Coronavirus-Krise: Ostern wird heuer anders

Zwar ist noch völlig offen, wie lange die Krise rund um das Coronavirus andauern wird, doch schon jetzt zeichnet sich ab: Ostern wird heuer anders gefeiert werden als gewohnt.

Heuer werden wohl viele Feiern abgesagt werden, und viele Menschen werden Ostern allein oder nur im engsten Familienkreis verbringen müssen. Die öffentlichen Gottesdienste wurden abgesagt, dafür Onlineangebote ausgebaut - mehr dazu in Service: Glaubenspraxis online in der CoV-Krise. Traditionelle Ostermärkte in Stiften und Gemeinden wurden abgesagt, und es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis das auch für andere Veranstaltungen rund um die Osterfeiertage der Fall sein wird.

In der Erzdiözese Wien gehe man derzeit mehrere Varianten durch, hieß es auf Anfrage von religion.ORF.at. Man müsse die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass auch die Kar- und Osterliturgien ohne großes Publikum ablaufen werden, hieß es von der Erzdiözese.

Ausweichen in Web, Radio, TV

Auch bei der Evangelischen Kirche in Österreich wartet man ab, wie sich die Dinge entwickeln werden, wie es am Mittwoch gegenüber religion.ORF.at hieß. Als einer von zwei wichtigsten Feiertagen sorgt gewöhnlich der Karfreitag für hohe Besucherzahlen im Gottesdienst - das wird heuer anders sein.

Palmbuschen

APA/Barbara Gindl

Ob es Palmweihen geben wird, ist heuer mehr als ungewiss

Einstweilen weist man in beiden Kirchen auf das umfangreiche Angebot via Internet, TV und Radio hin - viele Pfarren übertragen ihre Gottesdienste per Livestream.

Keine Pilgerströme ins Heilige Land

Auch im Heiligen Land ist durch die Coronavirus-Krise Ostern an heiligen Stätten heuer wohl anders als sonst: Gewöhnlich strömen rund um Pessach und Ostern Massen von Pilgerinnen und Pilgern ins Heilige Land - heuer ist das anders. Bethlehem ist komplett abgeriegelt, in Jerusalem haben die ersten Kirchen und Klöster ihre Tore für Besucherinnen und Besucher geschlossen.

Ostern 2020

Ostern findet in der katholischen und der evangelischen Kirche am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond statt. Der Ostersonntag fällt in diesem Jahr auf den 12. April.

Nur ein weiteres Beispiel von vielen: Erstmals seit 464 Jahren fällt heuer in Kolumbien die traditionelle Passionsprozession von Popayan wegen des Coronavirus aus.

Die Tradition der Osterprozession gilt als historisch bedeutsamste Veranstaltung des südamerikanischen Landes in der Karwoche. Dabei werden christliche Figuren und Standbilder aus den Kirchen durch die südkolumbianische Stadt getragen.

„Neue Modelle kirchlich-sakramentaler Präsenz“

Die katholische Kirche täte gut daran, die Gläubigen rechtzeitig darauf vorzubereiten, wie sie das kommende Osterfest würdig in den eigenen vier Wänden feiern kann, äußerte dazu etwa der emeritierte Innsbrucker Dogmatikprofessor Jozef Niewiadomski.

Es sei nicht absehbar, dass das verordnete und auch durch den „gesunden Menschenverstand“ gebotene „Social distancing“ bis Ostern beendet sei, sagte Niewiadomski in einer Stellungnahme gegenüber Kathpress. Daher solle man rechtzeitig über „neue Modelle kirchlich-sakramentaler Präsenz“ nachdenken - und vor allem Alternativen zur Gottesdienst(mit)feier vor dem Fernseher oder Bildschirm aufzuzeigen.

Die Betrachtung von Gottesdienstübertragungen könne nämlich „höchstens in der Logik vom ‚Nachtisch‘ verstanden werden“ - nicht jedoch als Ersatz für das Essen des eucharistischen Brotes, führte Niewiadomski weiter aus: Die Eucharistie im Fernsehen bzw. am Bildschirm bleibe letztlich bloßes Zeichen und verweise auf eine andernorts real gefeierte Eucharistie - insofern ersetze sie die Eucharistie nicht: „Die Dimension der Sakramentalität verlangt das Essen des eucharistischen Brotes“.

Gottesdienstübertragungen kein Ersatz

So verständlich die aktuellen Versuche daher auch seien, durch mediale Vermittlung gottesdienstliches Leben aufrecht zu erhalten, so klar müsse gesagt werden, dass dies nicht zu einem Verwischen der Unterschiede führen dürfe. Medial vermittelte Gottesdienste stünden „im Dienste der Entleiblichung von Kommunikation“ - die Eucharistie verfolge indes das genaue Gegenteil, nämlich die „Vergegenwärtigung der damals an konkreten Orten und in konkreter Zeit stattgefundenen Ereignisse“, so der Theologe weiter.

Papst Franziskus bei der Morgenmesse - wegen des Coronavirus allein

APA/AFP/Vatican Media/Handout

Auch Papst Franziskus feiert die Messe derzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Um an diese leibliche Dimension anzuknüpfen, schlägt Niewiadomski daher auch vor, im Blick auf Ostern an die „Tradition der seit Alters her gepflegten Kommunion für und mit den Kranken“ anzuknüpfen. Anders gesagt: „Die Bischofskonferenz müsste die Empfehlung geben, dass kirchlich gebundene Menschen in ‚ihren‘ Kirchengemeinden die Eucharistie für die Angehörigen holen“.

Vorsichtsmaßnahmen treffen

Dabei seien gewiss alle notwendigen hygienischen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen; eine solche Wiederbelebung einer alten Tradition würde aber eine doppelte Funktion erfüllen: Sie würde der befürchteten „Entleiblichung“ der sakramentalen Feier entgegenwirken und zudem „ein Zeichen der tagtäglich durch sie durchbrochenen sozialen Distanzierung darstellen“, so Niewiadomski abschließend.

Der Innsbrucker Theologe führte mit seiner Stellungnahme einen Gedanken fort, den sein Wiener Dogmatikkollege Jan-Heiner Tück jüngst aufgeworfen hatte, als er von einem „leisen Unbehagen“ an der zunehmenden „Virtualisierung“ von Gottesdiensten sprach. „Wir feiern Realpräsenz, nicht Virtual-Präsenz“, so Tück - mehr dazu in Theologe: „Leises Unbehagen“ mit Onlinemessen.

In dieselbe Kerbe schlugen auch einige Liturgiewissenschaftler, die sich am Mittwoch gegen „Geistermessen“ aussprachen - mehr dazu in Liturgiewissenschaftler gegen „Geistermessen“. Einstweilen muss man sich allerdings darauf einstellen, dass es erst einmal so bleiben wird.

gril, religion.ORF.at/KAP

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