Trumps Bibelfoto spaltet Evangelikale in USA

Der Auftritt von US-Präsident Donald Trump vor der historischen Saint John’s Church mit einer Bibel in der Hand löst unterschiedliche Reaktionen im evangelikalen Lager aus.

Nach Meinung vieler Expertinnen und Experten wollte der Präsident mit der umstrittenen Geste vor allem seine evangelikalen Wähler mobilisieren. Das gelang ihm nur zum Teil. Die Botschaft des Präsidenten sei „Ich werde euch beschützen“, lobte der Präsident des Kongresses christlicher Führer, Johnnie Moore. Trump habe sich damit der Anarchie widersetzt.

Ähnlich sieht es Robert Jeffress, der Leiter der First Baptist Church in Dallas, der einer der engsten evangelikalen Berater des Präsidenten ist. Die symbolische Geste sei „völlig angemessen“. Das Hochhalten der Bibel erinnere daran, dass Gott den Rassismus hasse, „aber Gott hasst auch die Gesetzlosigkeit“.

Trump mit Bibel

APA/AFP/Brendan Smialowski

US-Präsident Donald Trump bei dem umstrittenen Bibel-Auftritt

Auch evangelikale Kritik

Kritiker unter den Evangelikalen, die zu Trumps treuesten Verbündeten zählen, werfen ihm vor, er habe moralisch falsch gehandelt. Es sei nicht akzeptabel, friedliche Demonstranten mit Gummigeschoßen und Tränengas zu vertreiben, so der einflussreiche Präsident der Kommission für Ethik- und Religionsfreiheit der Southern Baptist Church, Russel Moore.

Auf Distanz zu Trump geht auch der 90-jährige TV-Prediger Pat Robertson. Statt Worte der Anteilnahme zu finden, habe der Präsident „einen anderen Kurs eingeschlagen“. Seine „Recht und Ordnung“-Botschaft sei nicht das, was in dieser Situation geboten sei.

Geschlossene Unterstützung nötig

Zur Wiederwahl benötigt der Präsident vermutlich die geschlossene Unterstützung der Evangelikalen. Vor vier Jahren konnte sich Trump in einigen Bundesstaaten nur knapp behaupten. In der Pandemiekrise hatte er zuletzt an Zustimmung unter christlich-konservativen Wählern verloren.

Trumps designierter Herausforderer bei den Präsidentschaftswahlen, Joe Biden, und mehrere Kirchenvertreter hatten Trumps Auftritt in Washington ebenfalls kritisiert. Wer friedliche Demonstranten vor dem Weißen Haus mit Tränengas vertreibe, um sich einen Weg zur Kirche zu bahnen, der sei mehr an der Macht als am Wohl der Menschen interessiert, sagte Biden.

Die Bischöfin der Episkopalkirche, Mariann Budde, zeigte sich „empört“ über die Nutzung des Gotteshauses als politische Kulisse. „Er kam nicht, um zu beten“, kritisierte sie das Vorgehen Trumps: "Alles, was er sagt und tut, ist, Gewalt zu provozieren.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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