Synagogen-Angriff: IGGÖ ruft zu Solidarität auf

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft IGGÖ, Ümit Vural, hat am Dienstag abermals die Angriffe auf die Grazer Synagoge und den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde verurteilt und zu Solidarität aufgerufen.

„Wir müssen entschlossen und vereint gegen jede Form von Antisemitismus vorgehen. Hass und Gewalt haben keinen Platz in unserer Gesellschaft“, schrieb Vural in einer Aussendung am Dienstag. Seine Solidarität und Anteilnahme mit der jüdischen Gemeinschaft und ihrem Präsidenten Elie Rosen hatte Vural laut Aussendung am Wochenende persönlich übermittelt. Als Geste der Solidarität nahmen demnach Vertreterinnen und Vertreter der IGGÖ in Graz an den Mahn- und Nachtwachen vor der Synagoge teil.

Auch die Sachbeschädigungen am Vereinslokal der steirischen schwul-lesbischen Interessensvertretung durch den Angreifer wertete Vural als Angriff auf die offene Gesellschaft: „Menschen jeglicher sexuellen Orientierung haben ein Anrecht auf den Schutz und die Wahrung ihrer Würde. Die Basis des friedlichen Zusammenlebens ist und bleibt der Respekt voreinander und die Toleranz einander gegenüber.“

IGGÖ-Präsident Ümit Vural und der  Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen

APA/Foto Fischer

IGGÖ-Präsident Ümit Vural (li.) und Elie Rosen (re.), Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz im März 2019

Kein pauschales Feindbild aufbauen

Vural verwehrte sich aber auch dagegen, eine Verbindung zwischen den Mitgliedern der IGGÖ und dem Täter - es soll sich um einen 31-jährigen Flüchtling aus Syrien handeln - „allein aufgrund seines Glaubens“ herzustellen. Menschen muslimischen Glaubens und Flüchtlinge dürften nicht pauschal als Feindbild in den Fokus gerückt werden.

„Etwaigen antisemitischen Tendenzen in den eigenen Reihen“ müsse man sich aber nachdrücklich stellen und solche in aller Form bekämpfen, betonte Vural. Die IGGÖ werde ihre diesbezüglichen Projekte und vor allem auch ihre Bemühungen im Interreligiösen Dialog weiterhin ungebrochen vorantreiben, versicherte er.

Rosen: Physischer Angriff war nicht vorhersehbar

Im Ö1-Journal um acht sagte der Präsident der jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, am Dienstag, dass der physische Angriff auf ihn nicht vorhersehbar gewesen sei. Dass der Angriff von jemandem verübt wurde, der in Österreich Schutz vor Verfolgung suchte, sei „bedauerlich“. Der „islamische und auch der israelbezogene Antisemitismus“ sei in Graz „sicherlich vorherrschend das größte Problem“. Daher sei es Aufgabe beider Seiten, Vorurteile abzubauen, so Rosen.

Verdächtiger gestand alle Vorwürfe

Der Verdächtige hat laut Staatsanwalt Christian Kroschl alle ihm bisher zur Last gelegten Vorwürfe gestanden: „Er sagte, er hat eine Vielzahl von Mauern besprüht und beschmiert.“ Sein Motiv: Er hasse Juden, und Homosexualität sei nicht normal und entspreche nicht seiner Religion. Am Mittwoch dürfte die U-Haft verhängt werden.

Der in Österreich bisher unbescholtene 31-jährige Verdächtige zeigte sich laut Kroschl bei den bisherigen Befragungen kooperativ: Er gestand nicht nur den tätlichen Angriff auf Rosen, sondern auch die Sachbeschädigungen bei der Synagoge sowie dem Vereinslokal der Rosalila PantherInnen.

Studie warnte vor Antisemitismus in Graz

Ednan Aslan, Professor für islamische Religionspädagogik an der Uni Wien hatte in einer im Jänner 2018 veröffentlichten Studie über muslimische Flüchtlinge in Graz vor antisemitischen Ansichten gewarnt. In der Studie „Religiöse und ethische Orientierungen von muslimischen Flüchtlingen in Graz“ wies Aslan hin, dass es „alarmierende antisemitische Ansichten“ unter den Geflüchteten gab, wie der Standard am Montag berichtete.

43,3 Prozent der Befragten gaben damals an, dass sie voll oder eher zustimmen, Juden seien an ihrer Verfolgung selbst schuld. 44,2 Prozent empfanden die jüdische Religion als „schädlich“ für die Welt. Die Mehrheit allerdings, (56,7 bzw. 55,8 Prozent) gaben an, diese Aussagen nicht zu teilen. Aslan habe damals eine bewusste Begegnung mit der jüdischen Gemeinde empfohlen, so der Standard.

Nichtrepräsentative Befragungen 2016-2017

Die Studie wurde mittels Fragebögen und mündlicher Befragung von September 2016 bis Ende Juni 2017 mit 288 Menschen aus elf Flüchtlingsunterkünften und einer Sprachschule für Flüchtlinge durchgeführt. Damit seien laut Aslan etwa neun Prozent der in Graz lebenden Flüchtlinge befragt worden, was einem vergleichsweise hohen Wert entspreche. Repräsentativ war die Studie mit dieser Größenordnung allerdings nicht.

gold, religion.ORF.at/APA

Mehr dazu:

Links: