Frauenrechte

Wiener Vatikan-Mitarbeiter kritisiert Männerdominanz

Der Wiener Priester und Mitarbeiter des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog, Michael Weninger, hat vor den Folgen der Herabwürdigung von Frauen aus religiösen Gründen gewarnt. Kritik übte er auch am Frauenbild in der „männerzentrierten“ römisch-katholischen Kirche und am Umgang mit Ordensfrauen.

Ungerechte Geschlechterverhältnisse und ein „Patriachat aus vermeintlichen religiösen Gründen heraus“ leisten der Herabwürdigung von Frauen einen wesentlichen Vorschub. Die gesellschaftliche Konsequenz sei eine Instrumentalisierung der Frau für bestimmte „niedrige Positionen“ bis hin zu moderner Sklaverei und Menschenhandel.

Das kritisierte der Vatikan-Diplomat in einem Interview mit der römisch-katholischen Nachrichtenagentur Kathpress aus Anlass eines am Dienstagnachmittag beginnenden internationalen G20-Religionsgipfels. Weninger und die Menschenrechts-Aktivistin und Ordensfrau Cecilia Espenilla sind beim „G20 Interfaith Forum“ Referenten eines Panels über „Menschenhandel und moderne Sklaverei“.

Ausbeutung und Menschenhandel als Folge

Als Gründe für Ausbeutung, moderne Sklaverei und Menschenhandel nannte Weninger auch soziale, finanzielle sowie religiöse Missstände. Eine Herabwürdigung von Frauen aus religiösen Gründen habe „immer gesellschaftliche Folgewirkungen“, so der Geistliche. Zwar seien auch Männer von Menschenhandel betroffen, jedoch nicht in dem schweren Ausmaß. Betroffene Kinder und Frauen würden vor allem zur Prostitution oder schwerer körperlicher Arbeit gezwungen.

Der Mitarbeiter der römischen Kurie äußerte sich auch kritisch über das Frauenbild in der katholischen Kirche. Hier gebe es Nachholbedarf, vor allem was die Position und Behandlung von Ordensfrauen anbelange, so Weninger, der sich selbst zwar nicht als Feminist, aber „aktiv für die Sache der Frauen“ versteht.

Ordensfrauen „instrumentalisiert“

„Ordensfrauen werden teils für die Zwecke einer männerzentrierten Kirche instrumentalisiert.“ Resultat seien u.a. Fälle von Ausbeutung von Frauen im geweihten Stand, wie sie in den vergangenen Jahren mehrmals publik geworden sind.

Ordensfrau am Petersplatz im Vatikan
APA/AFP/Alberto Pizzoli
Ordensfrauen müssten in der Kirche führende Rollen einnehmen, sagt der Priester Michael Weninger

„Ordensfrauen werden aktuell nicht genug gewürdigt und an den Rand gedrängt“, konstatierte Weninger. Als Grund nannte er u.a. das Kirchenrecht, das Ordensfrauen „wie Laien behandelt“.

„Weg von männerzentrierter Kirche“

Durch ihren „frommen Lebenswandel und exzellente Ausbildung, müssten Ordensfrauen aber eigentlich führende Rollen in der Kirche einnehmen“, appellierte der Vatikan-Mitarbeiter, der vor seiner Priesterweihe im diplomatischen Dienst Österreichs stand. Es gelte nun „den Schatz der Frauen“ zu heben und ihr Potenzial für die Kirche zu nutzen.

Ziel müsse eine „geschwisterlichen Kirche“ sein, so Weninger, der diesbezüglich auch auf jüngste Dokument des Papstes „Fratelli tutti“ verwies, in dem Papst Franziskus die Geschwisterlichkeit der Kirche und die Gleichwürdigkeit der Geschlechter hervorhob. „Wir müssen weg von einer männerzentrierten klerikalen Kirche“; eine „klerikalisierte Frauenkirche“ sei aber auch kein Ausweg, stellte der Vatikan-Diplomat fest.

Live im Internet

Im Rahmen des fünftägigen „G20 Interfaith Forum“ beraten bis 17. Oktober rund 500 Religionsführer, Experten und Politiker über die Folgen der Coronavirus-Pandemie und Strategien gegen gewaltsame Konflikte, Klimawandel, Hassrede und Menschenhandel. Aus Österreich nimmt auch der Gemeinderabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, Schlomo Hofmeister, an der Konferenz teil.

Wegen der Pandemie findet das Forum online statt. Die fünftägige Veranstaltung wird live auf der Website übertragen. Die Ergebnisse sollen Ende November den Staats- und Regierungschefs der führenden Volkswirtschaften der Welt bei ihrem diesjährigen G20-Gipfel vorgelegt werden.

UNO und KAICIID beteiligt

Der G20-Religionsgipfel wird von der „G20 Interfaith Forum Association“ im Verbund mit dem Wiener Dialogzentrum KAICIID, der Allianz der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UNAOC) und dem Nationalen Komitee für interreligiösen und interkulturellen Dialog Saudi-Arabiens organisiert.

Beim Auftaktpodium am Dienstagnachmittag sollte neben zahlreichen Religionsspitzenvertretern wie dem vatikanischen Kurienkardinal Miguel Angel Ayuso, dem orthodoxen Ökumenischen Patriarch Bartholomäus I. und Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt als Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, auch die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina J. Mohammed sprechen.