Mauthausen-Gedenkfeier: Auftakt mit Gottesdienst

Die traditionelle Gedenkveranstaltung am Sonntag aus Anlass des Jahrestags der Befreiung des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Mauthausen findet wegen der Coronavirus-Pandemie nur in virtueller Form statt.

Den Auftakt bildet, wie jedes Jahr, ein ökumenischer Gottesdienst in der Kapelle der Gedenkstätte. Beginn ist um 10.15 Uhr. Im Anschluss findet ab 11.00 Uhr die einstündige Gedenkfeier mit Zeitzeugen-Statements, Videobeiträgen und Musik statt. Die Befreiung des KZ Mauthausen und der Nebenlager durch US-Truppen Anfang Mai 1945 jährt sich heuer zum 75. Mal.

Dem Gottesdienst werden der Linzer Bischof Manfred Scheuer, der evangelische Bischof Michael Chalupka und der orthodoxe Priester und Militärseelsorger Alexander Lapin vorstehen. Der Gottesdienst kann online auf der Website des Mauthausen-Komitees mitgefeiert werden, zudem überträgt der oberösterreichische Privat-TV-Sender LT1.

Rund 15 Zeitzeugen

Die im Anschluss stattfindende und vom Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) gestaltete Befreiungsfeier wird auf ORF III und ebenfalls im Web gezeigt. Neben rund 15 Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wird auch Europaparlamentspräsident David Sassoli in einem Videobeitrag sprechen.

Mauer der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

APA/Rubra

Heuer wird das Gedenken virtuell stattfinden

Die Veranstaltung steht heuer unter dem Motto „Menschlichkeit ohne Grenzen“. Nachdem weit über 90 Prozent der Opfer weder Deutsche noch Österreicher waren, habe für das MKÖ das Gedenken an die Opfer des Konzentrationslagers Mauthausen und seiner Außenlager einen hohen internationalen Stellenwert, hieß es in einer Aussendung. Demgemäß beginnt die virtuelle internationale Befreiungsfeier mit einer internationalen Begrüßung und der Verlesung des Mauthausen-Schwurs in verschiedenen Sprachen.

Traditioneller Bestandteil der Veranstaltung ist auch eine Jugendgedenkfeier. Diese kann heuer ebenfalls nur virtuell stattfinden. Sie wird bereits ab 9.00 Uhr im MKÖ-Livestream übertragen.

Virtuelles Fest der Freude

Bereits zum achten Mal veranstaltet das MKÖ heuer am 8. Mai das „Fest der Freude“. Auch dieses Fest im Gedenken an die Opfer und die Freude über die Befreiung von der NS-Terrorherrschaft kann heuer aber nur virtuell stattfinden und nicht wie üblich am Wiener Heldenplatz. Übertragen wird am Freitag, 8. Mai, ab 18.00 Uhr auf ORF III und im MKÖ-Livestream. Prominentester Redner ist Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Auch die Wiener Symphoniker werden mit einem Beitrag vertreten sein.

Als Zeitzeugin wird heuer Erika Kosnar sprechen. Sie stammt aus einer Wiener Arbeiterfamilie jüdischen Glaubens. Ihre Mutter konvertierte 1931 zum Judentum. Ab 1938 musste Erika Beschimpfungen, Schikanen und Gewalt erleiden. Unter anderem dank des zivilen Muts ihrer Mutter überlebte sie den Nazi-Terror in Wien.

Befreiungsfeiern 2020 in ganz Österreich

Am 3. Mai 1945 flohen die letzten SS-Angehörigen aus den Lagern Mauthausen und Gusen. Am 5. Mai traf ein Spähtrupp der US-Armee in Gusen und Mauthausen ein, am darauffolgenden Tag befreiten Einheiten der 3. US Army etwa 40.000 Gefangene dieser Lager endgültig.

Seit 1946 werden die Gedenk- und Befreiungsfeiern in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und an Orten der ehemaligen Außenlager von den Überlebenden bzw. deren Verbänden organisiert und durchgeführt. Als Nachfolgeorganisation der Österreichischen Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) hat das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) diese Aufgabe übernommen. Die ersten Überlebenden, die in größeren Gruppen nach Mauthausen zurückkehrten, waren französische KZ-Überlebende. Neben den Franzosen kamen aus sehr vielen anderen Nationen regelmäßig Gruppen für ihr nationales Gedenken nach Mauthausen, sofern es die aktuelle politische Lage in den jeweiligen Heimatländern zuließ.

So kehrte etwa in den 1970er Jahren eine Gruppe Überlebender aus Prato in Italien in das KZ Ebensee zurück. Aus den Stollen von Ebensee, wo sie als ehemalige Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten, nahmen sie verschiedenste Gegenstände – Häftlingskleidung, Werkzeuge, Folterwerkzeuge - nach Italien mit. Diese und weitere Gegenstände sind heute im Museo della Deportazione e della Resistenza in Prato in Italien ausgestellt. Das Museum veranstaltet sonst in jedem Jahr eine Reise für Schülerinnen und Schüler aus der Toskana, um an den Befreiungsfeiern in Mauthausen, Ebensee, Gusen und Hartheim teilzunehmen. Außerdem ist das Museo della Deportazione seit 2008 Einsatzstelle des Vereins Österreichischer Auslandsdienst, der junge Menschen in Länder auf der ganzen Welt schickt, um dort einen Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienst zu leisten.

Über 110 Gedenkveranstaltungen

Seit 2006 widmen sich die Feierlichkeiten jedes Jahr einem speziellen Thema, das in Beziehung zur Geschichte des KZ Mauthausen bzw. zur NS-Vergangenheit Österreichs steht.

Neben der Befreiungsfeier in Mauthausen gibt es jedes Jahr mehr als 110 Gedenkveranstaltungen an Orten ehemaliger Außenlager des KZ Mauthausen und anderen Orten nationalsozialistischen Terrors in ganz Österreich. Der Großteil dieser Veranstaltungen wird von lokalen Vereinen und Initiativen in enger Zusammenarbeit mit dem MKÖ organisiert. Viele davon wurden und werden heuer ins Internet verlegt.

religion.ORF.at/KAP

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