Interreligiöses Treffen

Friedensappell der Religionen im Jahr der Pandemie

Vertreter der christlichen Konfessionen, des Islam, Judentums, Hinduismus und des Buddhismus haben Dienstagabend in Rom einen Friedensappell unterzeichnet. Dieser wurde an anwesende Politiker übergeben.

Bei einem Friedenstreffen am Dienstagabend in Rom haben Papst Franziskus und andere Religionsvertreter Gläubige aller Religionen zu mehr Einsatz für Frieden aufgerufen. Kriegen und Konflikten, die durch die Pandemie verschärft seien, ein Ende zu setzen sei insbesondere „eine unaufschiebbare Pflicht aller politischen Verantwortungsträger“, so Franziskus.

„Den Verantwortlichen der Staaten sagen wir: Lasst uns gemeinsam an einer neuen Architektur des Friedens arbeiten“, heißt es in der Erklärung. Der Papst und die anderen Teilnehmer trugen fast durchgängig einen Mund-Nasen-Schutz.

„Keiner kann sich dem entziehen“

Zum Schluss des Papiers schreiben die Religionsvertreter: „Keiner kann sich dem entziehen. Wir sind alle mitverantwortlich. Wir alle haben es nötig, zu vergeben und um Vergebung bitten. Die Ungerechtigkeiten der Welt und der Geschichte heilen nicht durch Hass und Rache, sondern durch Dialog und Vergebung. Gott gebe uns allen diese Ideale ein für den Weg, den wir gemeinsam gehen; er berühre die Herzen aller und mache uns zu Boten des Friedens.“

Hochrangige Religionsvertreter in Rom bei einer Schweigeminute
APA/AP/Gregorio Borgia
Hochrangige Religionsvertreter in Rom bei einer Schweigeminute für die Opfer der Covid-19-Pandemie und von Kriegen

Gott werde jeden dementsprechend „zur Rechenschaft ziehen“. Es war die erste öffentliche Veranstaltung seit Beginn des Lockdowns in Italien, zu der Franziskus den Vatikan verlassen hat. Auch der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella nahm daran teil.

„Brennender Durst nach Frieden“

Die Welt habe heute „einen brennenden Durst nach Frieden“, so der Papst weiter. Diesen könne allerdings kein Volk, keine Gruppe Frieden, Sicherheit und Glück allein erreichen. Frieden sei nur durch Kooperation, Dialog und Geschwisterlichkeit möglich, lautete eine durchgehende Mahnung auch aller anderen Sprecher aus christlichen Konfessionen, Islam, Judentum, Hinduismus und Buddhismus.

Zudem, so der Papst weiter, zeige das Treffen in Rom sei deutlich, „dass die Religionen keinen Krieg wollen, sondern vielmehr alle, die Gewalt religiös zu verklären suchen, Lügen strafen“.

EKD-Chef: Gemeinsame Feier des Abendmahls zulassen

Rom (dpa) – Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, nutzte das Gebetstreffen mit Papst Franziskus, um an den Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl mit katholischen Gläubigen zu erinnern. Bedford-Strohm appellierte in seiner Ansprache in der Basilika Santa Maria in Aracoeli, die Trennung der Kirchen zu überwinden.

„Während meiner Lebenszeit eines Tages diese Einheit in der gemeinsamen Feier des Abendmahls zu erfahren, ist mein ganz persönlicher Traum“, sagte er. Der 83-jährige Papst Franziskus saß dabei. Das katholische Kirchenoberhaupt hat wiederholt für die Überwindung von Spaltungen geworben. Gleichzeitig hat der Vatikan den Bestrebungen deutscher Bischöfe für gemeinsame Abendmahlsfeiern unlängst deutlich widersprochen.

Großimam: Globalisierung neu denken

Großimam Ahmad al-Tajjib von Kairo verurteilte in einer verlesenen Rede den islamistischen Terroranschlag von Paris. Als Großimam der Al-Azhar erkläre er „vor dem allmächtigen Gott, dass ich mich sowie die Lehren des Islam und des Propheten von dieser abscheulichen kriminellen Tat distanziere und von allen, die solche abweichenden, falschen Gedanken annehmen“.

Gleichzeitig verurteilte er es, wenn „unter dem Slogan der Meinungsfreiheit“ Religionen beleidigt und ihre Symbole missbraucht würden. Im Übrigen habe die Pandemie die trügerischen Versprechen der bisherigen Globalisierung entlarvt. Statt dessen gelte es, sich gegen die mit ihr verbundene Ausbeutung, kulturelle Gleichmacherei und Diskriminierung zu wehren. Es sei eine Zeit für eine neue Globalisierung, die auf Geschwisterlichkeit beruhe.

Patriarch: Ökologische Krise angehen

Patriarch Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, forderte angesichts der Pandemie neue Maßnahmen gegen die ökologische Krise des Planeten. „Die Zeit der ökologischen Moden, ihrer Idealisierung oder schlimmer noch, ihrer Ideologisierung, ist vorbei“, so Bartholomaios. Es sei Zeit, endlich zu handeln. Dazu gehöre es auch, „eine rein säkulare soziokulturelle Ordnung“ zu untergraben und in ihr „das göttliche Fragment“ zu spüren.

„Welt ohne Krieg keine Illusion“

Nach den Ansprachen der Religionsvertreter wurde in einer Schweigeminute der Toten der Pandemie und der Kriege in diesem Jahr gedacht. In einem abschließend unterzeichneten Friedensappell heißt es: „Es ist erneut Zeit für die kühne Vision, dass Friede möglich ist, dass eine Welt ohne Krieg keine Illusion ist.“ Darin appellieren sie „an die Regierenden, die Sprache der Spaltung zurückzuweisen, die sich oft aus Gefühlen der Angst und des Misstrauens nährt.“

Zu Beginn des Treffens hatte jede Glaubensgemeinschaft für sich ein Friedensgebet in der eigenen Tradition gehalten. An dem von der katholischen Gemeinschaft Sant’Egidio jährlich organisierten interreligiösen Treffen, das wegen der Pandemie auf einen Nachmittag verkürzt worden war, nahmen nach Veranstalterangaben rund 600 geladene Gäste physisch teil. Zudem hätten weltweit Tausende die Live-Übertragung im Internet verfolgt.

„Seite an Seite gebetet“

Im gemeinsamen Friedenappell bekennen sich die Religionsvertreter zu Verpflichtung, Frieden zu leben. Man sei in Rom im ‚Geist von Assisi‘ zusammengekommen. „So haben wir Seite an Seite gebetet, um die Gabe des Friedens auf unsere Erde herabzuflehen“.

„Wir gedachten der Wunden der Menschheit; wir tragen im Herzen das stille Gebet so vieler Leidender, die viel zu oft ohne Namen und ohne Stimme sind. Aus diesem Grunde fühlen wir uns verpflichtet, diesen Friedensappell zu leben und ihn den Verantwortlichen der Staaten wie auch den Bürgerinnen und Bürgern der ganzen Welt feierlich zu unterbreiten“, so der Beginn des Aufrufs.

An dem Treffen nahmen neben Papst Franziskus der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I., der anglikanische Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, und der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sowie Vertreter aus Islam, Judentum, Hinduismus und Buddhismus teil.