Vatikan: Leitfaden für Umgang mit Missbrauch

Der Vatikan hat am Donnerstag einen Leitfaden zum juristischen Umgang mit Missbrauchsfällen veröffentlicht. Das rund 17-seitige „Vademecum“ der Glaubenskongregation ist als Hilfestellung für Mitarbeiter der kirchlichen Rechtspflege gedacht.

Der Leitfaden legt Schritt für Schritt die Verfahrenswege bei sexuellen Vergehen von Klerikern an Minderjährigen dar. Änderungen der Gesetzeslage sind damit nicht verbunden, betonte der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, zur Veröffentlichung der Handreichung.

Es handle sich zudem um eine erste Version des Vademecums, das künftig hinsichtlich etwaiger kirchenrechtlicher Änderungen, aber auch beim Auftreten neuer Herausforderungen zum juristischen Umgang mit Missbrauchsfällen aktualisiert werden soll, so Ladaria.

Deutsche Version angekündigt

Der Leitfaden war nach einem von Papst Franziskus einberufenen Gipfel zur Missbrauchsprävention im Vatikan im Februar 2019 angekündigt worden, verzögerte sich aber. Am Donnerstag erschienen Fassungen auf Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Polnisch.

Eine deutsche Version der 165 Punkte umfassenden Handreichung soll in Kürze folgen. Wie es aus Kurienkreisen hieß, richtet sich der Text vor allem an solche Diözesen und Ordensgemeinschaften, in denen es an kirchenrechtlicher Fachkenntnis und einer entsprechenden Rechtspraxis fehlt.

Auch für Nicht-Experten

Das Vademecum will die geltenden Normen zu einer kirchenstrafrechtlichen Verfolgung sexuellen Missbrauchs in einer für Nicht-Experten verständlicheren Sprache erklären und anwenden helfen.

Erstmals sind darin in neun Kapiteln in strukturierter Form alle Schritte eines Verfahrens, vom Umgang mit der ersten Meldung eines möglichen Missbrauchsdelikts bis hin zum endgültigen Abschluss des Falles, dargestellt, erklärte der Sekretär der Glaubenskongregation, Kurienerzbischof Giacomo Morandi, im Interview des Portals Vatican News.

Begründete Verzögerung

Mit der Veröffentlichung des Vademecums war eigentlich bereits im vergangenen Jahr gerechnet worden. Dass es nun so lange gedauert hat, begründete Morandi mit dem gründlichen Austausch über den Leitfaden, „und zwar nicht nur innerhalb der Glaubenskongregation, sondern auch außerhalb, mit Fachleuten auf diesem Gebiet, mit anderen Dikasterien und insbesondere mit dem Staatssekretariat“.

Wesentliche Grundlagen für den Leitfaden sind der 2001 veröffentlichte und 2010 überarbeitete Papst-Erlass „Sacramentorum sanctitatis tutela“ mit seinen aktuellen Ergänzungen, das Papstschreiben „Vos estis lux mundi“ vom Mai 2019 und die Rechtspraxis der Glaubenskongregation, die für die strafrechtliche Aufarbeitung von Missbrauchsdelikten in der katholischen Kirche zuständig ist.

religion.ORF.at/KAP