Homosexuelle Paare

Papst-Aussagen: Theologe erwartet „Panik im Vatikan“

Der österreichische Familienbischof Hermann Glettler hat sich positiv über das Bekenntnis von Papst Franziskus zu einem rechtlichen Schutz für gleichgeschlechtliche Paare in Form von eingetragenen, zivilen Partnerschaften geäußert. Der Theologe Paul Zulehner erwartet wegen der Aussagen von Franziskus allerdings „Panik im Vatikan“.

„Diese notwendige und begrüßenswerte Forderung ist in Österreich längst umgesetzt, aber bei weitem noch nicht in allen Ländern weltweit“, erklärte der Innsbrucker Bischof Glettler am Donnerstag in einer Stellungnahme gegenüber der römisch-katholischen Nachrichtenagentur Kathpress. Glettler ist in der Österreichischen Bischofskonferenz für das Referat „Ehe und Familie“ verantwortlich.

Die römisch-katholische Kirche in Österreich pflege seit vielen Jahren einen „bewusst wertschätzenden Umgang“ mit homosexuell orientierten Menschen. In einigen Diözesen gebe es drüber hinaus spezielle Initiativen und Arbeitskreise, „um Vorurteile abzubauen, spirituelle Heimat zu ermöglichen und mit und für diese Zielgruppe auch als Kirche präsent zu sein“, so der Bischof: „Gott lädt uns alle ein, an seiner lebendigen Kirche mitzubauen.“

Papst verursacht Schlagzeilen

Zu dem Thema verursachen neue Aussagen von Papst Franziskus aktuell international Schlagzeilen. "Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben. Sie sind Kinder Gottes und haben das Recht auf eine Familie, sagte der Papst im Interview für einen neuen Dokumentarfilm, der am Mittwoch in Rom Premiere feierte.

Dem dürfe man sich nicht entgegenstellen, betonte der Papst in dem Film „Francesco“ des russischen Regisseurs Evgeny Afineevsky. „Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht.“ Betroffene sollten rechtlich abgesichert sein.

Kardinal Timothy Dolan mit anderen Kardinälen im Vatikan
Reuters/Alessandro Bianchi
Ärger bei konservativen Geistlichen – dazu zählt etwa US-Kardinal Timothy Dolan – sei zu erwarten, schreibt Theologe Zulehner

Ärger „bei Konservativen“ prognostiziert

Einen „großen Schritt nach vorn“ sieht der Wiener Theologe Paul M. Zulehner in den jüngsten Papst-Aussagen, gleichzeitig sei vorhersehbar, dass nach dem unerwarteten päpstlichen Statement „Panik im Vatikan“ ausbrechen werde, schrieb der Wiener Pastoraltheologe am Donnerstag in seinem Online-Blog. Auch würden die Worte dem Papst „bei seinen konservativen ‚Freunden‘ weiteren Ärger einbringen“, prognostizierte Zulehner.

Dabei argumentiere der Papst in dem neuen Dokumentarfilm „Francesco“ elementar mit der Menschenwürde: „Alle Menschen sind Kinder Gottes und haben damit eine unantastbare Würde“, fasste der Theologe die Überzeugung des Papstes zusammen.

Dies gelte auch für gleichgeschlechtlich ausgerichtete Personen. Franziskus sei zudem „leidsensibel“, erklärte Zulehner: „Es ist ihm klar, wie viel tödliche Gewalt Homosexuelle im Lauf der Geschichte erlitten haben. Von nun an können sich ideologische Diskriminierer nicht mehr auf den Papst berufen.“

Ehe „zwischen Mann und Frau“

Auf die kirchliche Trauung gehe der Papst in dem Film nicht ein, so Zulehner abschließend. Der Papst hatte in der Vergangenheit diesbezüglich gesagt, dass „es keine Verwechslung zwischen der von Gott gewollten Familie und irgendeiner anderen Art von Verbindung geben darf“. So erklärte er 2016: „Die Ehe zwischen Mann und Frau“ müsse von anderen Verbindungen unterschieden werden.

Zulehner verwies in seinem Blog auf Daten seiner jüngsten Langzeitstudie über „Religion im Leben der Österreicher*innen 1970-2020“, die er unter dem Titel „Wandlung“ veröffentlicht hat. Demnach seien zwei Drittel der Katholikinnen und Katholiken im Land der Ansicht, dass die Kirchen ihr Trauungsritual „für jede Art von Liebesbeziehungen öffnen sollen“. Für ein Drittel der Befragten gilt hingegen die Verbindung zwischen Mann und Frau und deren grundsätzliche Offenheit für Kinder als Voraussetzung für das Sakrament der Ehe.