Missbrauch: Neue Ermittlungen gegen Kardinal Pell

Gegen den australischen Kardinal George Pell läuft eine neue polizeiliche Ermittlung. Medienberichten zufolge wirft erneut ein Mann Pell vor, von ihm in den 1970er Jahren sexuell missbraucht worden zu sein.

Videos australischer Medien zeigen, wie am Dienstag mindestens vier Polizeibeamte das Priesterseminar in Melbourne betraten, in dem der 78-Jährige seit seinem Freispruch durch Australiens Oberstes Gericht in der vergangenen Woche lebt. Unterdessen gab Pell sein erstes Interview seit seiner Freilassung.

Der frühere Erzbischof von Melbourne und Sydney sowie ehemalige Präfekt des vatikanischen Wirtschaftssekretariates hat immer wieder dementiert, Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht zu haben. Der australische High Court hatte in der vergangenen Woche Pells Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs zu sechs Jahren Haft aufgehoben. Nach Ansicht der Richter hatten die Geschworenen nicht ausreichend die Aussagen von Entlastungszeugen berücksichtigt.

Kardinal George Pell

APA/AFP/William West

Kardinal George Pell wurde im April freigesprochen und aus der Haft entlassen

Rechtsexperten betonten nach dem Aufhebungsurteil ausdrücklich, in dem Verfahren vor dem obersten Gericht sei es nicht um die Frage gegangen, ob Pell die Straftaten Mitte der 1990er Jahre begangen habe oder nicht, sondern um juristische Formfehler im Strafprozess sowie im nachfolgenden Berufungsverfahren.

Opfer eines Trends

Der ehemalige Berater des Papstes und Finanzchef des Vatikans wurde nach dem Urteil des obersten Gerichts am 7. April nach rund 13 Monaten in Haft aus einem Gefängnis in der Nähe von Melbourne entlassen. Am Ostermontag wurde ein erster Ausschnitt eines Interviews Pells mit dem Sender Sky News veröffentlicht. Es ist das erste Interview nach dem Freispruch des Kardinals. Dort sagte er, er wäre nicht überrascht, wenn er mit weiteren Anklagen sexuellen Kindesmissbrauchs konfrontiert würde. Das wäre ein Hinweis darauf, dass er Opfer eines Trends sei, Anklägern zu glauben.

„Vor 30 bis 40 Jahren ist das Pendel massiv gegen jeden, der sagt, er sei angegriffen worden, ausgeschlagen. Heutzutage wollen wir nicht, dass es zurück schwingt, so dass jede Anklage als reine Wahrheit angesehen wird, das wäre ziemlich ungerecht und unangebracht“, wurde Pell zitiert. Pell war der ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war.

Weitere Verfahren wahrscheinlich

In Melbourne waren bereits vor den jetzt bekanntgewordenen neuen Ermittlungen zivilrechtliche Klagen gegen Pell wegen des Missbrauchs Jugendlicher anhängig. Zudem sind strafrechtliche Verfahren wegen des Verdachts von Behinderung der Justiz bei seinen Aussagen vor dem staatlichen Missbrauchsausschuss wahrscheinlich.

Belege dafür könnten sich in den zwei Bänden des Abschlussberichts der Kommission finden, die nach dem jetzt abgeschlossenen Verfahren freigegeben werden sollen.

religion.ORF.at/APA/dpa

Mehr dazu:

Link: