Äthiopien: Katholische Kirche ruft zu Dialog auf

Äthiopien wird derzeit immer wieder von Unruhen heimgesucht, die mit dem föderalen Umbau des früher zentralistischen Staates zusammenhängen.

Laut Einschätzung des Oberhaupts der äthiopisch-katholischen Kirche, Kardinal-Erzbischof Berhane Yesus Souraphiel, liegen die Gründe für das „Klima der Spannung“ in tiefgreifenden Veränderungen und den „zahlreichen, von der Regierung eingeleiteten Reformen, mit denen offensichtlich nicht alle einverstanden sind“.

Der Kirche komme dabei die Rolle in der Gesellschaft präsent zu bleiben und zum Dialog aufzurufen, „damit gemeinsame Werte gepflegt werden und wir durch die Begegnung zum Wohl des Landes zusammenarbeiten“, so der Vorsitzende der Kommission für nationale Versöhnung in einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur „Fides“.

Nebenwirkungen der Pandemie

Auch die Coronavirus-Pandemie erschwere die Situation in dem afrikanischen Binnenstaat: „Die Pandemie richtet großen Schaden an. Als Kirche wollten wir sofort auf die Verhaltensrichtlinien hinweisen und Hilfsprogramme starten.“ Unter den Toten ist auch Bischof Angelo Moreschi, Apostolischer Vikar von Gambella in Westäthiopien. Er kehrte wegen gesundheitlicher Probleme nach Italien zurück, erkrankte an Covid-19 und starb am 25. März 2020.

Das Coronavirus verursache aber auch „viele schädliche Nebenwirkungen“. So steige die Gewalt gegen Frauen und Kinder während der Quarantäne. Der Kardinal setze ein Zeichen gegen die Gewalt, indem er sich bei der Künstler-Initiative „Zim alilin“ (Dt.: „ich schweige nicht“) engagierte, „um das Phänomen ins Rampenlicht zu rücken und um die Opfer zu schützen“. Das kirchliche Programm für den Schutz vor Missbrauch wurde zur Verfügung gestellt, um die Kampagne zu fördern und den Opfern zu helfen.

Probleme durch Staudammbau

Zusätzlich zu den internen Problemen - die mit der Föderalisierung zusammenhängen, vor allem in der Oromia und im somalisch geprägten Ogaden - gibt es auch Spannungen mit einigen Nachbarländern, unter anderem im Zusammenhang mit dem Bau des Großen Staudamms am Blauen Nil - der"Grand Ethiopian-Renaissance"-Talsperre.

Der Staudamm sei nicht nur ein Segen für Äthiopien, sondern laut Souraphiel „für alle, weil das Wasser weiterfließen wird und allen zugutekommt“. Und weiter: „Als katholische Kirche haben wir eine klare Position zum Ausdruck gebracht, die auf eine gerechte Lösung für eine faire Nutzung dieser internationalen Gewässer abzielt“.

Äthiopien habe auf Grund des Strommangels einen großen Bedarf an diesem Damm. Etwa 65 Prozent des Landes hätten große Schwierigkeiten, Energie zu gewinnen, in einigen abgelegenen Gebieten würden nach wie vor Bäume gefällt, um Energie zu erzeugen. Das könne zu Besorgnis erregender Wüstenbildung führen. „Wir können es uns nicht leisten, anders zu handeln, der Damm ist das Mittel, um aus der Armut herauszukommen“, so Kardinal Souraphiel im „Fides“-Interview.

Schulbildung für alle zugänglich machen

Zum Beispiel gehe es auch darum, die Schulbildung für alle zugänglich zu machen, insbesondere während des Lockdowns sei es für viele Kinder nicht möglich gewesen, von zu Hause aus ins Internet zu gelangen. „Aber wir wollen unsere Nachbarn - vor allem den Sudan oder Ägypten - weder benachteiligen noch beleidigen“, so der äthiopische Kardinal.

Zur teils angespannten Beziehung zum benachbarten Eritrea meinte der Kardinal: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass die historischen Schwierigkeiten in den Beziehungen überwunden werden können, und wir hoffen auf nützliche Entwicklungen für beide Länder.

Es gibt grundlegende Probleme wie die Nutzung von Häfen und die Grenzen; das muss angegangen werden, unser Wunsch ist, dass wir dies als zwei Völker tun, die bereit sind, in guter Nachbarschaft zusammenzuarbeiten".

religion.ORF.at/KAP