Sozialakademie: Bischöfe weisen Kritik zurück

Die römisch-katholische Bischofskonferenz weist Kritik an den Umbauplänen der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe) zurück. Die Reform habe ausschließlich finanzielle und nicht, wie in den vergangenen Tagen vielfach vorgeworfen, politische Gründe.

Durch die Coronavirus-Krise und den coronavirusbedingten Einnahmenausfall bei den Kursen und Angeboten seien die wirtschaftlichen Schwierigkeiten „leider erdrückend“ geworden, sagte der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, gegenüber der Ö1-Sendung „Praxis“ am Mittwoch.

Aus Verantwortung gegenüber den Kirchenbeitragszahlern habe man eine Entscheidung treffen müssen, um die ksoe in eine inhaltlich wie finanziell gesicherte Zukunft zu führen. Eine Jobgarantie für die derzeit 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den auf ein Jahr anberaumten Umgestaltungszeitraum hinaus könne man aber nicht geben, räumte Schipka ein.

Schipka: Positionierung kein Grund für Umbau

Ausdrücklich wies Schipka gegenüber Ö1 auch die in der vergangenen Woche vor allem von kirchlichen Laienorganisationen geäußerte Kritik zurück, die Bischofskonferenz wolle eine politisch nicht genehme bzw. zu weit links orientierte Organisation in den eigenen Reihen mundtot machen - mehr dazu in Sozialakademie: Kritik an Bischöfen reißt nicht ab.

Zwar habe die ksoe teils „Positionen vertreten, die beim einen oder anderen nicht immer den ungeteilten Konsens gefunden haben“, doch es gehöre ja schließlich auch zur Aufgabe der ksoe, „profiliert“ aufzutreten. Darin jedoch den Grund für die jetzige Restrukturierung zu sehen, sei falsch, sagte Schipka.

Freistetter: Personal muss nicht erhalten bleiben

Auch der für die ksoe zuständige Referatsbischof, Militärbischof Werner Freistetter, unterstrich das verdienstvolle Wirken der ksoe und ihre bleibende gesellschaftskritische Relevanz, wenngleich dies nicht bedeute, dass es keine Reformen geben müsse: Die Bezeichnung „ksoe“ soll erhalten bleiben, „weil es eine gut eingeführte Marke ist“, wird Freistetter etwa in den westösterreichischen Kirchenzeitungen zitiert.

Sendungshinweis:

Konflikt um Sozialakademie: „Praxis“ vom 08.07 zum Nachhören

Was nicht erhalten bleiben soll, sind die 13 großteils Teilzeitangestellten der ksoe. Wenn man die ksoe grundlegend neu denkt, solle das nicht unter der Notwendigkeit stehen, Mitarbeiter weiterführen zu müssen. Es werde sicher Stellenausschreibungen geben, die Mitarbeitenden können sich dann wieder bewerben.

Inhaltliche Neuansätze offen

Welche inhaltlichen Neuansätze Raum bekommen sollen, werde sich erst im Lauf der Beratungen zeigen. Freistetter persönlich wünsche sich einen „starken akademischen Ansatz in der Erforschung der katholischen Soziallehre“, heißt es in den Kirchenzeitungen. Er wolle aber der beauftragten Steuerungsgruppe, die zur Neuentwicklung eingesetzt wird, nicht vorgreifen. Ihr gehören neben Freistetter auch die Bischöfe Hermann Glettler und Josef Marketz an.

Militärbischof Werner Freistetter

APA/Gert Eggenberger

Militärbischof Werner Freistetter ist zuständig für die ksoe

Kritik „wohnt Soziallehre inne“

Weiters sollen Experten und Mitglieder des ksoe-Kuratoriums mitwirken. Die Befürchtung, dass das kritische Potenzial der ksoe abgeschafft werden soll, teilt indes auch Freistetter nicht: „Die kritische Dimension wohnt der katholischen Soziallehre inne.“

Zuletzt hatten sich immer wieder besorgte und auch scharfe kritische Stimmen zu der Sanierung und Neuaufstellung zu Wort gemeldet. Der Generalsekretär der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Josef Pumberger, sorgt sich um die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - auch die Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer/innenbewegung (KAB), Anna Wall-Strasser, sieht „ein fatales Signal, dass die Bischofskonferenz hier setzt“. Ähnlich die Einschätzung der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (CS), die fragt, ob nicht gerade jetzt die bisherige Arbeit der ksoe gestärkt und „finanziell besser ausgestattet und aufgestockt“ werden müsse.

„Unüberlegt“: Kritische Stimmen auch aus ksoe

Einen Kniefall vor der Politik vermutet Pax Christi Wien: „Der rechten Politik war die ksoe ein Dorn im Auge. Da es in Österreich unterschwellig, noch immer eine starke Symbiose zwischen Kirche und ÖVP gibt, ist die ksoe nicht nur unbequem für die ÖVP, sondern als linke Institution auch unbequem für die Bischöfe“, hieß es u.a. in einer Aussendung.

Auch zwei Kuratoriumsmitglieder der ksoe haben sich inzwischen zu Wort gemeldet: So erklärte der Vertreter der Diözese Linz im ksoe-Kuratorium, Severin Renoldner, in den „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass das Vorgehen der Bischöfe „beispiellos“ in seiner „Härte“ sei: Der Beschluss sei „überhastet“ und „unüberlegt“ gefasst worden und „widerspricht der Botschaft von Papst Franziskus“, mutmaßt Renoldner. „Wenn er davon wüsste, würde er das schärfstens kritisieren.“

Tippow: „Operation am offenen Herzen“

Als Vorsitzender des ksoe-Kuratoriums zeigte sich Sozialexperte Rainald Tippow froh über die Aufmerksamkeit, die der ksoe und ihrem Grundanliegen derzeit zuteil wird: Schließlich stelle die katholische Soziallehre ein „kraftvolles Instrument für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft“ dar, schreibt Tippow in einem Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“ (9. Juli).

Über die Jahre sei die ksoe personell wie inhaltlich zu einem „einmaligen Kompetenzzentrum“ in Fragen der positiven Entwicklung der Gesellschaft geworden - der aktuelle „ksoe-Relaunch“ sei daher so etwas wie „eine Operation am offenen Herzen einer über 60-Jährigen“, die „vital“ sei.

Kein „Rütteln“ an Grundanliegen

Die Angst des Personals sei daher verständlich - ein prinzipielles Rütteln am Anliegen der ksoe erkennt der Leiter der Pfarr-Caritas in der Erzdiözese Wien im laufenden Prozess jedoch nicht: „Eine von ihrem Auftraggeber, nämlich der Bischofskonferenz, angemessen genutzte Katholische Sozialakademie öffnet der Kirche überlebensnotwendige Türen und Fenster zur Welt.“

Begrüßt wird die Neustrukturierung im Übrigen in einer kurzen Stellungnahme von der Österreichischen Ordenskonferenz. Man wolle die Bischöfe ermutigen, „diese wichtige Institution im doppelten Wortsinn ‚weiter‘ zu denken“, heißt es seitens der Ordenskonferenz. Gleichzeitig wird daran erinnert, dass von der Gründung an bis 2013 jeweils Mitglieder des Jesuitenordens die Leitung der ksoe innehatten. So habe es immer wieder gemeinsame Projekte gegeben wie etwa im Vorjahr die Videoserie mit der ksoe-Direktorin Magdalena Holztrattner zu den Prinzipien der katholischen Soziallehre. Mit Holztrattner kam vor sieben Jahren erstmals eine Frau an die Spitze der katholischen Sozialakademie.

religion.ORF.at/KAP

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