Medien: Evangelikale agieren in Indigenengebieten

Die evangelikale Missionsbewegung „New Tribes Mission“ (NTM) soll laut Medienrecherchen ohne staatliche Erlaubnis in indigenen Gebieten im Amazonaswald tätig sein.

Mehrfach habe sie per Hubschrauber Dörfer im Reservat Vale do Javari angeflogen, berichtet die Zeitung „O Globo“ (Montag-Ausgabe, Ortszeit). In der Region soll es die höchste Dichte isoliert lebender Indigenengruppen weltweit geben. Wegen der Corona-Pandemie sind Kontakte mit ihnen derzeit untersagt.

Die staatliche Indigenenbehörde Funai bestätigte der Zeitung, keine Fluggenehmigungen in das Gebiet gegeben zu haben. Dagegen erklärte NTM, es liege eine Erlaubnis der Indigenen vom Volk der Marubos vor. Angesichts der Corona-Pandemie habe man die Missionare aus dem Gebiet ausgeflogen.

Missionar als Leiter von Indigenenbehörde

Anfang Februar war NTM in die Schlagzeilen geraten, weil einer ihrer Missionare, der Anthropologe Ricardo Lopes Dias, von Präsident Jair Messias Bolsonaro zum Leiter der Funai-Abteilung für unkontaktierte Völker ernannt wurde. Lopes Dias soll unter anderem im Vale do Javari ein Dorf für evangelisierte Indigene gegründet haben.

Die 1942 in Florida gegründete NTM, die in Österreich, Deutschland und der Schweiz unter dem Namen Ethnos360 aktiv ist, soll mit mehr als 3.000 Missionaren in zwei Dutzend Ländern aktiv sein. Ihren Auftrag sieht sie in der Missionierung von Völkern, für die es bislang keine Bibelübersetzung gibt, vor allem isoliert lebende Indigene.

Kritik: Krankheiten verbreitet

In der Vergangenheit geriet NTM mehrfach in die Kritik, da durch ihre Arbeit Krankheiten unter Indigenen verbreitet worden seien. In den 70er und 80er-Jahren sollen ihre Missionare den Tod von Mitgliedern des Nomadenvolkes Ayoreo in Paraguay verursacht haben. In den 90er-Jahren wurde NTM aus dem Amazonas-Teilstaat Para ausgewiesen, nachdem Indigene vom Volk der Zo’e starben.

Im Jänner hatte NTM mitgeteilt, einen Hubschrauber erworben zu haben, um in indigene Gebiete zu gelangen, die keine Landepiste für Kleinflugzeuge haben. Der Hubschrauber werde in Cruzeiro do Sul im Amazonas-Teilstaat Acre an der Grenze zu Bolivien und Peru stationiert, so NTM-Direktor Edward Luz. Die Funai hatte daraufhin erklärt, die Missionsbewegung habe keine Genehmigung, in Indigenengebiete zu fliegen.

Im 2001 gegründeten Reservat Vale do Javari leben auch mehrere isolierte Völker ohne Kontakt zur modernen Welt. Sie sind durch illegale Goldgräber, Jäger und Holzhändler bedroht. Ende 2019 zog die Funai ihre Mitarbeiter ab, nachdem diese mehrfach von Eindringlingen angegriffen worden waren. Daraufhin wurden Soldaten in das Gebiet geschickt.

religion.ORF.at/KAP/KNA