Ethikunterricht: Regierungsvorlage durch Ministerrat

Ab dem Schuljahr 2021/22 sollen Schülerinnen und Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, ab der neunten Schulstufe am Pflichtfach Ethik teilnehmen müssen. Eine entsprechende Regierungsvorlage hat am Mittwoch den Ministerrat passiert.

Ausgenommen sind Berufsschulen und Polytechnische Schulen. Derzeit wird Ethik an 233 AHS und BMHS (berufsbildenden mittleren und höheren Schulen) als Schulversuch für jene angeboten, die konfessionslos oder vom Religionsunterricht abgemeldet sind.

Die Regierungsvorlage sieht nun vor, dass dieser Schulversuch für Schüler an AHS und BMHS ins Regelschulwesen überführt wird. Begonnen wird 2021/22 zunächst mit den neunten Schulstufen, im Jahr darauf folgen die neunten und zehnten usw. Der Endausbau wird dann 2025/26 erreicht sein.

Faßmann: „Selbstständige Reflexion“

„Ich freue mich, dass wir im heutigen Ministerrat die Regierungsvorlage zum Ethikunterricht eingebracht haben“, so Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) in einer Stellungnahme.

„Der Ethikunterricht soll Schülerinnen und Schüler zu selbstständiger Reflexion im Hinblick auf Wege gelingender Lebensgestaltung befähigen, ihnen Orientierungshilfen geben und sie zur fundierten Auseinandersetzung mit den Grundfragen des Lebens anleiten.“

SPÖ und NEOS üben Kritik

Kritik an den Regierungsplänen zum Ethikunterricht kommt von SPÖ und NEOS. Beide wollen Ethik für alle Schülerinnen und Schüller anstatt nur für jene, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. „So bleibt der Ethikunterricht weiterhin Minderheitenprogramm“, kritisierte SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid in einer Aussendung. „Unverständlich ist zudem, warum die SchülerInnen anderer Schulstufen, an Polytechnischen Schulen und Berufsschulen überhaupt keinen Ethikunterricht besuchen können.“

„Türkis-Grün gehen den falschen Weg, wenn sie glauben, einen Ethikunterricht nur für Schülerinnen und Schüler einzuführen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben oder ohne Bekenntnis sind“, kritisierte auch NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. „Der Ethikunterricht kann seine wichtigen Dialog- und Integrationsaufgaben nur erfüllen, wenn er für alle gemeinsam stattfindet.“

„Möglichst zeitgleich“ mit Religion

Der Umfang des Ethikunterrichts beträgt zwei Wochenstunden. Er soll laut Gesetzestext „möglichst zeitgleich“ mit dem Religionsunterricht jener Religionsgemeinschaft durchgeführt werden, der die höchste Zahl an Schülern der jeweiligen Schule angehört. Das hat zwei Konsequenzen: Einerseits kann dann der Religionslehrer oder die Religionslehrerin der jeweiligen Klasse nicht gleichzeitig auch den Ethikunterricht übernehmen.

Außerdem wird dadurch verhindert, dass sich Schüler und Schülerinnen nach dem angesetzten Zeitpunkt im Stundenplan für das eine oder andere entscheiden. Sind weniger als zehn Kinder einer Klasse zum Ethikunterricht verpflichtet, sollen sie zunächst mit Schülern aus Parallelklassen, dann anderer Klassen der Schule und schließlich mit Schülern anderer Schulen zusammengefasst werden.

Forderungen nicht berücksichtigt

Die nunmehrige Regierungsvorlage entspricht weitgehend dem Begutachtungsentwurf. Im Begutachtungsverfahren geäußerte Forderungen nach einem verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schüler anstatt nur für am Religionsunterricht nicht teilnehmende Jugendliche wurden nicht berücksichtigt. Auch eine Einbeziehung von Berufsschulen und Polys wurde verworfen.

Anders „gelöst“ wurde die von vielen Religionsgemeinschaften geforderte Nennung der Theologie als Bezugswissenschaft des Ethikunterrichts. In den Erläuterungen zum Gesetz waren im Begutachtungsentwurf nur Psychologie, Soziologie, Religionswissenschaft, Geschichte, Rechtswissenschaft und Biologie explizit aufgezählt worden. In ihren Stellungnahmen hatten die Religionsgemeinschaften daher einträchtig auch die Theologie hineinreklamiert. Resultat: In den Erläuterungen wurde nun die gesamte Auflistung der Bezugswissenschaften gestrichen.

religion.ORF.at/APA

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