Online-Tagung

Papst für radikale Wende der Wirtschaft

Papst Franziskus hat junge Wirtschaftsakteure zu einem radikalen Umdenken aufgerufen. Es gehe darum, Ungleichheiten zu reduzieren, Diskriminierung zu bekämpfen und den Menschen aus seinen Versklavungen zu befreien.

Er rief junge Menschen dazu auf, auf allen Ebenen der Gesellschaft an einem neuen, gerechten Wirtschaftssystem zu arbeiten. Er warb für ein systematisches Einbeziehen von Schwachen. „Das sind keine Träume: Das ist der Weg“, sagte der Papst am Samstag in einer Videobotschaft an das vatikanische Online-Treffen „Economy of Francesco“. Nicht auf Profit, sondern auf den Menschen müsse man setzen, mahnte der Papst.

Das herrschende globale System sei „nicht nachhaltig unter mehreren Gesichtspunkten“, es schädige den Planeten und mit ihm die Armen und Ausgegrenzten, so der Papst in seinem Video, wie Radio Vatikan berichtete.

„Pakt von Assisi“

Das mehrtägige Online-Treffen von überwiegend jungen Wirtschaftstreibenden hätte ursprünglich im Mai in Assisi stattfinden sollen. Franziskus rief die jungen Menschen in seiner Botschaft dazu auf, sich dem „Pakt von Assisi“ anzuschließen, der die Grundlagen einer neuen, gerechten Gesellschaft über Bildung, Forschung und eine gemeinwohlorientierte Politik legen will.

Papst Franziskus bei einer Rede
APA/AFP/Vincenzo Pinto
Papst Franziskus rief zu einer Wende im Wirtschaftsdenken auf

In „Städten und Universitäten, in der Arbeitswelt und in den Gewerkschaften, in den Unternehmen und Bewegungen, in den öffentlichen und privaten Ämtern“ sollten die jungen Menschen, die gemeinsam von der Vision einer gerechten Gesellschaft beseelt sind, sich einbringen und bis in die Mitte vordringen, dorthin, „wo die Themen und Paradigmen ausgearbeitet und entschieden werden“, so der Papst.

Solidarisches Wirtschaftssystem

Der italienische Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri begrüßte die Worte des Papstes. „Franziskus ruft uns zur Planung eines solidarischen Wirtschaftssystems, in dem Menschen und Schutz des Planeten im Mittelpunkt stehen, auf“, kommentierte Gualtieri per Twitter.

Wachstumsprogramme dürften keinen anderen Zweck haben als den Dienst für den Menschen. Daran müssten Wirtschaft und Politik im Dialog arbeiten, sagte der Papst. Nachdrücklich forderte der Papst, Arme an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.

An dem dreitägigen Austausch über alternative Wirtschaftsformen hatten nach Vatikanangaben 2.000 junge Unternehmer, Wissenschaftler und Aktivisten aus 115 Ländern gemeinsam mit namhaften Ökonomen und Globalisierungskritikern teilgenommen.

Neubesinnung auf das Gemeinwohl

Der Papst verlangte für sozial Ausgeschlossene das Recht, ihr Leben und das der Gesellschaft selbst zu gestalten. Es gelte, nicht für sie, sondern mit ihnen nachzudenken. Die Armen hätten „genug Würde, um in unseren Treffen Platz zu nehmen, an unseren Diskussionen teilzunehmen“, betonte das Kirchenoberhaupt. Kreditsysteme allein seien „nur ein Weg in Armut und Abhängigkeit“.

Um die Lebensbedingungen auf dem Planeten zu gestalten und zu verbessern, sei es unerlässlich, Lebensstile, Produktions- und Konsumweisen sowie Machtstrukturen zu verändern, sagte Franziskus. Er forderte eine Neubesinnung auf das Gemeinwohl. Die „bloße Summe von Einzelinteressen“ sei nicht in der Lage, eine bessere Welt für die gesamte Menschheit zu schaffen, sagte der Papst.

Wenn die derzeitige Gesundheitskrise vorüber sei, „wäre die schlechteste Reaktion, noch stärker in fieberhaften Konsumismus und neue Formen egoistischen Selbstschutzes zurückzufallen“. Niemand könne sich allein retten, sagte Franziskus.