Wieder Debatte um Hagia Sophia

Nach neuerlichen türkischen Debatten über eine Umwidmung der Istanbuler Hagia Sophia in eine Moschee hat der griechische Vize-Außenminister Miltiadis Varvitsiotis entsprechenden Forderungen eine klare Absage erteilt.

Am Status der Hagia Sophia sei keinerlei Veränderung akzeptabel, betonte Varvitsiotis am Montag in einem Interview. Die Hagia Sophia sei Bestandteil des Welterbes, sie könne nicht neo-osmanisch uminterpretiert werden, sagte der griechische Politiker laut einem Bericht des Pro-Oriente-Informationsdiensts vom Dienstag.

Varvitsiotis erinnerte daran, dass Mustafa Kemal Atatürk als Staatsgründer der türkischen Republik die Hagia Sophia 1935 bewusst ihres religiösen Charakters entkleidet habe. Jeder Versuch einer Re-Islamisierung müsse auch zu einer weiteren Isolierung der Türkei im Europarat führen, dessen Vorsitz Griechenland derzeit innehabe, so der Athener Vize-Außenminister.

Tweet sorgte für Wiederaufflammen der Debatte

Die Stellungnahme von Varvitsiotis erklärt sich aus der Diskussion um einen Tweet des Kommunikationsdirektors der türkischen Präsidentschaftskanzlei, Fahrettin Altun. Dieser hatte ein Bild der Hagia Sophia gepostet und den Satz dazugestellt: „Wir vermissen sie. Aber habt Geduld. Wir werden es gemeinsam wieder zustande bringen.“

Die Hagia Sophia in Istanbul

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Immer wieder flammen Ideen auf, die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umzuwandeln

Die Twitter-Nachricht führte zu breiter Berichterstattung über die Hagia Sophia in der türkischen Presse, einschließlich der Feststellung, dass das türkische Volk mit „Ungeduld“ erwarte, dass der Bau wieder eine Moschee werde. Daran wurden Spekulationen geknüpft, dass die Hagia Sophia am 29. Mai - dem Jahrestag der Eroberung der oströmischen Hauptstadt durch die Osmanen - vom Museum zur Moschee umgewandelt werden könnte.

Museum für alle

Das Thema wird in der türkischen Innenpolitik immer wieder hochgespielt. Staatschef Recep Erdogan stellte etwa im Vorjahr kurz vor den Gemeinderatswahlen in Istanbul fest, dass die Umwandlung der Hagia Sophia zur Moschee eine „Erwartung der ganzen türkischen Nation und der muslimischen Welt“ sei.

Die im 6. Jahrhundert auf Anordnung von Kaiser Justinian dem Großen errichtete Hagia Sophia war das Zentrum der orthodoxen Christenheit und wurde nach der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen in eine Moschee umgewandelt. 1935 machte Staatsgründer Atatürk aus dem Gotteshaus ein Museum. Die Ayasofya, wie sie auf Türkisch heißt, sollte damit allen Religionen offen stehen.

Hoffnung für Kloster Sumela

Während in Sachen Hagia Sophia wieder gestritten wird, zeichnet sich im Hinblick auf das Kloster Sumela südlich von Trapezunt eine positive Entwicklung ab. Zunächst hatte es geheißen, auch heuer werde der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. am großen Marienfest am 15. August nicht in Sumela zelebrieren können, weil die Restaurierungsarbeiten „noch andauern“.

Das direkt an einen Felsen gebaute orthodoxe Kloster Sumela im Nordosten der Türkei.

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Das orthodoxe Kloster Sumela im Nordosten der Türkei wird seit fünf Jahren restauriert

Inzwischen hat der türkische Kulturminister Mehmet Nuri Ersoy aber angekündigt, er hoffe, dass das Kloster in einem wild zerklüfteten Bergtal rechtzeitig - „Ende Juni, Anfang Juli“ - vor dem Fest der „Entschlafung der Muttergottes“ wieder zugänglich gemacht werden kann.

Restaurierungsarbeiten verzögert

Die Beendigung der seit fünf Jahren andauernden Restaurierungsarbeiten sei durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie verzögert worden. In dem engen Bergtal habe es außerdem viele Erdrutsche gegeben, der Einsatz von spezifisch ausgebildeten Arbeitertrupps sei notwendig gewesen, so der Minister.

Von 2010 bis 2015 hatte Bartholomaios I. alljährlich in Sumela die Göttliche Liturgie feiern können. Orthodoxe Gläubige aus allen Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres, aber auch aus der ganzen orthodoxen Diaspora waren aus diesem Anlass jeweils nach Sumela gekommen.

religion.ORF.at/KAP

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