Organspende: Kardinal gegen Widerspruchslösung

Vor der Bundestagsabstimmung über eine Neuregelung der Organspende hat sich der deutsche Kardinal Rainer Maria Woelki gegen eine Widerspruchslösung ausgesprochen.

„Die Organspende muss freiwillig sein“, sagte der Erzbischof des größten deutschen Bistums Köln in einem Videostatement. „Die Würde des Menschen ist auch im Sterben und sogar über den Tod hinaus unantastbar. Die Freiheit bei dieser Entscheidung darf deshalb nicht beschnitten werden.“

Die Widerspruchslösung habe den großen Nachteil, dass sie Menschen instrumentalisieren könne. Das gelte erst recht, wenn im Zweifelsfall nicht mehr die Angehörigen entscheiden sollten. Gleichzeitig betonte Woelki aber auch: Wer sich für die Organspende entscheide, verdiene die Hochachtung aller.

Bundestag lehnte Widerspruchslösung ab

Der deutsche Bundestag hat die Einführung einer „doppelten Widerspruchslösung“ für Organspenden am Donnerstag klar abgelehnt. Der Entwurf einer Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), nach dem jeder Mensch bis auf Widerruf als Spender bzw. Spenderin gelten soll, fand heute keine Mehrheit.

In namentlicher Abstimmung votierten 379 Abgeordnete dagegen, 292 Parlamentarier und Parlamentarierinnen unterstützten den Antrag, drei enthielten sich.

Alle zehn Jahre auf das Thema ansprechen

Anschließend stimmte das Parlament in zweiter Lesung einem Entwurf zu, den eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und die Linke-Vorsitzende Katja Kipping eingebracht hatte. Er hält im Wesentlichen am geltenden Recht fest. Er schlägt vor, alle Bürger und Bürgerinnen mindestens alle zehn Jahre auf das Thema Organspende anzusprechen.

Wer ab dem Alter von 16 Jahren einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll auf dem Amt Informationsmaterial bekommen. Beim Abholen soll man sich dann an Ort und Stelle oder auch später zu Hause in ein neues Onlineregister eintragen können – mit Ja oder Nein. Selbst beraten sollen Ämter ausdrücklich nicht.

Österreich mit Widerspruchslösung

In Österreich gilt bei der Organentnahme bei Verstorbenen die Widerspruchslösung. Diese wurde 1978 vom Europarat als Regelung empfohlen. Die Widerspruchslösung besagt im Kern, dass eine Organentnahme dann zulässig ist, wenn die verstorbene Person dieser nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat.

Allerdings zählt hierzulande auch der Widerspruch der gesetzlichen Vertreterin bzw. des gesetzlichen Vertreters vor dem Tod der betroffenen Person als Widerspruch.

religion.ORF.at/dpa