines Opfers öffentlich wurde.

Der Missbrauchsprozess gegen den Priester Preynat soll im Jänner beginnen. Die meisten Übergriffe, die ihm zur Last gelegt werden, sind allerdings verjährt. Die katholische Kirche Frankreichs erkannte ihm seine geistliche Würde nach dem Schuldspruch für den Kardinal ab.

religion.ORF.at/AFP

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