Missbrauch

Polen sehen Versäumnisse Johannes Paul II.

Auch nach dem vatikanischen Bericht über den Missbrauchstäter und Ex-Kardinal Theodore McCarrick sieht eine große Mehrheit der Polen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) weiter positiv. Was sein Vorgehen gegen Missbrauch betrifft, orten sie aber Versäumnisse.

83 Prozent bewerteten in einer Umfrage der Zeitung „Rzeczpospolita“ die Amtszeit des polnischen Papstes als gut und nur sechs Prozent als schlecht. Allerdings meinten 51 Prozent, Johannes Paul II. habe nicht genügend gegen die von Geistlichen begangenen sexuellen Missbräuche unternommen.

23 Prozent hielten seine Maßnahmen hierzu für ausreichend, die übrigen 26 Prozent trauten sich kein Urteil zu. Das Institut IBRiS befragte am Freitag und Samstag landesweit 1.100 Personen.

McCarrick trotz Gerüchten aufgestiegen

Der Vatikan hatte vor einer Woche den rund 450 Seiten umfassenden Bericht der Kurienleitung über den Aufstieg des heute 90-jährigen McCarrick vorgelegt, der zu den einflussreichsten US-amerikanischen Geistlichen in der katholischen Kirche gehörte.

Papst Johannes Paul II. und Kardinal Theodore McCarrick erteilen nach der Generalaudienz am 1. September 2004 im Vatikan ihren Segen
Reuters/Alessandro Bianchi
Papst Johannes Paul II. und Kardinal Theodore McCarrick erteilen nach der Generalaudienz am 1. September 2004 im Vatikan ihren Segen

Nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen wurde McCarrick 2018 aus dem Kardinalsstand und 2019 aus dem Klerikerstand entlassen. McCarricks Fehlverhalten war dem Vatikan-Bericht zufolge seit den 1990er Jahren gerüchteweise bekannt, verhinderte aber nicht seinen Aufstieg in der Kirchenhierarchie.

Nicht auf Krise vorbereitet

Der Kinderschutzkoordinator der Polnischen Bischofskonferenz, Pater Adam Zak, verteidigte Johannes Paul II. gegen Kritik. Der Papst habe auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen „neue, radikale Mittel“ zur Lösung des Problems ergriffen, sagte er der polnischen Nachrichtenagentur KAI.

Johannes Paul II. habe nicht alle Einzelheiten gewusst. Der Vatikan sei damals nicht auf eine solch große Krise vorbereitet gewesen. Er habe nicht über einen geeigneten Apparat verfügt, um in größerem Umfang eigene Prüfungen (Visitationen) vor Ort durchzuführen.