Frauen und Priesteramt: Theologin findet Argumente

Was spricht gegen Priesterinnen in der katholischen Kirche? Wenig, wenn es nach der an der Universität Salzburg lehrenden Bibelwissenschaftlerin Marlis Gielen geht.

Die Theologin verweist in einem am Montag im Onlineportal katholisch.de veröffentlichten Gastbeitrag auf die frühchristliche Tauftradition. Von besonderer Bedeutung sei in diesem Zusammenhang eine Stelle aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater. Diese widerlege die geltende kirchliche Lehre, wonach nur männliche Priester den Mann Jesus Christus in der Eucharistiefeier repräsentieren könnten.

„Die ihr nämlich auf Christus getauft wurdet, habt Christus angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht männlich und weiblich“, zitiert die Wissenschaftlerin aus Kapitel 3 des Galaterbriefs.

Bezug auf „frühe Tauftheologie“

Zugleich gehe die „frühe Tauftheologie“ im Umfeld des Paulus davon aus, dass alle Christen mit der Taufe den Geist empfangen hätten und damit zu „Geistlichen“ geworden seien, was sie wiederum zu einer verantwortlichen Gestaltung des gemeinschaftlichen Lebens befähige.

Marlis Gielen

Marlis Gielen

Theologin und Bibelwissenschaftlerin Marlis Gielen

„Die Aufgabenschwerpunkte der Leitung lagen in den Bereichen Verkündigung und Gemeindeorganisation“, so Gielen. „Dagegen wird weder in den sieben authentischen Paulusbriefen noch in späteren Schriften des Neuen Testaments eine Leitungsfunktion bei der eucharistischen Mahlfeier der Gemeinden thematisiert, geschweige denn priesterlich definiert.“

Leitungsamt erst ab 2. Jahrhundert

Ein dreistufiges, hierarchisch gegliedertes Leitungsamt mit der Abfolge Diakon, Priester, Bischof lasse sich in Ansätzen erst nach der Wende zum 2. Jahrhundert erkennen. „Die Entwicklung verdankte sich offenkundig der notwendigen Anpassung kirchlicher Leitungsstrukturen an eine veränderte Lebenssituation der Christusgläubigen, um optimale Rahmenbedingungen für das innerkirchliche Leben wie für die Verbreitung des Evangeliums zu schaffen“, schreibt die Professorin für Neutestamentliche Bibelwissenschaft.

Amt muss Evangelisierung dienen

Aus dieser Entwicklung lasse sich ablesen, dass die Kirche im Laufe der Zeit ihre Leitungsstrukturen den jeweiligen Erfordernissen angepasst habe, argumentiert die Theologin. Das kirchliche Amt müsse der Evangelisierung dienen und sei nicht selbst Evangelium. Deswegen habe das Lehramt der katholischen Kirche „nicht nur die Vollmacht, sondern auch die Pflicht, dieses geschichtlich gewachsene Amt angesichts der Zeichen der Zeit im Vertrauen auf den göttlichen Geist so weiter zu entwickeln, dass es seinem Auftrag gerecht werden kann“. Im 21. Jahrhundert gehöre dazu, dieses Amt für Frauen „(wieder) zu öffnen“.

Die Diskussion um eine Zulassung von Frauen zur Priesterweihe hat in der katholischen Kirche unter anderem durch die von Papst Franziskus einberufene Amazonien-Synode sowie den von den deutschen Bischöfen angestoßenen Synodalen Weg zur Zukunft kirchlichen Lebens neuen Auftrieb erhalten. Allerdings hat Papst Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr1994 verbindlich erklärt, die Kirche habe keine Vollmacht, Frauen zu weihen.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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