Ernesto Cardenal 95-jährig verstorben

Der Dichter, Befreiungstheologe und ehemalige nicaraguanische Kultusminister Ernesto Cardenal ist am Sonntag im Alter von 95 Jahren in Managua an Herz- und Nierenversagen verstorben.

Der mit zahlreichen Preisen geehrte Cardenal war bis ins hohe Alter aktiv und nahm pointiert zu politischen und kirchlichen Fragen Stellung. Im Februar 2019 hatte Papst Franziskus überraschend alle kirchlichen Sanktionen gegen den Priester, dessen Gesundheitszustand damals als besorgniserregend galt, aufgehoben.

Im Jahr 1985 hatte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) Cardenal die Ausübung des priesterlichen Dienstes verboten, weil dieser nach der Revolution gegen die Somoza-Diktatur in Nicaragua ein Ministeramt in der Revolutionsregierung bekleidet hatte.

Befreiungstheologe Ernesto Cardenal

APA/Helmut Fohringer

Ernesto Cardenal war eine der schillerndsten Figuren Lateinamerikas

Für sein literarisches Werk erhielt Cardenal 1980 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2012 den spanischen Königin-Sofia-Preis für iberoamerikanische Literatur.

„Sandinist, Marxist und Christ“

Cardenal war eine der schillerndsten Figuren Lateinamerikas. Er nannte sich „Sandinist, Marxist und Christ“. Nach einem Literaturstudium in New York beteiligte sich Cardenal 1954 am ersten, gescheiterten Putsch gegen den Somoza-Clan. 1957 trat er in das Trappistenkloster Gethsemany im US-Bundesstaat Kentucky ein. Vor seiner Priesterweihe studierte Cardenal von 1961 bis 1965 in Mexiko und Kolumbien Theologie.

1966 gründete er auf der Insel Solentiname im Nicaragua-See eine an radikal-urchristlichen Idealen orientierte Gemeinschaft. Aus den dortigen Erfahrungen entstand sein wohl bekanntestes Buch, das „Evangelium der Bauern von Solentiname“.

1977 floh Cardenal nach Costa Rica und warb um Unterstützung für die Sandinisten. Zwei Jahre später wurden er und zwei weitere Priester Minister der neuen sandinistischen Regierung in Nicaragua. Gemeinsam mit dem verstorbenen österreichischen Schauspieler und Showmaster Dietmar Schönherr gründete Cardenal Ende der 1980er Jahre in seiner Geburtsstadt Granada eine Einrichtung, die europäische, indianische und afrikanische Kulturelemente miteinander ins Gespräch bringen will.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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