Hagia Sophia: Sorge um 1.300 Jahre alte Mosaike

Die österreichische Hilfsorganisation „Christen in Not“ (CiN; ehemals „Christian Solidarity International"/CSI) befürchtet jetzt die Zerstörung der 1.300 Jahre alten Mosaike in der Hagia Sophia.

"Es ist zu befürchten, dass nun die christlichen Mosaike in der Kuppel der Hagia Sophia endgültig zerstört werden. Hatte Sultan Mehmed II. nach der Eroberung Konstantinopels 1453 die christlichen Mosaike durch Putz verdeckt, so ist nun zu befürchten, dass nun die Mosaike selbst zerstört werden.

Keinesfalls können diese sichtbar bleiben, weil ansonsten den Vorschriften der bilderlosen Moschee - spätestens ab dem 8. Jh. Ist das Bilderverbot im Islam ausnahmelos verankert - nicht Genüge getan werden kann", so CiN-Generalsekretär Elmar Kuhn in einer Aussendung am Sonntag.

Mosaike Hagia Sophia

ORF/Martin Cargnelli

1453 wurden die christlichen Mosaike durch Putz verdeckt

Hintergrund ist die beschlossene Umwidmung der ehemaligen Konstantinopoler Kathedrale, die in ottomanischer Zeit eine Moschee und dann 86 Jahre lang Museum war, in eine isamische Gebetsstätte.

UNESCO bedauere die Entscheidung „zutiefst“

Die UNESCO teilte mit, sie bedauere die Entscheidung „zutiefst“. Es habe vorab kein Gesprächsangebot zum Status der ehemaligen byzantinischen Kathedrale gegeben, erklärte UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay.

Zuvor hatte die UN-Behörde die Türkei vor der eigenmächtigen Umwandlung des historischen Gebäudes in eine Moschee gewarnt. Mit dem Status als Weltkulturerbe seien „eine Reihe von Zusagen und rechtlichen Verpflichtungen verbunden“.

Ein Staat dürfe „keine Veränderung an dem herausragenden universellen Wert“ eines Welterbe-Monuments vornehmen, unterstrich die UNESCO. Die Hagia Sophia gehört als Teil der Istanbuler Altstadt zum Welterbe.

Welt erwartet Friedensbeitrag der Religionen

Insgesamt sei eine große Chance verloren gegangen, einen Weg des Dialogs und gegenseitigen Respekts zu finden. Dann hätte die Umwidmung von einem Museum in ein Haus des Gebets ein konstruktives Zeichen darstellen können.

So wäre die Hagia Sophia, auch aufgrund ihrer großen Geschichte, ein wahres und verbindendes Weltkulturerbe. Denn die Welt erwarte zu Recht den Beitrag der Religionen zu Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung statt zu neuen Verletzungen und Konflikten.

Auch wenn rund 75 Prozent der türkischen Bevölkerung die aktuelle Re-Islamisierung der ursprünglich christlichen Hagia Sophia begrüßen würden, so zeige das doch, dass der Spalt zwischen den Menschen, die auf einen respektvollen Dialog zwischen den Religionen setzen und einer religiös-nationalistisch instrumentalisierten Bevölkerung in der Türkei tief gehe, so CiN-Generalsekretär Elmar Kuhn in einer Aussendung.

Schwieriger Umgang mit religiösen Minderheiten

„Das lässt für die Entwicklung einer modernen Türkei und ihres Umgangs mit religiösen Minderheiten Schlimmes befürchten. Klar ist auch die Absage an Kemal Atatürks Trennung von Staat und Religion, die aber, wie die Situation in Europa zeigt, durchaus Kooperationen zum Wohl der Menschen zulässt und sogar fördern kann“, betont Kuhn.

In der Widmung der Hagia Sophia als Museum sei seit 1934 ein modus vivendi gefunden worden, der auch den religiösen Gefühlen der orthodoxen Christen - und vieler westlicher Christen - Respekt erwiesen habe. "Dass dieser Respekt jetzt bewusst mit Füßen getreten wird, ist leider ein Affront erster Güte.

Die Auswirkungen auf den bislang so positiven sunnitisch-christlichen Dialog sind noch gar nicht abzusehen. Eine Fundamentalisierungswelle ist nun auf beiden Seiten, bei Christen wie bei Muslimen, zu befürchten." Aber - so Kuhn weiter: „Wir hoffen und beten, dass die Versöhnungsprojekte von ChristeninNot in muslimischen Ländern durch diesen Kulturvandalismus nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.“

religion.ORF.at/KAP/APA/AFP/dpa

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