Kirchen sehen Krankenhausseelsorge gefährdet

Die seit Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat bei der evangelischen und der orthodoxen Kirche zu einem starken Einbruch in der Krankenhausseelsorge geführt.

Die katholische Kirche steht aufgrund anderer rechtlicher Voraussetzungen etwas besser da, sieht aber ebenfalls Handlungsbedarf, um eine adäquate Seelsorge künftig sicherzustellen. Im Wiener AKH etwa seien die Besuche von evangelischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern auf Grund des neuen Datenschutzrechtes auf ein Zehntel zurückgegangen, kritisierte der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer am Wochenende in einem Bericht vor der evangelischen Generalsynode in St. Pölten.

Von den Kliniken würden kaum noch Patientendaten an die Kirchen und Glaubensgemeinschaften für den seelsorgerlichen Besuch weitergegeben. Diese würden mancherorts nur noch informiert, wenn eine betroffene Person explizit Seelsorge wünsche. Im Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (Montag-Ausgabe) befand Krömer: „Die Krankenhausseelsorge ist am Sterben.“ Paragraph 18 des Protestantengesetzes sei „totes Recht“. Der besagte Paragraph hatte seit 1961 die Krankenhausseelsorge geregelt.

Patienten gar nicht gefragt

Erhebungen hätten ergeben, so Krömer vor der Synode, dass in vielen Fällen Patienten gar nicht nach dem Seelsorgewunsch gefragt worden seien. Ebenso sei - bedingt durch den Gesundheitszustand bei der Aufnahme ins Krankenhaus - häufig „die Fragestellung gar nicht verstanden“ worden. Damit sei den Kranken das Patientenrecht auf Seelsorge durch die eigene Kirche genommen worden. Die Evangelischen Kirchen als Minderheitskirchen wiederum würden in „ihrem wichtigen Recht - im Rahmen der kollektiven Religionsausübung - auf Betreuung kranker Evangelischer drastisch beschnitten“.

Krankenhaus

ORF.at/Birgit Hajek

Kranken werde das Patientenrecht auf Seelsorge durch die eigene Kirche genommen, so die Kritik.

Gespräche mit dem für die Kirchen zuständigen Kultusamt seien in dieser Angelegenheit bereits aufgenommen worden, berichtet der Synodenpräsident laut dem Evangelischen Pressedienst. Auch ein rechtliches Vorgehen gegen die herrschende Praxis ist für den Rechtsanwalt denkbar. Neben der Verletzung der kollektiven Religionsfreiheit ortet Krömer auch einen Verstoß gegen die Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation WHO, wonach Patienten ein Recht auf Seelsorge zugesprochen wird. ­

­Auch der für die orthodoxe Krankenhausseelsorge in leitender Funktion zuständige griechisch-orthodoxe Priester Nikolaus Rappert hatte gegenüber Kathpress vor Kurzem von ähnlichen Problemen gesprochen.

Katholische Seelsorger haben Vorteile

Nicht ganz so dramatisch stellt sich die Situation für die katholische Krankenhausseelsorge dar, wie Detlev Schwarz, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft der katholischen KrankenausseelsorgerInnen Österreichs“, im Kathpress-Interview am Montag sagte. Durch das Konkordat gesichert, hätten hauptamtliche Krankenhausseelsorger, die in der Institution „akkreditiert“ sind, freien Zugang zu den Patienten.

Doch schon bei den Ehrenamtlichen, die Besuchsdienste absolvieren, gebe es die gleichen Probleme wie bei den Evangelischen und Orthodoxen. „Früher haben sie im Krankenhaus einfach gefragt, ob jemand aus ihrer Pfarre im Spital liegt. Das ist jetzt absolut nicht mehr möglich“, erläuterte Schwarz. Er bekräftigte auch den Befund Krömers, dass bei der Aufnahme der Patienten in Spitälern mitunter die Frage nach der Konfession bzw. ob seelsorgliche Begleitung gewünscht wird, nicht prioritär gehandhabt wird. Und oft sei dies beim Zustand der Patienten auch gar nicht möglich.

Die Persönlichkeitsrechte der Patienten seien selbstverständlich zu schützen und zu achten, so Schwarz. „Und wenn jemand absolut keinen Kontakt mit Seelsorgern will, dann akzeptieren wir dies natürlich.“ Andrerseits gebe es aber auch ein Recht der Patienten auf Religionsausübung. Hier die rechte Balance zu finden, sei mit den derzeitigen rechtlichen Regelungen nicht wirklich möglich, ortete Schwarz Änderungsbedarf. Medizinische Behandlung und seelsorgliche Betreuung im Krankenhaus sollten nicht als zwei getrennte Bereiche sondern gemeinsam gesehen werden, so sein Appell.

religion.ORF.at/KAP

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