Ökumenischer Patriarch Bartholomaios wird 80

Der griechisch-orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel wird am 29. Februar 80 Jahre alt. Als weltweit anerkannter Theologe und Ökumeniker gilt sein Bemühen der Einheit der Weltorthodoxie und dem Dialog mit anderen Kirchen.

Als Nachfolger des Apostels Andreas trägt er den Titel „Ökumenischer Patriarch“, der ihn zum Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie mit ihren rund 300 Millionen Mitgliedern macht. Er ist der ranghöchste Würdenträger der orthodoxen Christenheit. Weltweite Anerkennung findet Bartholomaios I. auch für sein ökologisches Engagement, das ihm den Ehrennamen „Grüner Patriarch“ einbrachte. Erst kürzlich sprach er beim Weltwirtschaftsforum in Davos vor Regierungschefs und Wirtschaftsbossen.

Der „grüne Patriarch“ setzt sich aus orthodoxer Perspektive besonders gegen die Umweltzerstörung ein. Er organisierte sogenannte schwimmende Umweltschutzsymposien u.a. für das Schwarze Meer, die Ägäis, die Donau, die Adria, die Ostsee und den Amazonas, um den Dialog zwischen Wissenschaft und Religion zu fördern.

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I.

Reuters/Leonhard Foeger

Patriarch Bartholomaios I. feiert am 29. Februar Geburtstag

Mit Österreich ist Bartholomaios I. eng verbunden. 1999 kam er das erste Mal als Patriarch nach Wien. Zuletzt hat er der Bundeshauptstadt im April 2016 einen Besuch abgestattet. Am 27. Juni 2020 wird er zur Grundsteinlegung des orthodoxen Klosters im burgenländischen St. Andrä am Zicksee erwartet.

Gute ökumenische Beziehungen

Der Patriarch gilt als ökumenisch sehr aufgeschlossen. Mit Papst Benedikt XVI. (2005-2013), der ihn 2006 in Istanbul besuchte, sorgte er für eine Wiederaufnahme der Einigungsgespräche zwischen katholischer rund orthodoxer Kirche, die jahrzehntelang brach gelegen hatten. Mit Benedikts Nachfolger Franziskus gab Bartholomaios I. dem Gesprächsprozess weitere Impulse.

Zwischen den beiden stimmt auch die Chemie: Schon öfter besuchte der Patriarch den Papst im Vatikan - zuletzt im September 2019 - und als Papst Franziskus 2014 in die Türkei reiste, war eine Visite im Phanar (Sitz des Patriarchen in Istanbul) selbstverständlich. Legendär und wegweisend waren auch die gemeinsamen Besuche von Papst und Patriarch 2016 in Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos sowie 2014 in der Grabeskirche in Jerusalem. 2016 und 2018 nahm der Patriarch die Einladung des Papstes zu gemeinsamen Friedensgebeten in Assisi bzw. Bari an.

Während sich die ökumenischen Beziehungen gut entwickeln, steckt die Orthodoxie in einer internen Krise; so dürfte wohl auch der Moskauer Patriarch Kyrill I., dessen Kirche die Gemeinschaft mit Konstantinopel aufgekündigt hat, diesmal nicht zu den Gratulanten gehören.

Konflikt mit Moskau

2016 wollte Bartholomaios mit dem Panorthodoxen Konzil auf Kreta der Weltorthodoxie neue spirituelle, pastorale und strukturelle Impulse geben, doch blieben vier Kirchen, darunter die Russisch-orthodoxe, dem Konzil fern. Der Konflikt mit Moskau wurde noch wesentlich dramatischer, nachdem der Patriarch der orthodoxen Kirche in der Ukraine Anfang 2018 die Unabhängigkeit (Autokephalie) verlieh.

Aus vormals drei zerstrittenen Kirchen in der Ukraine wurden mit diesem Schritt zwei, wobei eine weiterhin dem Moskauer Patriarchat die Treue hält. Moskau stellte in Folge die Kirchengemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat ruhend. Dieser Konflikt zwischen der russischen Kirche und Konstantinopel stellt auch die übrigen orthodoxen Kirchen vor eine Zerreißprobe. Eine Entschärfung der Situation ist derzeit nicht in Sicht.

Mehr Erfolg hat Bartholomaios mit Kontakten außerhalb der Weltorthodoxie. Dem Theologen, der sieben Sprachen (darunter Deutsch) fließend spricht, ist es in seiner Amtszeit gelungen, Brücken zu den anderen christlichen Kirchen und monotheistischen Religionen zu bauen. Der promovierte Kirchenrechtler gilt als wichtiger Gesprächspartner für Islam und Judentum.

3,5 Millionen Gläubige direkt unterstellt

Seit 1991 ist Bartholomaios Patriarch der einstigen römischen Kaiserstadt am Bosporus und damit das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Wie dieses Amt auszufüllen ist, gehört zu den innerorthodoxen Streitpunkten: Während Bartholomaios die Rolle Konstantinopels als „Mutterkirche“ der Orthodoxie stark betont und die Koordinationsfunktion für die eigenständigen orthodoxen Kirchen beansprucht, wird ihm von Moskau und anderen der Vorwurf gemacht, damit das römisch-katholische Organisationsmodell kopieren zu wollen.

Als Ehrenoberhaupt verfügt Bartholomaios I. über keinerlei direkte Jurisdiktionsbefugnisse über die nationalen Kirchen. Die türkischen Behörden erkennen zudem die gesamtorthodoxen Aufgaben des Patriarchats nicht an; sie sehen in Bartholomaios I. lediglich den obersten Seelsorger der wenigen tausend in der Türkei verbliebenen griechisch-orthodoxen Christen. Während deren Zahl stetig sinkt, sind dem Patriarchat jedoch direkt rund 3,5 Millionen Gläubige in Teilen von Griechenland sowie in der Diaspora in Nord-und Südamerika, Mittel- und Westeuropa sowie in Australien unterstellt.

Geboren wurde Bartholomaios I. am 29. Februar 1940 als Dimitrios Archondonis auf der türkischen Insel Imbros. Er studierte zuerst an der orthodoxen Hochschule von Chalki und absolvierte dann weiterführende Studien am Päpstlichen Institut für Orientalische Studien der Gregorianischen Universität Rom, danach am Ökumenischen Institut in Bossey in der Schweiz und an der Universität München. Er promovierte in Kirchenrecht.

270. Nachfolger des Apostels Andreas

1961 wurde er zum Diakon geweiht und erhielt den Namen des Apostels Bartholomäus. Die Priesterweihe erfolgte 1969. In den Jahren 1968 bis 1972 war er Assistent des Direktors der Theologischen Hochschule von Chalki und danach bis 1990 Direktor des persönlichen Büros seines Vorgängers, des Ökumenischen Patriarchen Dimitrios. Im Jahre 1973 erfolgte seine Wahl zum Metropoliten von Philadelphia und im Jahre 1990 zum Metropoliten von Chalcedon.

Als Metropolit von Chalcedon wurde Bartholomaios I. 1990 ranghöchster Metropolit der Heiligen Synode und hatte den Vorsitz mehrerer Kommissionen, darunter die Bereiche Kirchenrecht und Ökumene. 1991 wurde er zum Ökumenischen Patriarchen und 270. Nachfolger des Apostels Andreas gewählt.

Sorge um Priesternachwuchs

Nicht nur innerhalb der Orthodoxie, sondern auch in der Türkei hat der Patriarch keinen leichten Stand: Als er 1991 zum Patriarchen gewählt wurde, durfte in der orthodoxen Theologische Hochschule Chalki auf Anordnung der türkischen Behörden schon seit 20 Jahren nicht mehr gelehrt werden; damit ist in der Türkei selbst seit fast 50 Jahren kein orthodoxer Priester mehr ausgebildet worden.

Und damit fehlt schlicht der Nachwuchs, wobei es auch mit geöffneter Hochschule schon schwer genug wäre, dürfte es in der gesamten Türkei doch nicht mehr mehr als höchsten 2.500 bis 3.000 griechisch-orthodoxe Christen geben. Viele ehemalige orthodoxen Kirchen werden vom türkischen Staat als Kulturdenkmäler angesehen, für die Feier eines Gottesdienstes braucht es spezielle Genehmigungen der Behörden.

religion.ORF.at/KAP/APA