Bischöfe bauen Sozialakademie um - Scharfe Kritik

Der Plan der Bischöfe, die Katholische Sozialakademie (ksoe) zu sanieren und umzubauen, zieht Kritik nach sich: Man entledige sich des sozialethischen Thinktanks, heißt es etwa. Die Bischöfe weisen das zurück, die ksoe habe zudem selbst um die Sanierung gebeten.

Die Katholische Sozialakademie Österreichs, eine der Katholischen Soziallehre verpflichteten Einrichtung für Erwachsenenbildung, soll wegen anhaltender finanzieller Probleme innerhalb eines Jahres saniert und inhaltlich neu ausgerichtet werden, wie die römisch-katholische Nachrichtenagentur Kathpress am Donnerstag berichtete.

Für die Sanierung wurde Unternehmensberater Julien Fenkart neben der bisherigen Direktorin Magdalena Holztrattner als zweiter Direktor eingesetzt. Wie viele Teammitglieder - viele davon Frauen - der ksoe nach dem Sanierungsprozess noch einen Arbeitsplatz haben werden, ist derzeit noch unklar. Für die inhaltliche Neuaufstellung sind neben Bischof Werner Freistetter auch die Bischöfe Hermann Glettler und Bischof Josef Marketz zuständig. Die ksoe solle „neu gedacht und als Institution neu definiert werden“, die Marke ksoe aber erhalten bleiben, sagte Freistetter.

Verlust kritischer Stimme befürchtet

Die Nachricht von den Plänen der Österreichischen Bischofskonferenz führt, wie ein Blick in soziale Medien zeigt, bereits zu Kritik unter Katholikinnen und Katholiken. Eine kritische, unbequeme Stimme könnte verstummen, eine wichtige Bildungsinstitution kaputtgespart werden, so der Tenor.

Veronika Pernsteiner, ehemalige Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, schrieb auf Facebook: „Welche Kräfte wirken da in der Biko bzw. welche Kräfte wirken auf die Biko ein, dass eine fundierte Einrichtung der Katholischen Kirche Österreichs mit einer professionell und hochqualifizierten Direktorin so zurecht gestutzt wird?“. Wenn diese Bildungsarbeit dazu diene, „das Evangelium ins Heute zu übersetzen“, sei es umso fragwürdiger, wenn die Bischofskonferenz „das niedersparen will“.

Österreichs Bischöfe

APA/Barbara Gindl

Österreichs Bischöfe haben beschlossen, die ksoe neu aufzustellen

„Fatales Signal“

Die ksoe beschäftigt sich etwa mit alternativen Wirtschaften, sozialer Gerechtigkeit sowie Partizipation. Zuletzt forderte die Organisation vor allem angesichts der Coronavirus-Krise ein Grundeinkommen. Kritik an ihrem Umbau kommt auch von der Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung Österreichs (KABÖ). Die Katholische Kirche entledige sich ihres sozialethischen Thinktanks - „und dies gerade in Zeiten schwerwiegender sozialer Problemlagen“, kritisierte KABÖ-Bundesvorsitzende, Anna Wall-Strasser​​​​​​​​, auf Facebook.

Sendungshinweis

  • „Religion aktuell“, 03.7.2020, 18.55 Uhr, Ö1
  • „Praxis“, 08.7.2020, 16.05 Uhr, Ö1

„Worin die ‚Neuausrichtung‘ bestehen soll ist unklar – offensichtlich soll der sozialen Botschaft, wie sie aktuell auch Papst Franziskus vertritt, die Spitze genommen werden“, so der Vorwurf der KABÖ. Es sei „ein fatales Signal, das die Bischofskonferenz hier setzt“, so Wall-Strasser​​​​​​​​. Zu befürchten sei, dass viele engagierte Katholikinnen und Katholiken der Kirche den Rücken kehren werden.

Sorge für Bischöfe unbegründet

Die Chefredakteurin der Wochenzeitung Furche, Doris Helmberger-Fleckl, schrieb über die Neuaufstellung auf Facebook: „So etwas hat oft nicht gut geendet. Man darf hoffen, dass die Katholische Kirche durch diesen überraschenden Schritt der Bischöfe nicht um ihren zentralen sozialpolitischen Thinktank gebracht wird.“

Eine Gefahr, die der Mediensprecher der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, nicht sieht. Es gehe um eine grundlegende Neudefinition und eine zeitgemäße Neuaufstellung, aber die ksoe solle als „Kompetenzzentrum für die katholische Soziallehre“ erhalten bleiben, sagte er im Gespräch mit religion.ORF.at. Es gebe zudem eine Reihe von katholischen Sozialeinrichtungen, die die Soziallehre vermitteln und praktisch umsetzen, etwa die Caritas und die Katholische Aktion.

ksoe um Sanierung gebeten

Handeln sei nun jedenfalls bei der ksoe gefragt. „Wir haben hier ein Problem. Es gibt einen Sanierungsbedarf“, sagte Wuthe. Die Lage sei so ernst, dass die Gremien der ksoe selbst „mit der Bitte um Sanierung“ an die Bischofskonferenz herangetreten seien. Dass der Grund für die Neuaufstellung der Einrichtung für Erwachsenenbildung finanzielle Probleme seien, die sich durch die Coronavirus-Krise noch verschärft hätten, hatte auch Bischof Freistetter am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress erklärt.

Dass es finanzielle Schwierigkeiten gibt, bestätigt auch das Kuratorium der ksoe. Die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung wirke sich auch negativ auf die Bildungseinrichtung aus. Das Kuratorium, das die ksoe-Direktion berät, erklärte zudem „ausdrücklich“ am Umbau der Bildungseinrichtung mitarbeiten zu wollen. Die ksoe solle „erhalten bleiben, jedoch weiterentwickelt und neu definiert werden“.

Kritik in DNA

In der Aussendung wurde auch auf Grundsätze hingewiesen und damit auch klar skizziert, was sich in der ksoe nicht verändern dürfe: „In die DNA der Soziallehre ist eingeschrieben, kritisch zu hinterfragen, ob die Gesellschaft in der wir leben, die bestmögliche ist. Die Neuausrichtung in diesem Sinne soll auch weiterhin tausende von Menschen dazu anhalten, kritik- und dialogfähig zu sein, die Realität differenziert zu betrachten, Pluralität als Chance zu erkennen und Position zu beziehen.“

Bischofskonferenz größter Sponsor

Grundlage für den Umbau der seit 61 Jahren bestehenden kirchlichen Fachstelle ist ein Beschluss der Österreichischen Bischofskonferenz, der bei der vergangenen Vollversammlung vor zwei Wochen gefasst wurde. Die Bischofskonferenz ist der größte Sponsor der Katholischen Sozialakademie. Die Coronavirus-Krise wirkt sich auch auf die finanzielle Situation der Kirche aus.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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