Bildung

Ethikunterricht beschlossen

Der Nationalrat hat am Freitag die Einführung eines verpflichtenden Ethikunterrichts für jene Schüler beschlossen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Ethikunterricht wird es ab der neunten Schulstufe geben.

Dafür stimmten ÖVP, FPÖ und Grüne, wobei letztere die Hoffnung äußerten, dass dies nur der erste Schritt zu einem Ethikunterricht für alle sei. SPÖ und NEOS zweifelten daran, während sich die FPÖ lieber der Forderung nach Regelunterricht auch in Coronaviruszeiten widmete.

Ethikunterricht wird es ab der neunten Schulstufe geben. Ausgenommen sind Berufsschulen und Polytechnische Schulen. Los geht es ab dem Schuljahr 2021/22. Begonnen wird zunächst mit den neunten Schulstufen, im Jahr darauf folgen die neunten und zehnten usw. Der Endausbau wird dann 2025/26 erreicht sein. Das Ausmaß des Unterrichts wird zwei Stunden pro Woche betragen.

Erzbischöfliches Schulamt erfreut

Die Leiterin des Erzbischöflichen Amts für Schule und Bildung, Andrea Pinz, begrüßte den Beschluss. Der vorangegangene mehrjährige Entscheidungsfindungsprozess sei „mit großer Sachkompetenz, mit pädagogischem Fingerspitzengefühl und auch mit der erforderlichen Konsequenz“ erfolgt, hieß es in einer Aussendung am Freitag.

Oberstufenschüler in einem Klassenzimmer
APA/dpa/Sebastian Kahnert
In Zukunft soll es Ethikunterricht für die Schülerinnen und Schüler geben, die keinen Religionsunterricht besuchen

Pinz, die als Leiterin des Interdiözesanen Amtes für Unterricht und Erziehung (IDA) auch gesamtösterreichische Agenden wahrnimmt, dankte besonders auch den zuständigen Politikern, die „das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht haben“; so habe Minister Heinz Faßmann früh Kontakt mit allen Religionsvertretern aufgenommen.

Pinz: „Religion bietet viel an Ethik“

Die Lehrpläne des inhaltlich von den christlichen Kirchen verantworteten Religionsunterrichts haben laut der Schulamtsleiterin einen hohen Anteil an ethischen Themenstellungen und decken sich über weite Strecken mit jenen für den Ethikunterricht. Es gehe um soziales Zusammenleben, Frieden, Gerechtigkeit, Schöpfungsverantwortung, Menschenrechte u.a.

Der Religionsunterricht ermögliche aber auch „reflektierte, vernunftgeleitete Auseinandersetzung mit den eigenen religiösen Wurzeln“ und mit Religion im Allgemeinen. Das trägt nach der Überzeugung von Pinz gerade in der gegenwärtigen Situation bei, fundamentalistischen Tendenzen entgegenzuwirken und den interreligiösen Dialog zu fördern, so die Aussendung.

Eigenes Lehramtsstudium geplant

Die Verantwortliche für das katholische Schulwesen sprach sich auch für eine enge Zusammenarbeit zwischen Religions- und Ethikunterricht aus. Die Erfahrungen aus mehr als 200 Ethik-Schulversuchen hätten gezeigt, wie wichtig Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten zwischen Religion und Ethik sind.

An den Pädagogischen Hochschulen laufen derzeit in Kooperation mit den Universitäten Ausbildungslehrgänge zur Qualifizierung für den Ethikunterricht, künftig soll es ein eigenes Lehramtsstudium geben. Auch bereits im Dienst befindliche Lehrkräfte aller Unterrichtsgegenstände seien Zielgruppe. Dass sich damit auch Religionslehrerinnen und -lehrer ein weiteres pädagogisches Standbein erwerben können, findet Pinz naheliegend. Denn sie würden aus ihrem Studium viel an ethischer Vorbildung mitbringen.

Weiter Religionsunterricht

Für die ÖVP verteidigte Rudolf Taschner, dass die verpflichtende Ethik nur für vom Religionsunterricht abgemeldete Schüler bzw. für jene ohne religiöses Bekenntnis eingeführt wird. Es gehe darum, Religionsunterricht weiter an den Schulen zu haben, und nicht in Hinterhöfen. Er verwies auf fundamentalistische Tendenzen mancher Religionen und zeigte sich von der Überlegenheit des österreichischen Modells gegenüber dem Laizismus etwa in Frankreich überzeugt.

„Ethik für alle wollen wir auch“, sagte die Grüne Sibylle Hamann. Sie fand es aber besser, auf dem Weg dorthin mit Ethik für einige zu starten: „Das wird auch dem Religionsunterricht guttun.“ Mit diesem Gesetz sei eine Tür geöffnet worden. Religions- und Ethikunterricht werde gleichzeitig stattfinden, übergreifende Projekte seien möglich.

SPÖ und NEOS: Ethikunterricht für alle

SPÖ und NEOS zeigten sich höchst unzufrieden. „Ethik wird zur Strafe für jene, die sich vom Religionsunterricht abmelden oder atheistisch sind“, kritisierte die Wiener SP-Mandatarin Nurten Yilmaz, die sich schon ganz auf Linie der neuen Koalition in der Bundeshauptstadt zeigte. „Die NEOS als die wirklich bürgerliche Partei wissen, dass Bildung zentral ist“, meinte sie: „Von der schwarz-grünen Regierung kann man das leider nicht sagen. Sie trennen weiterhin unsere Kinder nach Klassen und in Klassen.“

Martina Künsbrg Sarre (NEOS) warf Türkis-Grün vor, eine historische Chance vertan zu haben. Man brauche einen Ethikunterricht für alle, und zwar ab der ersten Schulstufe, erklärte sie. Dass nun eine Tür geöffnet sei, stellte sie in Abrede. Wenn ein Gesetz einmal da sei, komme erfahrungsgemäß ganz lange nichts. Die Haltung der Grünen sei naiv, sie seien einmal mehr umgefallen.

Ausweitung des COVID-19-Schulstornofonds

Bei der FPÖ hielt man sich mit dem Ethikunterricht nicht auf, stattdessen stellte die Oppositionsfraktion die Kritik am Distance-Learning während des Coronavirus-Lockdowns in den Mittelpunkt. „Herr Bundeskanzler, sperren Sie die Schulen wieder auf“, verlangte FPÖ-Mandatar Hermann Brückl: „Holen Sie die Kinder zurück ins Leben.“

Beschlossen wurde im Bildungskapitel auch die auf das gesamte Schuljahr 2020/21. Geld kann es dadurch für alle Veranstaltungen geben, für die vertragliche Verpflichtungen (z. B. Buchungen) vor dem Ende des Schuljahres 2019/2020 eingegangen wurden – also beispielsweise für Skikurse.