Lesbos

Bischof und Dompfarrer fordern Aufnahme von Flüchtlingen

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler fordert gemeinsam mit dem Wiener Dompfarrer Toni Faber die Aufnahme von Flüchtlingen von der griechischen Ägäis-Insel Lesbos. Sie unterstützen damit die Initiative „Courage – Mut zur Mitmenschlichkeit“.

Die Aktion erinnerte am Samstag mit einer symbolischen Herbergssuche vor dem Wiener Stephansdom an das Schicksal der rund 9.000 Flüchtlinge auf Lesbos. Dompfarrer Faber bezeichnete im Rahmen der Aktion die Aufnahme der Schutzsuchenden als „Gebot der Stunde“.

Auch in seiner Kolumne im „Kurier“ (Sonntag-Ausgabe) appellierte er an Österreich und alle EU-Länder, die Asylverpflichtungen weiterhin wahrzunehmen, da die Lager auf Lesbos nicht winterfest und schlicht „menschenunwürdig“ seien.

„Kein Schönreden“

Auch wenn sich drei Monate nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria „viel getan“ habe und Sachspenden aus Österreich eingetroffen seien, helfe „kein Schönreden und keine aufgeschaukelte Empörungsrhetorik: Lesbos ist der größte Katastrophenschauplatz Europas“, mahnte Faber. Die aktuelle Winterkälte auf der Insel rufe „zur Setzung eines deutlichen Zeichens“ auf.

Flüchtlinge auf Lesbos
Reuters/Elias Marcou
Flüchtlinge beim Verlassen des abgebrannten Lagers Moria

Laut einer Erhebung der Initiative „Courage“ gibt es in Österreich aktuell Kapazität für mehr als 3.000 Flüchtlingsquartiere, die u. a. Kirchen, Gemeinden, aber auch Privatpersonen zur Verfügung stellten könnten, um Menschen aus den griechischen Lagern aufzunehmen.

Einheitliche Linie der EU-Bischöfe

Dringend erforderlich sei angesichts der dramatischen Lage vor Ort auch eine einheitliche Linie der Bischöfe in der EU, die sich „nicht in die Geiselhaft nationalistischer Regierungshaltungen nehmen lassen dürfen“. Aktuell brauche es sowohl eine „Hilfe vor Ort und nachhaltige Verbesserungen der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern“, aber auch die Aufnahme von Flüchtlingen in der EU und Österreich. „Denn Flüchtende riskieren ihr Leben, viele von ihnen sind danach traumatisiert“, so Faber.

Glettler: Lokalaugenschein auf Lesbos

Der Innsbrucker Bischof Glettler war letzte Woche gemeinsam mit „Courage“-Initiatorin Katharina Stemberger auf Lesbos, um sich ein Bild vom Elend der Flüchtlinge zu machen.

Ö1-Sendungshinweis

Eine Reportage aus Moria sendet „Praxis“ am 16.12.2020, 16.05 Uhr, Ö1.

Angesichts der Situation appellierte der Bischof einmal mehr an die österreichische Bundesregierung, Flüchtlinge aufzunehmen. Seinen Besuch bezeichnete er als „bewusstes Hinschauen auf einen der größten humanitären Katastrophenschauplätze Europas“, es sei kein politischer Aktivismus gewesen.

Weitere Aktionen geplant

„Courage“-Initiatorin Stemberger kündigte weitere Aktionen der Initiative an, etwa kommenden Samstag auf dem Platz der Menschenrechte in Wien-Neubau. Aktuell sollen sich an die 9.000 Menschen in Zeltlagern auf Lesbos befinden, davon 7.300 Personen im größten Lager Kara Tepe II., das nach dem Brand des Lagers Moria errichtet worden war. Kinder machten rund ein Drittel aller Schutzsuchenden auf Lesbos aus, darunter auch viele Kleinkinder und Neugeborene.

Laut Bischof Glettler werden erst jetzt – drei Monate nach dem Brand in Moria – Duschen gebaut, insgesamt 15 Stück. Zudem fehle es an Heizstrahlern für Zelte sowie winterfeste Unterbringungen. Zwar seien bereits einige Großzelte für alleinstehende Personen gebaut worden, die aktuell mit Holzverschlägen für den Winter vorbereitet werden. Die Familien lebten jedoch nach wie vor in Notfallzelten, „die meisten zumindest mit einer Holzunterlage, um die ärgste Kälte abzuwehren“, so Glettler im Kathpress-Interview.