Marketz hätte nichts gegen „Priester mit Familie“

Der Kärntner Bischof Josef Marketz Bilanz ist seit einem halben Jahr im Amt. Dem Frauendiakonat und einer Abkehr vom Pflichtzölibat steht er positiv gegenüber. Um diesbezüglich als Revoluzzer aufzutreten, sei er zu alt. Kritik übte Marketz am Vatikan-Papier über Pfarren.

Bilanz über sein halbes Jahr im Amt zog Marketz im Interview mit der „Kleinen Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe). Über das Dokument der vatikanischen Kleruskongregation über die Pfarrseelsorge und die Vorgabe, wonach die Letztverantwortung in einer Pfarre den Priestern vorbehalten bleiben muss, äußerte er sich differenziert.

Marketz: „Den ersten Teil über die Bedeutung der Pfarren kann ich unterschreiben. Das ist auch unser Kärntner Weg. Doch wir haben 336 Pfarren und nicht einmal die halbe Zahl an Priestern. Wir müssen also auch Laien in die Leitung der Pfarre integrieren, Wir werden Wege finden, um das umzusetzen. So gern wir Traditionen haben: Unsere Zeit braucht neue Antworten.“

Frauendiakonat und Priester mit Familie

Sein Anspruch sei es jedenfalls, so Marketz, „dass wir als Kirche missionarisch sind, dass wir wachsen, dass jeder ein gutes Gefühl hat, in dieser Kirche zu sein“. Als Bischof habe man heute zwei große Aufgaben: „Es ist zum einen die Nachfolge Jesu. Der Bischof soll als Hirte vorausgehen und die Menschen für den positiven Weg begeistern. Er ist auch Führungspersönlichkeit, muss Personalmanagement betreiben und sich wirtschaftlich auskennen.“ Die Alltagsrealität mit kirchlichen Aufträgen zusammenzubringen, sei nicht immer einfach.

Auf die viel diskutierten Themen Diakonat der Frau und Zölibat angesprochen, sagte der Bischof, er werde „froh sein, wenn Frauen in solche Ämter kommen“. Der Zölibat habe über Jahrhunderte vielen Positives gebracht. Doch er stelle den älteren und einsamen Priestern neue Fragen. Er hätte nichts dagegen, so Marketz: „wenn Priester mit Familie ihren Dienst tun dürfen“.

Zu alt für „großen Revoluzzer“

Nachsatz: „Ich fühle mich mit 65 zu alt, um in diesen weltkirchlichen Fragen als großer Revoluzzer aufzutreten, wo doch die Seelsorge für die Zukunft in Kärnten meine ganze Energie braucht.“ Diese Zukunft könne er freilich nur mit dem Kirchenvolk gemeinsam gestalten, betonte der Bischof: „Wir wollen alle Gremien, ob Diözesanrat, Konsistorium, Priester- oder Wirtschaftsrat beleuchten und eruieren, wie wir in die Zukunft gehen wollen.“

Als Erstes habe er sich das Bistum angesehen, „das sich über die Jahrhunderte sehr verändert hat“. Er wolle es belassen, „doch das Statut soll geändert, auf die heutige Zeit angepasst werden“. Der tausend Jahre alte Stiftungszweck müsste insofern erweitert werden, „dass er auch der Diözese, dem Wirken des Bischofs, der Priester und Laien den nötigen finanziellen Rückhalt gibt“, so Marketz. Freilich: „In den letzten Jahren, auch nach dem Wechsel von Bischof Schwarz nach St. Pölten, gab es Abgänge. Es wird noch dauern, bis wir etwas lukrieren, das wir dann für Caritas und Seelsorge einsetzen können.“

Bischof ortet Sparpotenzial

Hinsichtlich des Bistumsbetriebs Stift St. Georgen am Längsee sei eine Arbeitsgruppe „Bistum Gurk 2025“ eingesetzt worden, in der auch Experten von außen sitzen. An einen Verkauf denke man derzeit nicht, sonst sei aber alles möglich. Mehrere Gutachter sagten einhellig, dass Bildungsbetrieb und Hotel nicht zusammenpassen würden.

Der neue Kärntner Bischof Josef Marketz

APA/Gert Eggenberger

Bischof Josef Marketz

Darauf angesprochen, dass der Diözese Gurk heuer wohl aufgrund der Coronavirus-Pandemie fünf Millionen Euro an Einnahmen abgehen werden, sprach der Bischof von Sparpotenzial: „Ich kenne die Kirche sehr gut, war Direktor im Seelsorgeamt, der Caritas, jetzt bin ich es im Ordinariat. Ich weiß also, dass es sehr viel Potenzial für stärkere Zusammenarbeit und größere Effizienz gibt.“ Dafür müssten viele in den drei selbstständigen Blöcken flexibler werden, so Marketz.

Ein Beispiel: „In der Caritas haben wir die Lohnverrechnung völlig neu aufgesetzt. Warum soll die Caritas nicht fürs Ordinariat, Seelsorgeamt, Bistum die Lohnverrechnung machen? Da sehe ich Sparpotenzial.“ Gewisse Posten müssten nach Pensionierungen auch nicht nachbesetzt werden.

Nach Causa Schwarz „Vertrauen wieder herstellen“

Zu den Turbulenzen nach dem Fortgang von Bischof Alois Schwarz aus der Diözese und der aktuellen Befindlichkeit derselben meinte Marketz: „Letztlich geht es um Vertrauen. Es wird eine Zeit lang dauern, das wieder herzustellen.“

Und zur Frage, wie sich das Slowenische in seiner Amtsführung zeige n- Bischof Marketz ist Angehöriger der slowenischen Volksgruppe - antwortete er: „Es gehört zu mir, zu Kärnten, soll zur Selbstverständlichkeit werden. Bei vielen Anlässen, wo es früher nur die deutsche Sprache gab, verwende ich ein paar slowenische Worte, weil sie Teil unserer Heimat sind.“

Bischof „mag nicht immer schwarz“ tragen

Persönlich versuche er, auch als Bischof ein möglichst authentisches Leben zu führen: „Ich fahre ganz selten mit Chauffeur, meist selbst mit meinem Skoda, in Klagenfurt oft mit dem Fahrrad. Ich mag mich auch nicht immer schwarz kleiden, Kollar trage ich immer öfter. Das ist ein Zugeständnis. Ich habe ein Gehalt, mit dem ich auskomme. Wenn ich jemanden einlade, zahle ich das von meinem Geld. Ich lebe in meiner Wohnung, putze und wasche selbst, gehe selbst einkaufen, habe Paradeiser, Bohnen und Gurken im kleinen Garten.“

religion.ORF.at/KAP