D: Bischöfe distanzieren sich von CoV-Schreiben

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich von einem Schreiben gegen Coronavirus-bedingte Beschränkungen distanziert, das auch der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller unterzeichnet hat.

„Die Deutsche Bischofskonferenz kommentiert grundsätzlich keine Aufrufe einzelner Bischöfe außerhalb Deutschlands. Allerdings füge ich hinzu, dass sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Bischofskonferenz grundlegend von dem veröffentlichten Aufruf unterscheidet“, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, am Samstag zur Deutschen Presse-Agentur. Auch die Laienbewegung „Wir sind Kirche“ kritisierte das Schreiben.

In dem Text unter dem Titel „Ein Aufruf für die Kirche und für die Welt - an Katholiken und alle Menschen guten Willens“ mit Datum 7. Mai werden die Maßnahmen gegen das Coronavirus scharf kritisiert. Darin heißt es: „Es sind Tatsachen, dass unter dem Vorwand der Covid-19-Epidemie in vielen Fällen unveräußerliche Rechte der Bürger verletzt und ihre Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt eingeschränkt wurden, einschließlich des Rechts auf Religionsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit.“

Warnung vor „Schaffung einer Weltregierung“

Und weiter: Man habe Grund zu der Annahme, „dass es Kräfte gibt, die daran interessiert sind, in der Bevölkerung Panik zu erzeugen“. Deren Ziel sei, dauerhaft „Formen inakzeptabler Freiheitsbegrenzung und der damit verbundenen Kontrolle über Personen und der Verfolgung all ihrer Bewegungen“ durchzusetzen. „Diese illiberalen Steuerungsversuche sind der beunruhigende Auftakt zur Schaffung einer Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht.“

Kardinal Gerhard Ludwig Müller

Reuters/Alessandro Bianchi

Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller unterzeichnete ein Schreiben, das in den Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus eine Weltverschwörung sieht

Kardinal Müller verteidigte seine Unterschrift am Sonntag. „Natürlich haben interessierte kirchliche Kreise diesen Vigano-Text benutzt, um daraus Empörungskapital gegen ihre vermeintlichen Gegner zu schlagen“, sagte er der katholischen Zeitung „Tagespost“ (Würzburg). „Jeder nennt jetzt jeden Andersdenkenden Verschwörungstheoretiker.“

Müller: „Text bewusst missverstanden“

Der Text werde bewusst missverstanden, er verstehe ihn als Aufruf zum sorgfältigen Umgang mit den publizistischen und politischen Nebenwirkungen, die die Pandemie in einigen nicht-demokratischen Ländern haben könne.

Der Aufruf ist eine Initiative des früheren Päpstlichen Botschafters in den USA, Erzbischof Carlo Maria Vigano. Kardinal Müller war von 2012 bis 2017 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. Er hatte sich zuletzt auch gegen Gottesdienstverbote wegen Corona ausgesprochen. Im Februar hatte Müller die Entscheidungsfindung beim Synodalen Weg der katholischen Kirche mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten verglichen und damit Empörung ausgelöst.

Auch dem Papst kritisch gegenüber

Vigano und mehrere andere Kardinäle gehören zu den erzkonservativen Kritikern von Papst Franziskus. Der Italiener hatte unter anderem den Vatikan der Mitwisserschaft in einem Missbrauchsskandal beschuldigt und Franziskus zum Rücktritt aufgefordert. Auch Müller ist auf den Papst nicht gut zu sprechen. Dieser hatte seinen Vertrag als Chef der mächtigen Kongregation nicht verlängert.

Franziskus hat selbst immer wieder Stellung zu der Viruskrise genommen. Gottesdienste ohne Menschen bezeichnete er als „gefährlich“. Als Vorsichtsmaßnahme wegen der Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 seien Gottesdienstverbote der Not geschuldet. Er rief die Menschen immer wieder auf, die Regeln zur sozialen Distanz zu wahren.

Wir sind Kirche: „Rechtspopulistische Kampf-Rhetorik“

Die Bewegung „Wir sind Kirche“ kritisierte das Schreiben ebenfalls. Man sei entsetzt darüber, wie verantwortungslos sich bekannte Kirchenmänner zu Handlangern von Verschwörungstheoretikern machen ließen. Die Papst-Gegner könnten nicht mehr ernst genommen werden. Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, schrieb bei Facebook, er sei „einfach nur fassungslos, was da im Namen von Kirche und Christentum verbreitet wird: Krude Verschwörungstheorien ohne Fakten und Belege, verbunden mit einer rechtspopulistischen Kampf-Rhetorik, die beängstigend klingt“.

religion.ORF.at/dpa

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