Bilanz über Missbrauchsprävention in Erzdiözese Wien

Die neue Leiterin der Stabsstelle für Missbrauchsprävention sowie Kinder- und Jugendschutz in der Erzdiözese Wien, Sabine Ruppert, sieht in Sachen Missbrauchsprävention bereits viel Einsatz in Pfarren und Organisationen, es sei aber auch noch reichlich Luft nach oben.

Ruppert ist seit März 2020 neue Leiterin der kirchlichen Stabsstelle. Die Stelle informiert und berät alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erzdiözese über Prävention von Missbrauch und Gewalt und unterstützt in der konkreten Präventionsarbeit.

Missbrauch sei zwar nicht gänzlich zu verhindern, aber man könne mit entsprechenden vorbeugenden Strukturen schon sehr viel erreichen, zeigt sich Ruppert im Kirchen-Podcast überzeugt. Der Podcast kann u.a auf Katholisch.at, der Website der katholischen Kirche in Österreich, iTunes, allen Smartphone-Apps für Podcasts und auf Spotify abgerufen werden.

Kontakt zu Pfarren

Jede Gemeinde und Pfarre habe zumindest auf dem Papier einen Präventionsbeauftragten für Kinder- und Jugendschutz, sagte die Expertin: „Meine Aufgabe ist es, mit ihnen Kontakt zu halten, sie zu unterstützen und zu beraten, wie sie das Thema Gewaltprävention praktisch umsetzen können.“ Im Moment sei coronavirusbedingt vieles ausgesetzt oder abgesagt, aber es gebe zumindest einmal im Jahr vonseiten der Stabsstelle eine Veranstaltung für die Präventionsbeauftragten.

Dach des Stephansdoms

APA/Herbert Neubauer

Die Stabstelle für Missbrauchsprävention der Erzdiözese Wien hilft Pfarren

Manche Präventionsbeauftragte „nur am Papier“

Freilich sind nicht alle Pfarren mit der gleichen Geschwindigkeit unterwegs. „Ein Drittel der Beauftragten ist sehr aktiv, ein Drittel nimmt es halbwegs ernst und ein Drittel existiert nur auf dem Papier.“ Nicht ideal ist für Ruppert, dass oft der Pfarrer selbst die Funktion des Präventionsbeauftragten übernimmt. Wichtig sei es, dass die Person - entweder beruflich oder durch persönliches Engagement - eine Verbindung zu dem Thema habe.

Auf der Onlineseite der Stabstelle hinsehen.at findet sich auch die Broschüre „Unter vier Augen“, dort gibt es weitere wichtige Hinweise, was beispielsweise die Gestaltung von Seelsorgegesprächen betrifft. Ruppert betonte, dass diese Maßnahmen dem Schutz beider Parteien dienen, also zum Beispiel der Jugendleiterinnen und -leiter und den Kindern und Jugendlichen. Jugendgruppen sollten grundsätzlich immer von zwei Personen gemeinsam geleitet werden.

Schutz nicht nur für „Kinder und Jugendliche“

Die kirchliche Rahmenordnung definiere außerdem ausdrücklich, dass die Schutzmaßnahmen nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern für alle schutzbedürftigen Personen gelten. Ruppert: „Darunter fallen auch Menschen mit Behinderungen und kognitiven Beeinträchtigungen wie Demenz.“

Bei der Schaffung der Strukturen sollte auch der Ablauf von Pfarr-Veranstaltungen genau betrachtet werden, wenn „es zum Beispiel bei einer Wallfahrt mit Übernachtung nur Doppelzimmer gibt“. Da sollten dann vielleicht doch andere Quartiere organisiert werden. Solche Überlegungen könnten Missbrauch verhindern, erklärt Ruppert.

Gewaltschutzkonzepte erstellen

Für die Opfer sei es oft schwierig, sich zu melden, oft dauere es Jahre, bis diese den Mut dazu aufbringen. Daher sei es wichtig, die Betroffenen, „falls sich ein Verdacht auftut“, ernst zu nehmen. Die Präventionsstelle stehe jedenfalls jederzeit hilfreich zur Seite.

„Ein großes neues Thema ist auch die Unterstützung von Organisationen, die Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche organisieren und Gewaltschutzkonzepte erstellen möchten“, sagte Ruppert. Bei Grenzüberschreitungen an Kindern und Jugendlichen müsse es sich nicht immer um sexuellen Missbrauch handeln, oft gehe es auch um unbeabsichtigte Handlungen, bei denen ein Mitarbeiter die Distanz nicht adäquat eingehalten hat und zum Beispiel verbal ausfällig geworden ist. Auch hier unterstützt die Stabsstelle, etwa auch durch spezielle Schulungen für Jugendgruppen-Leiter.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Links: