Anschlag in Wien

Europäische Rabbiner: Müssen uns wehren

„Dieser feige Terrorakt ist ein Angriff auf alle Menschen in Europa, unsere Werte und Lebensweise“, sagte Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt. „Wir dürfen diesen Terror nicht länger hinnehmen und müssen uns bereits gegen die Ursachen jeglicher Art von Extremismus wehren.“

„Unsere Herzen und Gebete sind bei den Opfern und ihren Angehörigen“, erklärte der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) und Oberrabbiner von Moskau zum Terrorangriff in Wien. Als Konsequenz forderte er am Dienstag aber auch eine neue Religionspolitik in Europa.

Die islamistisch motivierte Anschlagsserie der letzten Wochen (auch in Frankreich) zeige: „Wir brauchen eine neue Religionspolitik in Europa, die auch den Sicherheitsaspekt miteinschließt und Europas Staaten befähigen, diesem religiösen Extremismus on- und offline den Nährboden zu entziehen.“ Es sei wichtig zu wissen, was hierzulande in den Moscheen wie auch in anderen Gotteshäusern gepredigt werde, vom wem sie finanziert werden, welche ausländischen Einflüsse solche schrecklichen Taten begünstigen und wie soziale Medien als Vehikel hierfür dienen.

Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender der europäischen Rabbinerkonferenz.
APA/AFP/David Gannon
Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt fordert eine neue Religionspolitik

Mehr Kontrolle, mehr Transparenz, mehr Sicherheit

„Hier brauchen wir viel mehr Kontrolle und Transparenz. Religiöse Führer müssen hier in Europa ausgebildet und zertifiziert werden. Sie müssen ihre Loyalität zu den hier geltenden Gesetzten zeigen. Sie müssen sich zu Frieden und Toleranz bekennen und ihren Gemeinden dies auch vermitteln, um religiösem Fanatismus den Boden zu entziehen. Jetzt geht es darum Europa zu befähigen, diesem religiösen Extremismus den Nährboden zu entziehen“, so Goldschmidt.

Für die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zeigt der Terroranschlag in Wien „eine Rohheit und eine Verachtung für menschliches Leben, die man sich kaum vorstellen kann“. Der Anschlag sei ein Angriff auf die Freiheit, die Demokratie dürfe nicht wehrlos bleiben gegenüber ihren Feinden. „Um gegen die Radikalisierung in unserer Mitte vorzugehen, muss jetzt etwas geschehen. Freiheit braucht Sicherheit.“

Deutscher Zentralrat der Juden bestürzt

Der Zentralrat der Juden in Deutschland reagierte mit großer Bestürzung auf den Anschlag in Österreich. „Nach den jüngsten Attentaten in Frankreich haben jetzt in Wien erneut Islamisten einen Angriff auf unsere freiheitlichen Demokratien und unsere Werte verübt, dem unschuldige Menschen zum Opfer fielen“, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag.

Ob auch die Synagoge eines der Anschlagsziele war, sei zwar derzeit noch unklar, sagte Schuster. Unabhängig davon stehe aber fest, „dass Islamisten religiöse Toleranz und unsere pluralen Gesellschaften verachten“. Gerade jetzt „müssen wir gemeinsam in Europa noch stärker für unsere demokratischen Werte einstehen und diesem Hass entgegenwirken“.

Einer oder mehrere Angreifer hatten am Montagabend in der Wiener Innenstadt um sich geschossen, es wurden mindestens vier Menschen getötet. Ein Angreifer wurde von der Polizei erschossen. Die Polizei fahndet nach möglichen weiteren Tätern. Bei dem erschossenen Angreifer handelt es sich nach den Worten des österreichischen Innenministers Karl Nehammer um einen „Sympathisanten der Terrormiliz IS“.