Anselm Grün: Emotionen jetzt nicht verdrängen

Der Bestsellerautor und Benediktinerpater Anselm Grün rät dazu, bei Ausgangsbeschränkungen angesichts der Coronavirus-Pandemie die eigenen Emotionen nicht zu verdrängen.

"Es werden welche hochkommen, die muss ich aber mit Neugierde anpacken, sagte der bekannte Ordensmann in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gehe darum, den Sinn zu verstehen, so der Pater. Ärger etwa zeige, dass jemand eines anderen Menschen Grenzen überschritten habe. „Wenn ich jetzt diesen Ärger umwandeln will, heißt das: Ich brauche auch Zeit für mich selbst.“

Grün bringt am Dienstag im Freiburger Herder-Verlag das Buch „Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung“ heraus, zunächst als E-Book. Der Untertitel lautet: „So gelingt friedliches Zusammenleben zu Hause.“ Er als Mönch einer Benediktinerabtei wisse um das Problem des engen Zusammenlebens.

Pater Anselm Grün

Daniel Biskup

Benediktinerpater Anselm Grün

Sein Orden habe aber in mehr als 1.500 Jahren eine gute Balance zwischen Nähe und Distanz gefunden, „so dass sich die Leute nicht auf die Nerven gehen. Wir haben gelernt, uns auch mal in die Zelle zurückzuziehen, also Nischen zu finden, in denen man geschützt ist.“

„Braucht gute Grenzen“

Zum mittlerweile vielfach praktizierten Arbeiten von zu Hause aus sagte der Autor von derzeit mehr als 300 lieferbaren Büchern, es bestehe die Gefahr, dass sich Arbeit und Familie zu sehr vermischten. „Da braucht es gute Grenzen, klare Zeiten, in denen ich arbeite und Freiraum für die Familie. Nötig ist eine klare Unterscheidung.“

Die derzeitige Coronavirus-Krise werde zeigen, ob der Egoismus gewinne oder ob sie zu einem solidarischen Miteinander beitrage, so Grün. Er nehme wahr, dass derzeit sehr viele Menschen andere unterstützten. Und die Haltung „Ich schütze mich, um andere zu schützen“ sei ein Akt der Nächstenliebe. „Solidarität bekommt einen neuen Wert. Wenn ich das spüre, dann bekommt es einen Sinn.“ Wenn jemand keinen Sinn finde, werde er aggressiv.

„Spirituelle Trainingszeit“

Bereits vor rund zwei Wochen hatte sich der Mönch via Facebook zur Coronaviruskrise geäußert und allen Menschen unter Quarantäne empfohlen, diese Phase als „spirituelle Trainingszeit“ zu nutzen. Der Ordensmann erinnerte auch an den Zusammenhang von Quarantäne und Fastenzeit (lateinisch Quaresima). Beide Begriffe leiteten sich von der Zahl 40 ab. „Schiffe, die Pestkranke an Bord hatten, durften 40 Tage lang nicht in den Hafen einfahren.“

religion.ORF.at/KAP/KNA

Mehr dazu:

Link: