Legionäre Christi stellen sich sexuellem Missbrauch

Beim derzeitigen Generalkapitel der erzkonservativen römisch-katholischen Legionäre Christi in Rom soll es auch um mögliche Vertuschung und Versäumnisse im Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Vergangenheit gehen.

Das hat ein Sprecher der katholischen Ordensgemeinschaft auf Anfrage bestätigt. Ebenso stehen demnach Fragen der Opferhilfe und der aktuellen Ausbildung im Orden auf dem Programm. Die am Montag begonnene Versammlung von Mitgliedern der Ordensleitung und 48 Delegierten berät bis Ende Februar. Unter anderem finden Wahlen für die Leitungsämter statt.

Zum Auftakt des Generalkapitels hatten Medien erneut über einen ehemaligen Priester der Legionäre berichtet, der Anfang der 1990er-Jahre in Mexiko mehrere Mädchen zwischen sechs und elf Jahren sexuell missbraucht hat. Der Orden hatte Ende November eine Dokumentation des Falls veröffentlicht und Fehler eingeräumt.

Kleriker entlassen, Fälle nicht erledigt

Der Geistliche wurde nach einem kirchenrechtlichen Strafverfahren aus dem Klerikerstand entlassen, wie die Legionäre am 13. Jänner mitteilten. Zugleich erklärte der Orden, er werde weiterhin seine Verantwortung für den inzwischen 80-Jährigen wahrnehmen.

Der Sprecher des Ordens in Deutschland, Karl-Olaf Bergmann, sagte, in dem konkreten Fall aus Mexiko sei nicht mit weiteren relevanten Erkenntnissen zu rechnen. Auch mit Hilfe externer Gutachter habe der Orden eine „fundierte Übersicht“ der Faktenlage erlangt. Zugleich betonte der Sprecher, solange Opfer mit der Situation unzufrieden seien, sei so ein Fall „nie erledigt“. Auch eine Bestrafung des Täters könne „die Schuld nicht einfangen“.

Generationen- und Kurswechsel

Bergmann sagte, inzwischen habe in der Ordensleitung ein Generationenwechsel stattgefunden. Damit einhergegangen sei ein „Kulturwechsel“ in der Abkehr von einem zentralistischen Denken und der Einbindung von Laien in Leitungsstrukturen.

Positiv bewertete der Sprecher in dem Zusammenhang die Arbeit von Kurienkardinal Velasio De Paolis (1935-2017), der nach dem Bekanntwerden schwerer moralischer Skandale des Gründers der Legionäre, Marcial Maciel Degollado (1920-2008), in päpstlichem Auftrag 2010 eine Ermittlung im Orden geleitet und Reformen veranlasst hatte.

Der Ordensgründer hatte seit den 1960er Jahren Kinder missbraucht und mindestens fünf Kinder gezeugt. De Paolis sei es gelungen, die Leitung des Ordens auszuwechseln, ohne dass darüber die Gemeinschaft zerbrochen sei, sagte Bergmann.

„Unbequeme Wahrheiten“

Der Kardinal habe die Gemeinschaft der Legionäre „auf unbequeme Wahrheiten gestoßen“. Weiter habe er die wirtschaftliche Situation des Ordens durchleuchtet und die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs angestoßen, so der Sprecher. Auch das letzte Generalkapitel 2014, das Bergmann als Wendepunkt bewertet, sei durch die Vorarbeit von De Paolis zustande gekommen. Der Kardinal starb 2017.

Am vergangenen 21. Dezember hatte der Orden einen Report veröffentlicht, demzufolge 33 Priester der Gemeinschaft seit 1941 mindestens 175 Minderjährige sexuell missbraucht hatten. Ein früherer Priester der Legionäre, Christian Borgogno, kritisierte laut Medienberichten die Angaben als Versuch, die Schuld auf wenige zu konzentrieren und den Rest des Ordens weißzuwaschen. Dabei warf er auch De Paolis Versäumnisse vor.

religion.ORF.at/KAP

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