14 Nothelfer, Künstler:  Tilman Riemenschneider
Legenden

14 Nothelfer: Ein Hilfspaket für jede Krise

Die christliche Tradition kennt 14 hochspezialisierte Nothelfer und Nothelferinnen für die unterschiedlichsten Situationen: Für jede missliche Lage, jedes Problem und jede Krise findet sich eine oder einer. Die 14 Nothelfer werden der Tradition zufolge am besten im Paket angerufen.

„Sie sind sozusagen eine Bündel-Versicherung, ein himmlisches Versicherungspaket. Der Vorteil: Wenn ich mir – zum Beispiel jetzt in Corona-Zeiten – nicht sicher bin, wer der oder die Richtige für mein Anliegen ist, rufe ich sie einfach alle an“, sagte der römisch-katholische Theologe und Buchautor Markus Hofer im Gespräch mit Ö1.

Der Theologe beschäftigte sich eingehend mit den Geschichten und Legenden rund um die 14 Nothelfer und Nothelferinnen. Da wäre etwa Achatius, der für den Schutz vor Krieg und Kopfweh zuständig ist, Christophorus, der Reisende und Schatzgräber schützen soll, oder Vitus, an den sich im Speziellen Jugendliche und Bierbrauer wenden.

Der Heilige Christophorus, Gemälde auf Holztafel, etwa 1435
Public Domain/The Yorck Project (2002)
Christophorus trug der Legende nach Jesus durchs Wasser

Wann genau sich dieser illustre Kreis von Heiligen herausgebildet hat, ist nicht gesichert, wohl im Laufe des 14. Jahrhunderts im bayrischen Sprachraum. Beim Konzil von Trient im 16. Jahrhundert wurden diese Heiligen als Nothelferinnen und Nothelfer jedenfalls festgeschrieben. Die allermeisten von ihnen waren frühchristliche Märtyrerinnen und Märtyrer aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert.

„Singend und betend in den Tod“

Sie zählen zu den ersten Heiligen überhaupt, sagte Markus Hofer. „Da gibt’s auch Zeugnisse von damals, dass Männer und Frauen singend und betend in den Tod gegangen sind. Das hat die anderen Christen sehr beeindruckt und sie haben begonnen, diese Menschen, die ihr Leben für den Glauben gegeben haben, zu verehren.“ Bei den Katakomben, den Gräbern dieser Märtyrerinnen und Märtyrer, habe man sich getroffen und Gottesdienste gefeiert. „Mit der Zeit hat sich auch der Reliquienkult herausgebildet und darin wurzelt letztlich die gesamte christliche Heiligenverehrung.“

Schon früh haben sich fabelhafte und zugleich schauerliche Legenden um sie gerankt. Zuständig waren sie in der Folge für alles Denk- und Undenkbare: „Da kommt echt alles vor, also Berufspatronate, persönliche Nöte, Gesundheit, Wetter und dann auch noch die Länderpatronate. Der Heilige Georg ist beispielsweise heute noch der Patron von England, Georgien und Griechenland“, sagte Hofer. Mitunter werden regional auch andere Heilige dazu und manche weggezählt, je nach Tradition, aber im Grunde sind es die folgenden 14.

Die 14 Nothelfer im Überblick

Achatius von Byzanz: Ein sogenannter Soldaten-Märtyrer, der historisch nicht klar festzumachen ist. Er soll wegen seines Glaubens mit Dornen gegeißelt und schließlich enthauptet worden sein. Unter anderem wurde er zum Patron der Soldaten und soll Schutz vor Krieg und Verfolgung bieten. Daneben war er auch zuständig für Kopfweh.

Ägidius von Saint-Gilles: Der einzige unter den Nothelfern, der nicht als Märtyrer starb. Er gilt u. a. als Helfer für eine gute Beichte und Patron der stillenden Mütter. Im Mittelalter war er extrem populär, einige Orte sind nach ihm benannt, z. B. St. Gilgen am Wolfgangsee.

Barbara: Eine der bekanntesten christlichen Heiligen, historisch aber kaum fassbar. Unter anderem gilt sie als Patronin der Bergleute, Geologen, Architekten, Maurer, Elektriker, Bauern, Köche, Totengräber und besonders der jungen Frauen. Mit den „Barbara-Zweigerln“ ist sie vielerorts aus dem vorweihnachtlichen Brauchtum nicht wegzudenken.

Blasius: Er war Arzt und Bischof, der Legende nach wurde er mehrere Male brutal gefoltert und dann enthauptet. Ihn rief man vor allem in Gesundheitsfragen an, besonders bei Halsschmerzen. Bekannt ist heute noch der sogenannte Blasius-Segen.

Christophorus: Er trug der Legende nach ein Kind durchs Wasser, das sich als Jesus Christus herausstellte. Unter anderem ist er Patron der Reisenden, Pilger und Autofahrer sowie Schutzmacht vor einem unvorhergesehenen Tod.

Cyriakus: Er wurde vor allem in seelischen Nöten angerufen. Unter anderem ist er Patron der Winzer und Nothelfer gegen Frost, Gewitter und schlechtes Wetter.

Dionysius von Paris: Er trägt in den Darstellungen sein eigenes Haupt unter dem Arm. Als erster Bischof von Paris enthauptet ist er zuständig für den Schutz vor Kopfweh und Tollwut.

Erasmus von Antiochien: Gemäß der Legende wurden ihm die Gedärme mit einer Schiffswinde aus dem Leib gezogen. Er wird angerufen bei Unterleibsschmerzen und ist u.a. Patron der Seeleute und Weber.

Eustachius: Er wurde zum Nothelfer gegen die Zerstörung der Natur und ist auch Patron der Förster, Jäger und Tuchhändler. Er konnte auch in Glaubenszweifeln angerufen werden.

Georg: Als großer Held und Kämpfer wurde er als Vorbild christlicher Tapferkeit bereits früh verehrt, besonders von Kreuzfahrern. Als Nothelfer ist er Patron der Reiter und Pfadfinder, aber auch der Waffenschmiede.

Katharina von Alexandrien: Die schöne und weise Frau, die der Legende nach im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder kam, ist unter anderem Patronin der Mädchen, Nonnen und Ehefrauen sowie der Philosophen, Studenten und Buchdrucker.

Margareta von Antiochien: Sie soll im Kerker einen Drachen und somit den Teufel besiegt haben. Man ruft sie an zum Thema Fruchtbarkeit und Gesichtskrankheiten. Sie ist unter anderem Patronin der Gebärenden und Hirten.

Pantaleon: Er soll ein Kind wieder zum Leben erweckt haben und ist unter anderem Patron der Kranken und Ärzte. Außerdem wurde er bei Heuschreckenplagen und Viehkrankheiten angerufen.

Vitus: Der Legende nach hat er schon als Kind heldenhaft gewirkt, daher war er der Patron der Jugendlichen – aber auch der Gastwirte, Schauspieler und Bierbrauer. Er soll vor Unwetter, Feuergefahr und „hysterischen“ Krankheitsbildern schützen.

Heilige Barbara, Kunstwerk aus der University of Toronto Wenceslaus Hollar Digital Collection
Public Domain/Wenceslas Hollar Digital Collection
Die Heilige Barbara ist eine der bekanntesten christlichen Heiligen

Reliquien: Stück Knochen „abgebissen“

Im Mittelalter und im Barock hat sich ein regelrechter Kult um die Heiligen herausgebildet, sagte Kathrin Pallestrang, europäische Ethnologin und Kuratorin im Volkskundemuseum Wien zu Ö1: „Die Grenze zwischen Glauben und Aberglaube ist bei der Heiligenverehrung oft recht dünn. Was gültig und erlaubt ist, hängt aber auch von der jeweiligen Zeit ab.“

Im Mittelalter und Barock wurde etwa noch von der Amtskirche gebilligt, dass Reliquien ohne schützendes Behältnis herumgereicht und geküsst wurden. „Und da kam es auch manchmal vor, dass Gläubige ein Stück von Knochen abgebissen haben. Das war einfach ein Ausdruck von besonderer Frömmigkeit.“ Eine Praktik, die heute unvorstellbar und von der Amtskirche freilich untersagt ist.

Keine „Nebengötter“

Die Heiligenverehrung wurde durch die Jahrhunderte immer wieder von Theologie und Amtskirche reguliert, sagte Pallestrang, die sich viel mit dem Thema Volksfrömmigkeit beschäftigt hat. „Laut römisch-katholischer Kirche darf man sich an die Heiligen wenden, man darf sie verehren, aber sie wirken immer nur durch Gott.

Sie sind heilig durch ihre Anteilnahme an der Heiligkeit Gottes und nur so können sie den Gläubigen Schutz bieten oder etwas für diese erbitten.“ In der Glaubenspraxis werde das oftmals nicht so genau genommen. Aber an sich sei schon immer klar geregelt gewesen, dass das keine „Nebengötter“ seien, so Pallestrang.

Buchtipps:

  • „Die vierzehn Nothelfer. Das himmlische Versicherungspaket“, Markus Hofer / Andreas Rudigier, Tyrolia-Verlag 2020.
  • „Von Bischofsstab bis Besenstiel. Mit 365 Heiligen durchs Jahr“, Bernadette Spitzer, Wiener Dom-Verlag, 2020.

Nothelfer wieder populärer

Insgesamt habe die Verehrung der Heiligen und Nothelferinnen und Nothelfer im Speziellen in den vergangenen Jahrzehnten wieder zugenommen, meinen Pallestrang und Hofer: „Ein Beispiel dafür: Die große Basilika Vierzehnheiligen im Frankenland hat normalerweise rund 500.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr. Es kommen jetzt auch wieder viel mehr Pilgergruppen als noch vor 20 Jahren.“

Ansonsten ist die Verehrung der 14 Nothelferinnen und Nothelfer heute eher auf ländliche Gebiete beschränkt, in denen diese Tradition aufrechterhalten wurde. Aber gerade in Zeiten, in denen neue Krankheiten der Wissenschaft Rätsel aufgeben, könnten die 14 Helfenden wieder ins Spiel kommen, sagte Hofer.

Wer ist denn nun nach römisch-katholischer Lehre anzurufen zum Schutz vor dem Coronavirus? „Man kann es bei der heiligen Corona versuchen“, aber über die wisse man nicht viel, außer dass sie vereinzelt auch bei Tierseuchen angerufen worden ist. Aber: „Wenn ich nicht sicher bin, gilt wieder das Prinzip: Einfach alle Nothelferinnen und Nothelfer um Hilfe und Beistand bitten.“