Schönborn: Kein Kniefall vor Regierung

Kardinal Christoph Schönborn hat am Mittwoch im Kathpress-Interview zur Coronavirus-Krisenbewältigung der katholischen Kirche Stellung genommen und skizziert, welche Lehren die katholische Kirche aus den vergangenen Wochen und Monaten ziehen könnte.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz sagte, dass die Beschränkungen der religiösen Praxis kein Kniefall vor der Regierung waren. „Sie waren getragen von der gemeinsamen Verantwortung für das Wohl unseres Landes, um eine Explosion der Pandemie zu vermeiden“, so Schönborn.

Das sei von manchen Gläubigen nicht so gesehen worden. Dies gelte aber nicht nur für die Kirche, sondern generell in der Gesellschaft. Schönborn: „Es gibt natürlich Gruppen, die finden, die Maßnahmen waren übertrieben, es war alles nicht so schlimm, es hätte alles nicht so drastisch zurückgefahren werden müssen.“

Gegenfrage: „Wie sähe es aus?“

Die Gegenfrage laute freilich: „Wie sähe es aus, wenn der exponentielle Anstieg der Infektionen weitergegangen wäre? Wie sähe es aus, wenn das Gesundheitssystem einfach zusammengebrochen wäre? Wie sähe es aus, wenn man hätte beginnen müssen, wie das in anderen Ländern der Fall war, zu selektieren und manche Personen nicht mehr zu handeln?“

Im Nachhinein sei es leicht zu sagen „Warum habt ihr so rigoros gehandelt?“. Aber, so der Kardinal: „Das ist nicht der Geist der Dankbarkeit und auch nicht der Achtsamkeit und der Wertschätzung.“ Er sprach damit jene sieben Grundhaltungen an, die die heimischen Bischöfe in ihrem aktuellen Hirtenwort als wegweisend für eine gute Zukunft des Landes sehen: Dankbarkeit, Verbundenheit, Solidarität, Wertschätzung, Achtsamkeit, Lebensfreude und Vertrauen.

Viel Echo auf Gottesdienstübertragungen

Relativ gut gelungen sei im Krisenmodus sicherlich die Intensivierung der digitalen Präsenz, vor allem auch im Blick auf die Gottesdienste, sagte Schönborn im Rückblick auf die vergangene Zeit. „Ich habe das selber erlebt mit Hunderten Gläubigen, die täglich an der Übertragung des Gottesdienstes aus der Andreas-Kapelle im Erzbischöflichen Palais teilgenommen haben. Es hat viele positive Echos gegeben“, so der Kardinal.

Die Morgenmesse von Kardinal Christoph Schönborn wird live im Internet übertragen

APA/Barbara Gindl

Die Kirche habe ihre digitale Präsenz intensiviert, so Schönborn

Viele Gemeinden würden das Live-Streaming in der einen oder anderen Form beibehalten, zeigte sich Schönborn überzeugt. Und das gelte auch für die Messübertragungen aus der Andreas-Kapelle. Zwar werde man mit der derzeitigen Übertragungsform mit Pfingsten aufhören, „aber ich überlege schon, ein einfaches System einzurichten, mit dem relativ leicht und nicht mit so großem Aufwand wie jetzt Gottesdienste auch aus der Bischofskapelle übertragen werden können“.

„Was haben wir jetzt gelernt?“

Wichtig sei jetzt für die Kirche, ganz grundsätzlich aus den Erfahrungen der Krise zu lernen, und zwar ohne Überstürzung und Übereilung. Schönborn: „Es geht jetzt nicht darum, einfach selbstverständlich dort anzuknüpfen, wo wir vorher waren. Natürlich, der Gottesdienst wird wieder der Gottesdienst sein. Die Pfarrgemeinden werden wieder die Pfarrgemeinden sein.“

Aber man müsse sich auch hinsetzen, „im Gebet, im Gespräch und fragen: ‚Was haben wir jetzt gelernt? Was ist wirklich wichtig in einer solchen Situation? Was ist unsere Aufgabe als Christen in einer Gesellschaft, die jetzt - und das betrifft uns alle - durch eine schwierige Zeit gehen wird? Was ist da unsere Aufgabe als Christen?‘“, so Schönborn.

Intensivierung der „Hauskirche“

Wiewohl es noch lange keine fertigen Erkenntnisse gibt, wollte Schönborn doch schon einige Anknüpfungspunkte nennen. Neben der Digitalisierung sei dies etwa auch die Intensivierung der Hauskirche. „Und wir haben auch gelernt, und das ist ein wichtiger Punkt, dass das Gebet und Stille uns einfach gut- und nottun.“ Für viele Menschen habe sich zudem das Leben verlangsamt. „Und diese Entschleunigung sollten wir nicht einfach wieder verlieren.“

religion.ORF.at/KAP

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