DEUTSCHLAND

Katholischer Bischof für interreligiösen Feiertag

Der Vorsitzende der römisch-katholischen deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat sich für einen interreligiösen Feiertag in Deutschland ausgesprochen. Die Reaktionen sind gemischt.

Ein Tag des Wir-Gefühls und der Besinnung wäre gut für Deutschland, schreibt der Limburger Bischof in einer in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Donnerstag) veröffentlichten Zwischenbilanz der Coronavirus-Pandemie. Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland, Andreas Nachama, begrüßte Bätzings Vorstoß. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich eher skeptisch. Zustimmung kam auch von dem islamischen Theologen Mouhanad Khorchide.

Bischof Bätzing schreibt, die Coronavirus-Krise habe neben allem Leid auch für eine Unterbrechung des Alltags und eine Überprüfung vieler Denkgewohnheiten und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten gesorgt. „An die tiefgehende Erfahrung einer großen Unterbrechung werden wir uns mit Sicherheit immer erinnern.“

Zusammenhalt fördern

Der Bischof schlug vor, „dieser Erinnerung in den kommenden Jahren in unserem Land Form und Gestalt“ in Form eines interreligiösen Feiertags zu geben. Judentum, Christentum und Islam hätten die gemeinsame Tradition der wöchentlichen Unterbrechung im Takt der sieben Tage, so der Konferenzvorsitzende unter Verweis auf den muslimischen Ruhe- und Gebetstag am Freitag, den jüdischen Sabbath und den christlichen Sonntag.

Bätzing erinnerte zugleich daran, dass Ruhe- und Feiertage in Deutschland mittlerweile umstritten seien. In einer Zukunft, die bedroht sei durch Segmentierung und Spaltungen, werde aber alles kostbar, was den Zusammenhalt fördert.

Interreligiöse Absprache erwünscht

Rabbiner Nachama sagte der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), ein interreligiöser Feiertag sei ein „positiver Vorschlag, der zu einem sehr guten Austausch führen kann“. Er könne sich konkrete Gespräche mit Vertretern von Judentum, Christentum und Islam noch in diesem oder im nächsten Jahr vorstellen.

Denkbar wäre aus Sicht von Nachama, an einem solchen Feiertag Aspekte von Frieden, gesellschaftlichem Miteinander und Gleichberechtigung in den Mittelpunkt zu stellen. Es könnten zum Beispiel Gottesdienste und Gebete in Synagogen, Kirchen und Moscheen und gegenseitige Besuche stattfinden, schlug der jüdische Präsident des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit vor.

Skepsis bei Zentralrat der Juden

Zentralrats-Präsident Schuster sagte der KNA, es sei zwar zu begrüßen, dass Bätzing eine Debatte über ein gesellschaftliches Innehalten anstoße. „Wir stehen einem interreligiösen Feiertag allerdings eher skeptisch gegenüber.“ Jüdische Feiertage seien in der Regel biblisch, wenige nach-biblisch oder neuzeitlich. „Es stünde uns nicht an, einen Feiertag zu schaffen, der einen religiösen Charakter hat.“ Für einen Tag des Innehaltens würden sich aus Schusters Sicht etwa Aktionen wie ein „Tag der offenen Gotteshäuser“ eignen, der interkonfessionell gestaltet werden könne.

Khorchide lobte Bätzings Idee. „Damit sich aber auch nichtreligiöse Menschen angesprochen fühlen, wäre es nicht besser, von einem interreligiösen und zugleich zwischen-weltanschaulichen Feiertag zu sprechen?“, sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie der Uni Münster der KNA. Spiritualität könne dabei jeder auf seine Art entfalten.