Katholikin pilgert für Gleichstellung zu Fuß nach Rom

Etwa 1.200 Kilometer sind es von Schwanenstadt (Oberösterreich) nach Rom. Die Katholikin Margit Schmidinger will sie zu Fuß auf sich nehmen, um ein Zeichen gegen ein „Unrecht“ zu setzen, den Ausschluss von Frauen von Weiheämtern in der katholischen Kirche.

„Die Kirche hat in den vergangenen 40 Jahren alles verschlafen. Wenn sie wieder lebendig werden will, braucht es umfassende Reformen. Da geht’s nicht darum, ob wir vielleicht Diakoninnen werden dürfen“, sagte Schmidinger im Gespräch mit religion.ORF.at. Es müsse nicht an kleinen Rädchen gedreht, sondern große Reformen umgesetzt werden. Der Ausschluss von Frauen von Weiheämtern - „das geht für mich nicht mehr“. Schmidinger gab kürzlich nach elf Jahren in der Pfarre Schwanenstadt und Bach ihre Schlüssel ab.

In der Pfarre war sie für alles mögliche zuständig, aber wenn es Zeit war, „das Leben und die Lebensübergänge, Taufen und Hochzeiten, zu feiern“, dann musste ein Geweihter, ein Mann, hinzugezogen werden: Das ist die Erfahrung, die Schmidinger machte und die viele ehrenamtlich und hauptamtlich in der römisch-katholischen Kirche engagierten Frauen machen. Sakramente spenden ist jenen vorbehalten, die geweiht sind, und geweiht werden nur Männer.

In zwei Monaten zum Petersplatz

„Das Brot darf ich mit den Menschen nicht teilen“, sagte Schmidinger, die ihre Berufung sehr stark „spüre. Was tue ich mit dieser Berufung?“ Das Leben in der Nachfolge Jesu sei ihre Lebensaufgabe. Also entschloss sich die Oberösterreicherin, den Diözesanbischof aufzusuchen, und bat ihn um eine sakramentale Beauftragung, erzählte die Katholikin. Er habe ihr gesagt, dass dies seine Kompetenz übersteige. „Dann habe ich mir gesagt. Ok. Dann muss ich zum Papst gehen“, sagte Schmidinger.

Am 5. September startet Schmidinger mit ihrem Mann nun ihre Pilgerreise nach Rom. Zwei Monate später, am 7. November, wolle sie am Petersplatz ankommen. Mitpilgerinnen und Mitpilger sind Schmidinger willkommen - und zwar während der ersten 14 Tage in Österreich sowie ab dem 25. Oktober von Assisi bis Rom. Auf ihrer Homepage und via Facebook wird sie Einblicke in ihre Reise gewähren und potenzielle Mitpilgernde darüber informieren, wie die Route zum Vatikan verläuft. Die Frauenkommission und die Katholische Frauenbewegung Oberösterreich unterstützen die Anliegen Schmidingers.

Margit Schmidinger

Privat

Margit Schmidinger will zu Fuß nach Rom pilgern

Hoffen auf Begegnung mit Papst

Schmidinger: „Ich werde immer wieder gefragt, ob ich schon eine Audienz beim Papst habe, was ich mir in Rom vorstelle. Was will ich als kleine Margit in Rom?“ Eine klassische Audienz beim Papst, „wo man zwei, drei Minuten ein paar nette Worte austauschen kann“, strebe sie eigentlich gar nicht an.

Sie hoffe aber, dass der Papst aufmerksam werde und sie eine Möglichkeit zur Begegnung bekomme. Ein ihr sehr wichtiges Kreuz, das ein Priester im Krieg aus Russland mitnahm, führe sie mit. Es wandere seit Jahren zu Menschen, die, wie man sprichwörtlich sagt, „ein besonderes Kreuz zu tragen“ hätten. Sie wolle es gerne dem Papst in die Hände legen, damit er das Unrecht, also das Kreuz der Frauen, spüre. Wie das alles konkret aussehen werde, wenn sie in Rom eintrifft, wisse sie nicht. Sie hofft auch auf die Unterstützung anderer Menschen. „Es wird das Wirken Gottes brauchen, dass da die Türen aufgehen.“

Angst vor Spaltung der Kirche

Neben Gottvertrauen ist bei Schmidinger auch Vertrauen in Papst Franziskus vorhanden. Dieser Papst sei „näher an der Wirklichkeit“, sagte Schmidinger. Ihre Forderung an die Kirchenleitung ist klar: „Es braucht eine Gleichstellung von Mann und Frau in allen Ämtern. Punkt. Aus. Anders geht das nicht.“

Im Gespräch mit religion.ORF.at brachte die Katholikin ihre Sorge über die Zukunft der Kirche zum Ausdruck. Die Angst vor einer Spaltung der Kirche sei „berechtigt“. Es sei eben diese Angst, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau verhindere. Auch sie wolle keine Trennung, sondern ein Miteinander.

Heilige Geist „ist eingekastelt“

Doch an der Gleichberechtigung führt für die Pastoralassistentin kein Weg vorbei: „Es brennt in der Kirche“, so Schmidinger. „Die Leute rennen uns davon. Menschen werden sich nach und nach verabschieden.“ Doch die Kirche habe einen wichtigen Auftrag, wie die gläubige Katholikin betont: „Wo formen wir Menschen dann unsere Werte, unsere Solidarität?“ Der Egoismus in der Gesellschaft sei schon jetzt so weit fortgeschritten.

Die Botschaft zu vermitteln, dass „wir alle von Gott geliebt sind“, sei ein Auftrag der Kirche. Die Menschen hätten Sehnsucht nach den Inhalten der Kirche. „Das spüre ich auch.“ Doch es gehe ständig um die Strukturen. "Das blockiert uns extrem. Der „Heilige Geist“ sei „eingekastelt“, sagte die Oberösterreicherin.

„Felsenfest überzeugt“

Sie kenne viele Menschen, die sagten, sie bräuchten die Kirche nicht, um ihren Glauben zu leben, sagte Schmidinger: „Aber ich brauche die anderen, damit ich meinen Glauben finden und stärken kann.“ Gemeinschaft sei etwas ganz Zentrales. Ihre Kritik richte sich nicht an die Kirche. Die Kirche bestehe aus Männern und Frauen, die miteinander versuchen, die Botschaft Jesu in die Tat umzusetzen und das Reich Gottes sichtbar zu machen. Die Kirche „liebe ich und dafür brenne ich“.

Wo sie hingehe, das sei die Institution, die Kirchenleitung. An sie richtet sich die Kritik und von ihr fordert sie ein Unrechtsbewusstsein ein. Davon, dass Frauen in der römisch-katholischen Kirche „Unrecht geschehe“ sei sie, „felsenfest überzeugt“. Und „ich stehe gegen dieses Unrecht auf“, sagte Schmidinger gegenüber religion.ORF.at.

„Steh auf, Mädchen“

„Mein Leid ist überschaubar“, sagte Schmidinger. Doch im Hinblick auf Frauen weltweit, sagte sie, wenn die römisch-katholische Kirche Frauen weihen würde, wäre das ein „unglaublicher Zuspruch für die Frauen in der Welt“.

Im Neuen Testament berichten mehrere Evangelisten davon, dass Jesus ein Mädchen von den Toten auferweckte. Er sprach die aramäischen Worte „Talita kum“ (Mädchen, ich sage dir, stehe auf!) und sie erwachte. Talita kum hat Schmidinger nun auch zu ihrem Leitspruch für ihren Einsatz für Gleichberechtigung auserkoren: „Was Jesus zu diesem toten Mädchen gesagt hat, heißt für mich heute, Frauen steht auf. Aber auch: Kirche, steh auf.“

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

Mehr dazu:

Links: