Benedikt XVI. kritisiert in Biografie Ehe Homosexueller

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. distanziert sich in einer neuen Biografie deutlich von Ehen zwischen Homosexuellen. „Vor hundert Jahren hätte es noch jedermann für absurd gehalten, von homosexueller Ehe zu sprechen.“

Heute sei gesellschaftlich exkommuniziert, wer sich dem entgegenstelle, so der ehemalige Papst. „Ähnliches gilt bei Abtreibung und für die Herstellung von Menschen im Labor“, sagte er in Interviews für die Biografie „Benedikt XVI. - Ein Leben“, die am Montag auf den Markt kommt.

„Die moderne Gesellschaft ist dabei, ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit gesellschaftlicher Exkommunikation bestraft wird. Die Furcht vor dieser geistigen Macht des Antichrist ist dann nur allzu natürlich.“ Nach Ansicht des früheren Kardinals Joseph Ratzinger liegt „die eigentliche Bedrohung der Kirche“ in einer „weltweiten Diktatur von scheinbar humanistischen Ideologien“.

Buchcover der Benedikt XVI-Biografie "Benedikt XVI.- Ein Leben".

Verlag Droemer

Buchhinweis

Peter Seewald, „Benedikt XVI.- Ein Leben“, 1.184 Seiten, Verlag Droemer, 39,10 Euro.

„Man will meine Stimme ausschalten“

Mit Blick auf Reaktionen auf seinen Beitrag über das Verhältnis von Christentum und Judentum für die theologische Zeitschrift „Communio“ im Jahr 2018 sieht er sich als Opfer einer „bösartigen Verzerrung der Wirklichkeit“.

„Der Spektakel an Reaktionen, der hernach von der deutschen Theologie kam, ist so töricht und so bösartig, dass man lieber nicht davon spricht. Die eigentlichen Gründe dafür, dass man einfach meine Stimme ausschalten will, möchte ich nicht analysieren“, so Benedikt gegenüber dem Autor der Biografie, Peter Seewald.

Kritiker werfen Benedikt vor, sich wie eine Art „Schattenpapst“ zu verhalten. Besonders laut wurde diese Kritik, als im vergangenen Jahr ein Beitrag von ihm in einem Buch von Kardinal Robert Sarah über den Zölibat erschien.

Freundschaft mit Papst Franziskus gewachsen

„Die Behauptung, dass ich mich regelmäßig in öffentliche Debatten einmische, ist eine bösartige Verzerrung der Wirklichkeit“, betont der 93 Jahre alte frühere Kardinal Joseph Ratzinger im Gespräch mit Seewald, das im letzten Kapitel der mehr als 1.000 Seiten umfassenden Biografie unter der Überschrift „Letzte Fragen an Benedikt XVI.“ aufgeführt ist.

Benedikt hat nach eigenen Angaben eine sehr gute Beziehung zu seinem Nachfolger Franziskus. „Wie Sie wissen, ist die persönliche Freundschaft mit Papst Franziskus nicht nur geblieben, sondern gewachsen.“

Jahrelange Recherchen

Peter Seewald kennt Joseph Ratzinger schon lange, er gilt als Vertrauter. Seine vier Gesprächsbücher mit ihm erschienen in 30 Sprachen. Auch für sein neues Buch hat Seewald viele Stunden mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. gesprochen. 1996 erschien das erste gemeinsame Buch „Salz der Erde“. Aufsehen erregte der Band „Letzte Gespräche“ 20 Jahre später. Jetzt bringt Seewald eine Biografie über Ratzinger auf den Markt, sein „Opus Magnum“. Mehr als 2.000 Fragen habe er dem Kirchenmann über die Jahre gestellt.

Papst Franziskus und der emeritierte Papst Benedikt XVI.

APA/Handout/Vatican Media

Papst Franziskus besucht den früheren Papst Benedikt XVI. immer wieder, auf dem Bild zu dessen 92. Geburtstag im vergangenen Jahr

Für Small Talk sei in den Gesprächen mit dem Papst aber kaum Zeit gewesen, erzählte Seewald im Interview der Deutschen Presse-Agentur in München. Die Treffen seien auch immer ganz pünktlich zu Ende gegangen - „weil Ratzinger als Kardinal und als Papst – und da ist er fast unbarmherzig - akkurat dann aufhört, wenn die vereinbarte Zeit abgelaufen ist. Da wartet dann der Mittagstisch.“

Kein „Panzerkardinal“ oder „Schattenpapst“

Seewald findet Bezeichnungen wie „Panzerkardinal“ und „Schattenpapst“ für Benedikt XVI. jedenfalls nicht zutreffend. Der entscheidende Punkt in der neuen Biografie sei, dass das Bild vom „Panzerkardinal“, von einem Mann des Rückschritts und ähnliche Klischees, ein Zerrbild sei. Das „Trauma“ von Tübingen, wonach Ratzinger - geschockt von den 68er Revolten - seine Progressivität aufgegeben habe, sei eine Legende. So lautet eine der Kernthesen des Buches. „Ratzinger ist ein modern denkender Mensch geblieben“, so Seewald.

Zuletzt sei das deutlich geworden im Akt seiner Demission, der das Papsttum verändert hat. „Er blieb freilich immer auch unbequem, jemand, der sich nicht einfach anpasst. Das hat ihn zur Zielscheibe gemacht“, so der Biograf. Die dpa-Journalistin Britta Schultejans analysiert das Buch so: „Seewalds Biografie enthält viele neue Details zum Leben des ‚deutschen Papstes‘. Fraglich ist allerdings, ob sie sein Bild in der Öffentlichkeit und in der Geschichtsschreibung nachhaltig verändern wird. Dafür steht der Autor seinem Protagonisten vielleicht doch zu nahe.“

religion.ORF.at/dpa

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